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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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Eltern akzeptieren können, dass sie die Probleme ihres Kindes nicht besitzen, fällt es ihnen viel leichter, die Lösungen, die ihr Kind selbst sucht, »anzubahnen«, »zu katalysieren« oder »zu unterstützen«. Sie unterstützen das Kind bei seinem Versuch, sich aus eigener Kraft durch den Problemlösungsprozess hindurchzuarbeiten.
Kinder brauchen bei bestimmten Problemen Hilfe. Auf lange Sicht ist jedoch – so paradox es klingt – die beste Form der Hilfe eine Art »Nicht-Hilfe«. Genauer gesagt, handelt es sich um eine Form der Hilfe, die dem Kind die Verantwortung dafür überlässt, seine eigenen Lösungen zu suchen und zu finden. In der ›Familienkonferenz‹ nennen wir dies die »Hilfstechniken« ( Abb. 10 ).
    Wenn die Verhaltensweisen des Kindes die Eltern vor ein Problem stellen (jenes Verhalten, das wir oben im unteren Drittel des Rechtecks untergebracht haben), müssen wir auf eine andere Art von Techniken zurückgreifen. Wir benötigen Techniken, die geeignet sind, das nicht akzeptable Verhalten des Kindes zu verändern. Wenn ein Kind die Rechte der Eltern verletzt oder etwas tut, was die Eltern daran hindert, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, besitzen die Eltern das Problem. Folglich brauchen sie Techniken, die ihnen selbst nützen. Wir nennen diese Kategorie »Konfrontationstechniken« ( Abb. 11 ).
    Abbildung 10
    Wenn die Eltern das Problem besitzen, bedarf es einer Haltung, die dem Kind mitteilt: »Ich habe ein Problem und brauche deine Hilfe.« Wir haben es also mit einer ganz anderen Haltung zu tun als in dem Fall, wenn das Kind ein Problem besitzt. Dort übermitteln die Eltern die Botschaft: »Es scheint, als hättest du ein Problem; brauchst du meine Hilfe?« Wir können jetzt die wichtigsten Merkmale unseres Modells grafisch darstellen:
Wir vermitteln den Eltern Techniken, durch die sich die Zahl der Probleme des Kindes reduzieren lässt (die die Zone im oberen Drittel des Rechtecks schrumpfen lassen).
Außerdem vermitteln wir den Eltern ganz andere Techniken, durch die sich die Zahl der Probleme, vor die sie durch ihre Kinder gestellt werden, reduzieren lässt (die die Zone im unteren Drittel des Rechtecks schrumpfen lassen) ( Abb. 12 ).
    Abbildung 11
    Abbildung 12
    Die erfolgreiche Anwendung dieser beiden Techniken vergrößert die problemfreie Zone. In der Eltern-Kind-Beziehung wird jener Zeitraum größer, da niemand irgendwelche Probleme hat. Beide Teile können ihre Bedürfnisse befriedigen und ihr gemeinsames Leben genießen.
    In den Kapiteln 3, 4 und 5 werde ich mich ausschließlich mit den Hilfstechniken beschäftigen. Dabei werde ich von den Schwierigkeiten berichten, denen die Eltern häufig begegnen. Ich werde Vorschläge machen und Richtlinien geben, anhand derer die Eltern solche Schwierigkeiten überwinden oder vermeiden können. Außerdem werde ich in Fallbeschreibungen zu zeigen versuchen, welcher Lohn und Nutzen sie erwartet, wenn sie diese Techniken bei ihren Kindern effektiv verwenden. In den Kapiteln 6, 7 und 8 werde ich mich mit den entsprechenden Aspekten der Konfrontationstechniken befassen.

3. Neue Möglichkeiten, Kindern bei ihren Problemen zu helfen
    E s ist ganz gewiss nicht einfach, Eltern dazu zu bewegen, den Kommunikationsstil zu verändern, den sie verwenden, wenn das Kind das Problem besitzt. Wir haben es hier mit Gewohnheiten zu tun, die den Betroffenen in Fleisch und Blut übergegangen sind. Die meisten Eltern reagieren angesichts einer Situation, in der ihr Kind vor einem Problem steht, genauso, wie ihre Eltern es taten. Da sie nie die Möglichkeiten hatten, sich eine bessere Reaktionsweise anzueignen, begehen die Eltern die gleichen Fehler, die ihre Eltern machten. Eltern, deren eigene Eltern Moralpredigten hielten, neigen dazu, bei eigenen Kindern ebenso zu verfahren. Eine Mutter, deren Eltern sich vor allem auf Vorträge und Faktenvermittlung verließen, wird bei dem Versuch, ihrem Kind bei der Lösung eines Problems zu helfen, höchstwahrscheinlich in der gleichen Weise reagieren. Kinder, die Trost und Einfühlung gewöhnt sind, werden trostreiche und einfühlsame Eltern werden. Individuen, deren Eltern immer mit Rat und Lösungen für ihre Probleme zur Stelle gewesen sind, werden sich dabei ertappen, dass sie als Eltern dasselbe versuchen.
    Die ›Familienkonferenz‹ verlangt von den Eltern, die meisten ihrer Gewohnheiten zu verlernen, die sie ihren Kindern gegenüber angenommen haben, wenn diese vor eigenen Problemen stehen. Genauer, Eltern müssen

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