Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
und ...«
»Wenn Sie mich bitte dorthinaus begleiten würden«, forderte in der Küche der Sergeant die Misses Musgrove auf.
»Dürfen wir denn nicht das ...«
»Der Wachtmeister wird dieses Ding und andere Beweisstücke, die er findet, in Verwahrung nehmen«, sagte der Sergeant. »Ziehen Sie einfach nur Ihre Mäntel über und kommen Sie friedlich mit. Eine Polizistin wird später Ihre Nachthemden etc. abholen.«
Und so wurden die Misses Musgrove wie vor ihnen Mr. Simplon, der Reverend Truster und Mr. und Mrs. Raceme in den Streifenwagen verfrachtet und mit hoher Geschwindigkeit zur Wache gefahren.
»Weswegen?« fragte Lockhart, als er an dem diensthabenden Wachtmeister vor dem Haus vorbeikam.
»Suchen Sie sich‘s aus, Sir, Sie liegen immer richtig. Die werden nach allen Regeln der Kunst verdonnert, und dabei kann man sich wahrhaftig keine zwei netteren alten Damen vorstellen.«
»Erstaunlich«, sagte Lockhart und setzte lächelnd seinen Weg fort. Die Sache entwickelte sich ausnehmend gut. Zu Hause hatte Jessica das Essen fertig.
»Pritchetts, die Haushaltwarenhandlung, hat angerufen«, sagte sie, als er Platz genommen hatte. »Ich soll dir ausrichten, daß sie irgendwann am späten Nachmittag den zweihundert Meter langen Plastikschlauch vorbeibringen, den du bestellt hast.«
»Ausgezeichnet«, sagte Lockhart. »Kommt wie gerufen.« »Aber Liebling, der Garten ist doch nur fünfzig Meter lang. Was willst du um Himmels willen mit einem zweihundert Meter langen Schlauch anfangen?« »Würde mich gar nicht überraschen, wenn ich den Garten der
Misses Musgrove in Nummer 4 wässern müßte. Die beiden werden wohl eine ganze Weile weg sein.«
»Die Misses Musgrove?« sagte Jessica. »Aber die verreisen doch nie.«
»Diesmal schon«, sagte Lockhart. »In einem Polizeiauto.«
     

Kapitel 12
     
    An diesem Nachmittag begab sich Jessica auf Lockharts Anregung hin zu den Wilsons und fragte, ob sie als Vermieterin irgend etwas tun könne, um die Kanalisation wieder auf Vordermann zu bringen.
»Es riecht hier wirklich übel«, teilte sie der wild dreinblickenden Mrs. Wilson mit. »Äußerst unangenehm, das muß ich schon sagen.«
»Geruch? Kanalisation?« stammelte Mrs. Wilson, die sich über die praktischen Gründe für Leichengeruch in einem Haus noch keine Gedanken gemacht hatte.
»Sie riechen es doch bestimmt auch?« sagte Jessica, während Little Willie aus dem Kohlenkeller heraufmiefte. »Das Grab«, sagte Mrs. Wilson, die an ihren Prinzipien festhielt. »Das ist der Geruch des Lebens nach dem Tode.«
»Riecht mehr nach dem Tod an sich«, befand Jessica. »Wissen Sie auch genau, daß nicht irgendwas eingegangen ist? Das kommt doch vor, nicht wahr? Hinter unserem Kühlschrank ist mal eine Ratte verendet, und das hat genauso gestunken.«
Doch obwohl sie hinter dem Kühlschrank, unter dem Herd und sogar im Wäschetrockner der Wilsons nachsahen, fanden sie keine Spur von einer Ratte.
»Ich werde meinen Mann bitten, rüberzukommen«, versprach Jessica, »damit er nachsieht, ob es nicht an der Kanalisation liegt. Er ist handwerklich sehr begabt.«
Mrs. Wilson dankte ihr zwar, bezweifelte jedoch, daß Mr. Flawse mit seinen handwerklichen Fähigkeiten irgend etwas ausrichten könne. Sie irrte sich. Zehn Minuten später tauchte Lockhart mit einem zweihundert Meter langen Plastikschlauch auf und machte sich daran, die Abwasserrohre mit beruhigender Gründlichkeit zu überprüfen. Auf seine Wortbeiträge traf das ganz und gar nicht zu. In seinen breitesten northumbrischen Dialekt verfallend, sprach er bei der Arbeit von Geistern, Gespenstern und unheimlichen nächtlichen Geräuschen.
»Das zweite Gesicht ist meine Gabe«, sagte er der stammelnden Mrs. Wilson, »die ich seit meiner Geburt schon habe. Den Doud riech ich, nich Kanalisation, nich einen, tween sind es jetzt schon.«
»Tween? Meinen Sie nicht eher zwei?« wollte Mrs. Wilson erschaudernd wissen.
Lockhart nickte grimmig. »Aye, tween werden ihr Leben geben, ‘s wird immer besser, mit blutroten Kehlen und blut‘geren Messer, so lautet meines Herzens Antwort: Mord ist‘s zunächst, dann Selbstmord.«
»Zuerst Mord? Dann Selbstmord?« sagte Mrs. Wilson, von einer furchtbaren Neugier befallen.
Lockhart warf einen vielsagenden Blick auf ein Tranchiermesser, das an einem magnetischen Wandbrett baumelte. »Ohne Zunge schreit eine Frau, am Dachsparren hängt ein Mann, der is schon ganz blau. Der Fluch, er lastet auf dem Haus, euern Doud ich riech, doch der reicht noch nich

Weitere Kostenlose Bücher