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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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verfluchtes Schwein mit einem Gewehr.«
Der Kommissar seufzte erleichtert auf. Er hatte es gründlich satt, daß immer Hunde an allem schuld sein sollten. Das hatte Mrs. Simplon nicht. Als sie in der Inspektionsgrube unter ihrem Auto lag, über sich die hölzerne Abdeckung, war ihr Nervenkostüm so zerschlissen, wie Mrs. Pettigrews Unterwäsche. Sie wühlte in ihrer Handtasche nach Zigaretten, fand eine und war gerade dabei, ein Streichholz anzuzünden, als der Kommissar, der den Ogilvies für ihre Unterstützung gedankt hatte und von Mr. Ogilvie wegen des mangelnden Polizeischutzes heruntergeputzt worden war, an der Garagentür vorbeikam.
Genauer gesagt: Die Garagentür kam an ihm vorbei. Mrs. Simplon hatte zu ihrem Pech herausgefunden, daß mit Ölresten und Benzindämpfen gefüllte Inspektionsgruben nicht der geeignete Ort zum Zigarettenanzünden sind. Durch etliche Explosionen, erstens der mit brennbaren Dämpfen gefüllten Grube, zweitens des Benzintanks des Autos über ihr und drittens der halbleeren Öltanks, aus denen das Haus Sandicott Crescent Nummer 5 mit Heißwasser versorgt und beheizt worden war, erfüllte sich Mrs. Simplons Hoffnung, ihre Nerven beruhigen zu können, noch über ihre kühnsten Träume hinaus. Nach der ersten Explosion war sie bewußtlos, und als die Öltanks explodierten, hatte sie bereits die ewigen Jagdgründe betreten. Begleitet wurde sie von Teilen der Garage, dem Auto und den Öltanks. Ein Bestandteile aller drei enthaltender Feuerball wogte an der Stelle ins Freie, wo einmal die Garagentür gewesen war, und wirbelte um den Kopf des Kommissars, bevor er die bereits picklige Fassade des Pettigrewschen Hauses noch pockennarbiger machte. Mitten in diesem Inferno stand der Kommissar und behielt kühlen Kopf. Viel mehr behielt er nicht. Was die Druckwelle seinem kleinen bißchen Autorität nicht entrissen hatte, wurde zum Raub der Flammen. Unter seiner Nase kräuselte sich der verkohlte Schnurrbart. Seine Augenbrauen zischten brennend an dem oberen Teil seiner Ohren vorbei, die so heiß waren, als hätten sie ihm tausend Vorgesetzte gleichzeitig langgezogen, und am Ende stand er nur noch mit Stiefeln und einem Ledergürtel bekleidet da œ ein geschwärzter, versengter und vollständig ernüchterter Polyp. Wieder einmal ertönten Sirenen auf den Zufahrten zum Sandicott Crescent, doch diesmal war es die Feuerwehr. Während die Feuerwehrleute hektisch versuchten, die Flammen zu löschen, die Mrs. Simplon bereits so gründlich ausgelöscht hatten, daß sie auf eine stilvollere Feuerbestattung durchaus verzichten konnte, unternahm der Bullterrier seine letzte Attacke. Die Flammen, die in seinem Hirn gelodert hatten, verloschen gerade, als die Garage der Simplons sie wieder neu belebte. Mit blutunterlaufenen Augen und heraushängender Zunge tapste er aus dem Vogelschutzgebiet durch den Kräutergarten der Misses Musgrove, und nachdem er seinen Appetit an der Wade eines Feuerwehrmannes angeregt hatte, verwickelte er in dem Glauben, es mit einer Anakonda in dem urzeitlichen Wald seiner Träume aufzunehmen, einen der Schläuche des Löschtrupps in einen Kampf auf Leben und Tod. Der Schlauch wehrte sich. An einem Dutzend Stellen durchlöchert, jagte er mit ungeheurem Druck Wasser in die Luft, das den Bullterrier mehrere Meter hochhob, wo er einen Moment heißhungrig knurrend hing. Als der Hund wieder auf den Boden schlug, hielt der Kommissar die Pettigrews für glaubwürdig. Er hatte ihn mit seinen eigenen beiden versengten Augen gesehen, einen Hund, der wie ein an Veitstanz leidendes Krokodil heulte, knurrte, geiferte und schnappte. In der Überzeugung, das Tier leide an Tollwut, blieb der Kommissar vorschriftsmäßig stocksteif stehen. Er hätte sich besser bewegt. Verblüfft durch den feuchten Widerstand des sich windenden Schlauches, schlug der Bullterrier seine Zähne in das Bein des Kommissars, ließ noch einmal kurz los, um sich erneut dem Schlauch zu widmen, was letzteren an etlichen weiteren Stellen durchlöcherte, um sich dann auf die Kehle des Kommissars zu stürzen. Diesmal nahm jener Reißaus, und seinen Untergebenen, zwanzig Feuerwehrleuten, den Ogilvies sowie Mr. und Mrs. Rickenshaw war es vergönnt, mitzuerleben, wie ein nackter (und übel versengter) Polizist in Stiefeln und Ledergürtel aus dem Stand hundert Meter in unter zehn Sekunden zurücklegte. Hinter ihm flog, mit aus den Höhlen tretenden Augen und trommelnden Pfoten, einem Kugelblitz gleich der Bullterrier. Der Kommissar

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