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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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zu tun gedenken. Nur schwer konnte er die Tatsache akzeptieren, dass er keine Möglichkeit hatte, sie zu dem zu zwingen, wofür er sich entschieden hatte. Es sei denn, er wäre bereit gewesen, sie überallhin zu begleiten und ständig zu bevormunden. Er versuchte aber, alle Kommunikationssperren zu vermeiden, und erntete allmählich den Lohn für seine Mühe. In einer Problemlösungssitzung hatten wir festgelegt, wann unsere Kinder abends zu Hause sein sollten. Allmählich zeigten sie sich geneigt, sich an diese Zeiten zu halten. Wir beschränkten uns selbst darauf, ihnen mitzuteilen, welche Ängste und Sorgen wir hegten, wenn sie abends so spät nach Hause kamen. Vor allem befürchteten wir, dass sie einen Unfall haben könnten. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass sie von der Polizei wegen Übertretung der Sperrstunde aufgegriffen wurden. Wir sagten ihnen auch, welche rechtlichen Konsequenzen das für uns gehabt hätte. In der Sprache der ›Familienkonferenz‹ heißt das, dass wir sie über die greifbaren Effekte informierten, die ihr Verhalten auf uns haben würde.
    Auch die Problemlösung nach Methode III wurde Teil unserer Verfahrensweise. Lisa hasste es aufzuräumen. Gerne aber kochte sie, und es machte ihr auch nichts aus, Carol zu baden. Deshalb verteilten wir die Aufgaben untereinander. Meistens machen wir von der Methode III Gebrauch,
um kleine Probleme zu lösen. So entscheiden wir zum Beispiel, ob Rob oder Lannie oder Carol das Fernsehprogramm wählen dürfen. Oder es geht um die Frage, wie wir Lannie zur Arbeit und Rob zum Footballtraining bringen können, obwohl sie dazu zur gleichen Zeit in entgegengesetzte Richtungen gefahren werden müssen. Aber wir haben diese Methode auch benützt, um einen unerwarteten Urlaub zu planen. Wir hatten noch überhaupt keine Pläne für den Sommer gemacht, weil wir alle viel zu beschäftigt gewesen waren. Eines schönen Tages im Juli meinten wir dann, dass wir eine Veränderung brauchten. So versammelten Jim und ich die ganze Familie. Zuerst sagten wir, wir erwarteten ihre Vorschläge. Jeder sollte sagen, wohin wir fahren und was wir tun könnten. Niemand hatte zu Beginn des Gespräches irgendeine Entscheidung parat, weil es eben ein plötzlicher Einfall war. Das endete damit, dass wir eine wirklich unvergessliche Woche in einem herrlichen Gebiet des nördlichen Minnesota verbrachten. Wir wohnten in einem Ferienhaus; Bill, Mike, Lisa und Lannie machten einen dreitägigen Bootsausflug. Sie setzten von See zu See über und kampierten nachts in der Wildnis. Es war eine sehr schöne Gelegenheit für sie alle, sich wieder enger aneinanderzuschließen.
    Ich habe nur von einem kurzen Kapitel aus unserem Familienleben berichtet. Aber es war ein Zeitraum dramatischer Veränderungen. Und Tag für Tag verändern wir uns weiter. Bill hat sich in diesen vier Jahren erheblich entwickelt. Er entschloss sich, wieder in die Schule zu gehen und hat inzwischen sein Abitur gemacht. Er hat seine Drogenabhängigkeit überwunden, bekleidet einen verantwortlichen Posten und ist mit einem Mädchen verlobt, auf das wir stolz sind. Häufig kommt er uns besuchen, und unsere Beziehung ist liebevoll und herzlich. Aber was viel wichtiger ist, er weiß sich zu helfen, wenn er Probleme hat.
    Auch Lisa hat sich verändert. Ich habe sie jetzt gern in meiner Nähe. Wir verstehen uns wieder sehr gut. Vorbei sind die Spannungen und die unübersteigbaren Hindernisse, die in der Vergangenheit zwischen uns zu bestehen schienen. Sie arbeitet in einer staatlichen Anstalt für Behinderte und hat die Absicht, Krankenschwester zu werden. Auch
sie kommt häufig nach Hause und zeigt uns auf viele Arten, wie sehr sie uns liebt.
    Der folgende Vorfall kann vielleicht zeigen, wie sehr die ›Familienkonferenz‹ mittlerweile zu unserem Alltag gehört. Vor einigen Tagen musste Bill eine Verabredung mit Carol absagen. Er hatte ihr versprochen, zum Bowling mit ihr zu gehen. Sie begann zu weinen. Da sagte ich: »Du bist enttäuscht.«
    »Ja«, antwortete sie, »niemand hat Lust, irgendetwas mit mir zu unternehmen.«
    »Du hast das Gefühl, außen vor zu bleiben«, erwiderte ich.
    »Vielleicht nimmt Papa mich mit«, sagte sie.
    »Na«, antwortete ich, »Papa ist die ganze Woche unterwegs gewesen und gestern Abend erst sehr spät nach Hause gekommen. Wahrscheinlich hat er keine Lust, heute auszugehen.«
    (Verstärktes Schluchzen.) »Das ist nicht gerecht! Du verbringst viel mehr Zeit mit Papa als ich, weil ich früh zu

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