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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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bekennen«, protestierte Miss Goldring. »Gut möglich, daß dieser Flawse seine Frau wirklich ans Bett fesselt und auspeitscht, und bei dem Vornamen verdient sie das voll und ganz. Schließlich muß er beweisen, daß er‘s nicht tut.«
Mr. Arbutus gab zu bedenken, daß die Wahrheit für die Verteidigung keine Rolle spielte, es sei denn, sie läge im öffentlichen Interesse.
»Ich würde meinen, ein perverser Bankräuber wäre von ganz erheblichem öffentlichen Interesse. Wahrscheinlich treibt er den Verkauf meiner Romane in die Höhe.«
Der Anwalt der Beklagten war anderer Meinung. »Wir haben keinerlei Beweise«, erklärte Mr. Widdershins, Kronanwalt. »Ich empfehle eine außergerichtliche Einigung. Wir können nicht damit rechnen, vor Gericht erfolgreich zu sein.«
»Aber ist denn die Publicity nicht gut für uns, selbst wenn wir zahlen müssen?« fragte Mr. Shortstead, von Miss Goldring, die sich immerzu beschwerte, für ihre Romane würde nicht genug geworben, zu dieser Einstellung getrieben. Das bezweifelte Mr. Widdershins, aber da er dafür bezahlt wurde, die Verteidigung zu übernehmen, sah er keinen Grund, sich um die finanzielle Vergütung zu bringen, die ein längerer Prozeß zwangsläufig mit sich brächte. »Die Entscheidung überlasse ich Ihnen«, sagte er, »meine Meinung kennen Sie, und die lautet, daß wir verlieren werden.«
»Aber sie verlangen für eine außergerichtliche Einigung vierhunderttausend Pfund«, sagte Mr. Shortstead, »und ganz gewiß wird kein Gericht auf Schadenersatz in dieser Höhe erkennen. So etwas ist unerhört.« Das war es allerdings.
Die Verhandlung fand vor der ersten Kammer des obersten Zivilgerichts statt, den Vorsitz führte Richter Plummery. Mr. Widdershins vertrat die Beklagten, und Mr. Fescue war von Mr. Gibling und Mr. Gibling beauftragt worden. Letztere waren außer sich vor Begeisterung. Richter Plummery stand in dem Ruf, von barbarischer Unparteilichkeit zu sein und spitzfindige Anwälte absolut nicht ausstehen zu können. Mr. Widdershins blieb gar nichts anderes übrig als spitzfindig zu sein, und als hätte die Verteidigung noch nicht genug Probleme, hatte sich Miss Goldring in dem Bestreben eingefunden, den Prozeß, wenn sie ihn schon nicht gewinnen konnte, wenigstens so eindrucksvoll wie möglich zu verlieren. Neben ihr saß Mr. Shortstead und fröstelte im Schatten ihres violetten Hutes. Ein Blick auf den Kläger, Lockhart Flawse, hatte ihm bereits verraten, daß sie es mit einem anständigen jungen Mann von der Sorte zu tun hatten, die seines Wissens schon lange nicht mehr existierte, der Banken wohl eher besaß als ausraubte und seine Frau, falls er verheiratet war, mit geradezu ritterlicher Zärtlichkeit umsorgte. Mr. Shortstead war ein guter Menschenkenner.
Mr. Fescue erhob sich, um die Klage vorzutragen. An ihr war nichts auszusetzen. Mr. Lockhart Flawse, wohnhaft in 12 Sandicott Crescent, East Pursley œ an dieser Stelle konnte man sehen, wie Mr. Widdershins seine Augen mit den Händen bedeckte und Miss Goldrings Hut zitterte œ, wohne ganz in der Nähe der Beklagten, und zwar so nah, daß er sie kenne und von ihr einmal sogar zum Tee eingeladen worden sei. Auf einem von Miss Goldring an Mr. Widdershins gereichten Zettel stand schlicht und einfach: »Lügner, verfluchter Lügner. Ich habe den kleinen Scheißer noch nie im Leben gesehen«, woraufhin Mr. Widdershins‘ Hoffnungen ein wenig stiegen. Sie sanken wieder, als Mr. Fescue zu längeren Ausführungen ausholte œ über Lockhart Flawses Tugendhaftigkeit und die Leiden, die auf die Veröffentlichung von Lied des Herzens zurückzuführen seien. Das folgenschwerste Leid sei sein Rausschmiß durch die Firma Sandicott & Partner, konzessionierte Buchprüfer, bei der er vordem beschäftigt gewesen sei. Man werde Beweise dafür vorlegen, daß sein erzwungener Rückzug aus dieser einträglichen Stellung direkt auf Miss Goldrings infame Schilderung seines Privatlebens sowie seiner gänzlich fiktiven Neigung zum Ausrauben von Banken und Morden von Kassierern zurückzuführen sei. Da er es nicht wußte, erwähnte Mr. Fescue nicht, daß Mr. Treyer sich bereit erklärt hatte, diese Beweise zu liefern, weil Lockhart in einer privaten Unterredung angedeutet hatte, falls Mr. Treyer nicht kooperiere, sähe er, Lockhart, sich aus Gewissensgründen gezwungen, den zuständigen Behörden die Wahrheit über Mr. Gypsums Steuerhinterziehung mitzuteilen, eine Drohung, die er durch die Vorlage von Kopien sämtlicher

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