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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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Schule verlassen. Ich brauche die Schule nicht, um im Leben vorwärtszukommen.«

    Hier sind einige der typischen Antworten, die die Eltern im Rahmen der Kursübung für diesen Jungen vorsahen. Die rechte Spalte gibt an, in welche Kategorie der Kommunikationssperren jede der Antworten fällt:
    Antwort
Sperrentyp
»Mein Sohn wird die Schule nicht verlassen. Das werde ich nie zulassen!«
befehlen, anordnen, auffordern
»Wenn du die Schule verlässt, brauchst du keine finanzielle Unterstützung mehr zu erwarten.«
warnen, drohen
»Lernen ist für jedermann von größtem Nutzen.«
moralisieren, predigen, beraten, Lösungen geben
»Ein Collegeabsolvent verdient über die Hälfte mehr als ein High-schoolabsolvent.«
Vorträge halten, belehren, Fakten liefern
»Du denkst kurzsichtig und unreif.«
urteilen, kritisieren, Vorwürfe machen
»Du bist immer ein guter Schüler mit großen Fähigkeiten gewesen.«
loben, zustimmen
»Du redest wie ein ›Hippie‹.«
beschimpfen, lächerlich machen
»Du magst die Schule nicht, weil du jeder Mühe aus dem Wege gehst.«
interpretieren, analysieren
»Ich weiß, wie dir zumute ist, aber die Schule wird dir in deinem späteren Leben zugute kommen.«
trösten, einfühlen
»Was würdest du ohne eine Ausbildung anfangen? Wie würdest du deinen Lebensunterhalt verdienen?«
forschen, fragen, verhören
»Wir wollen bei Tisch keine Probleme erörtern! Wie steht’s in der Bundesliga?«
zurückziehen, ablenken, ausweichen
    Diese Übung zeigt, dass Eltern, wenn sie mit dem Problem des Kindes konfrontiert werden, in der Regel etwas sagen: Sie geben einen Befehl, warnen, halten eine Moralpredigt, geben einen Rat, halten einen Vortrag, äußern Kritik, schimpfen, diagnostizieren, predigen, trösten, fragen oder lenken ab. Bei solchen Antworten der Eltern lässt sich die Kommunikation zwischen Eltern und Kind als Diagramm, wie in Abbildung 13 gezeigt, darstellen.
    Abbildung 13
    Diese typischen Antworten nennen wir Sperren, weil sie häufig jeden weiteren Versuch zur Kommunikation auf Seiten des Kindes unterbinden. Sie können sich auch negativ auf die Selbstachtung des Kindes auswirken oder die Eltern-Kind-Beziehung beeinträchtigen.
    Die zwölf Kommunikationssperren wirken sich mit großer Wahrscheinlichkeit in der einen oder anderen der unten genannten Weisen aus:
– Sie verschließen ihnen den Mund.
– Sie drängen sie in die Defensive.
– Sie geben ihnen das Gefühl von Unzulänglichkeit und Inferiorität.
– Sie machen sie empört und zornig.
– Sie geben ihnen das Gefühl, schuldig oder schlecht zu sein. Sie geben ihnen das Gefühl, sie würden so, wie sie sind, nicht akzeptiert.
– Sie geben ihnen das Gefühl, man traue ihnen nicht zu, dass sie ihre Probleme selbst lösen könnten.
– Sie geben ihnen das Gefühl, nicht verstanden zu werden. Sie geben ihnen das Gefühl, ihre Empfindungen seien nicht gerechtfertigt.
– Sie geben ihnen das Gefühl, man schneide ihnen das Wort ab. Sie geben ihnen das Gefühl der Frustration.
– Sie geben ihnen das Gefühl, sie würden in den Zeugenstand gerufen und ins Kreuzverhör genommen.
– Sie verleihen ihnen das Gefühl, die Eltern seien uninteressiert.
    Zahlreiche Eltern berichteten uns von den Erfahrungen, die sie machten, als sie in der Weise der einen oder anderen Kommunikationssperre auf ihre Kinder reagierten:

    »Früher redete ich, glaube ich, ziemlich viel. Wenn sie zum Beispiel sagten: ›Ich mag meine Lehrerin nicht‹, pflegte ich zu sagen: ›Du solltest deine Lehrerin nicht hassen‹, oder: ›Sie tut ihr Bestes‹, oder etwas dergleichen. Ich weiß heute, dass ich sie dadurch dazu brachte, ihre Gedanken für sich zu behalten.«

    »Ich bin mit den Kindern oft zum Arzt oder Zahnarzt gegangen. Den ganzen Weg über klagten sie: Sie wollten keine Spritze oder sie konnten den Arzt nicht ausstehen. Um sie in bessere Stimmung zu versetzen, habe ich ihre Gefühle nicht zur Kenntnis genommen, indem ich zum Beispiel sagte: ›Oh, ihr habt ja in Wirklichkeit gar keine Angst, dorthin zu gehen.‹ Das war falsch. Heute weiß ich das genau … Wenn jemand ihnen sagt, dass sie solche Empfindungen nicht hegen dürfen, haben sie das Gefühl, unrecht zu haben – dass irgendetwas mit ihnen nicht stimmt, weil sie Angst haben. Sie verlieren dadurch die positive Einstellung zu sich selbst.«
    »Als Timmy in den Kindergarten kam, konnte er zu Hause nichts von dem erzählen, was sich morgens getan hatte. Ich fragte ihn direkt danach, aber er antwortete

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