Familienkonferenz in der Praxis
Sohnes achten. Im zweiten muss der Vater seine eigenen Empfindungen senden. Das Prinzip ist: Achte auf Hinweise, die anzeigen, dass die Beziehung sich aus der problemfreien Zone hinausbewegt, und vermeide dann Kommunikationssperren.
Was ist falsch an Fragen?
Wir sagten, viele Eltern könnten nur schwer einsehen, dass Fragen sich als Kommunikationssperren auswirken können. Es ist eine verbreitete Überzeugung, dass man jemandem Fragen stellen müsse, wenn man ihn zum Reden bringen wolle. Deshalb sind Eltern nicht leicht dazu zu bringen, diese Reaktionsform aufzugeben. Sie meinen: »Ärzte fragen, Juristen fragen, Lehrer fragen – und bringen sie die Menschen nicht zum Sprechen?« Natürlich tun sie das. Hier bedarf es jedoch einer eingehenderen Analyse. Erstens können Fragen bedrohlich sein und jede weitere Kommunikation unterbinden. Nehmen wir den folgenden Dialog:
Kind : Ich kann Rob nicht ausstehen und mag nicht mit ihm spielen, weil er andauernd weint und nach Hause will.
Elternteil : Wodurch bringst du ihn denn zum Weinen?
Kind : Ich mach gar nichts! (Schweigen)
Wir sehen, dass der Elternteil in seiner Frage von einer Voraussetzung ausgeht: Das Kind ist im Unrecht, es »muss irgendetwas getan haben, das seinen Freund zum Weinen gebracht hat«. Kein Wunder, dass es sich in eine Abwehrhaltung zurückzieht und die Unterstellung zurückweist. Häufig reagieren Kinder auch ärgerlich auf solche Fragen.
Im folgenden Gespräch scheint sich die Frage des Elternteils ganz natürlich zu ergeben. Doch auch sie bringt das Kind in eine ärgerliche Abwehrhaltung:
Kind : Ich habe heute Abend keinen Hunger. Ich mag nicht essen.
Elternteil : Was hast du nach der Schule gegessen?
Kind : Nichts Besonderes. Das hat nichts damit zu tun! (Schweigen)
Abermals erkennt das Kind in der Frage des Elternteils den mahnenden Zeigefinger. Ergebnis: Ende der Kommunikation.
Auch in anderer Hinsicht wirken sich Fragen hemmend auf die Kommunikation aus. Sie grenzen die folgende Antwort des Kindes ein, beschneiden seine Wahlmöglichkeiten, verringern seinen Spielraum. Nehmen wir die folgende kurze Interaktion zwischen Mutter und Tochter als Beispiel:
T : Ich fühl mich einfach scheußlich in der Schule! Alle meine Freundinnen können sich mit Jungen unterhalten, aber bei mir geht’s nicht. Ich steh da wie ein Bauerntrampel. Mir fällt einfach nicht ein, was ich sagen könnte.
M : Worüber unterhalten sich denn die anderen Mädchen?
Mit dieser so naheliegenden Frage schränkt die Mutter unbewusst die Kommunikationsmöglichkeiten ihrer Tochter weitgehend ein. Die Frage »programmiert« nämlich die nächste Botschaft der Tochter. Sie teilt dieser mit: »Ich möchte nur hören, worüber die anderen Mädchen mit
den Jungen sprechen«, oder: »Ich möchte, dass du dich darüber äußerst – und über sonst nichts«.
Das Problem ist aber, dass das Mädchen vielleicht über andere Aspekte ihrer Schwierigkeit sprechen möchte – vielleicht über das Empfinden, unzulänglich zu sein, ihre Eifersucht, über die Furcht, beurteilt zu werden, ihr unscheinbares Äußeres, das Gefühl unattraktiv zu sein, oder die Tatsache, dass sie sich zwar sehnsüchtig wünscht, sich mit Jungen zu verabreden, dass sie dann aber stets nervös und ängstlich wird. Diese Empfindungen mögen noch so große Bedeutung für das Problem der Tochter haben, sie muss sie beiseitelassen, wenn sie die gezielte Frage der Mutter beantworten will. Frei von bedrohlichen oder hemmenden Effekten sind »offene« Fragen. Sie wirken sich selten hinderlich auf die Kommunikation aus. Beispiele:
»Magst du darüber sprechen?«
»Was empfindest du dabei?«
»Was meinst du dazu?«
»Was ist deiner Meinung nach eigentlich los?«
Den Grund dafür, dass zudringliche Fragen so häufig menschliche Kommunikation unterbrechen oder gar nicht erst zustande kommen lassen, hat einmal ein Gesprächspartner von mir äußerst anschaulich zum Ausdruck gebracht: »Man stelle Menschen, die ein Problem haben, Fragen, und man wird eine Antwort bekommen, aber nicht mehr.«
Brauchen Kinder Ratschläge?
Kommunikationssperre Nummer 5 »Vorträge halten, belehren, Fakten liefern« macht den Eltern besondere Schwierigkeiten. Sie verstehen nicht, warum wir Ratschläge und Informationen als Kommunikationssperre – oder Barriere zwischen Kind und Eltern – einstufen. »Wenn Kinder ein Problem haben«, so meinen sie, »muss man sie doch belehren, und dies akzeptieren sie auch.« Häufig hören
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