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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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Überzeugung noch aus einem anderen Grund. Sie möchten das Problem ihres Kindes so schnell wie möglich loswerden. Entweder haben sie keine Zeit zum Zuhören, oder ihnen ist der Umstand unbehaglich, dass ihr Kind ein Problem hat (»Nicht schon wieder ein Problem!«). Die meisten Kommunikationssperren verschaffen den Menschen die Illusion, sie hätten das Problem erledigt. Leider befreien Kommunikationssperren selten von Problemen. Eine Mutter drückte das so aus:

    »Anfangs kam es mir merkwürdig vor. Es war leichter, ihnen zu sagen, was sie tun sollten. Aktives Zuhören ist mühsam, besonders bei kleinen Kindern, die ja nie still sitzen können. Sehr oft mochte ich ihnen wirklich nicht zuhören. Wissen Sie, ich hätte ihnen gerne gesagt, was sie tun sollten, nur um sie los zu sein. Lange Zeit war ich nämlich selber unglücklich, wissen Sie, und mochte mir nicht noch mehr Probleme aufladen.«

    Eine andere Mutter erkannte, dass ihre Ungeduld sie am Zuhören hinderte:

    »Es ist leichter und bequemer, selbst die Lösung zu geben. Es ist so viel einfacher zu sagen: ›Warum machst du nicht einfach dies oder das?‹ Sie würden sagen: ›Oh, das ist eine gute Idee!‹, und das Problem wäre gelöst. Man hätte es hinter sich, wissen Sie … Ich habe unter Umständen nicht die fünf Minuten Ruhe für das aktive Zuhören, die sie brauchen, um mit einer eigenen Lösung aufzuwarten … Wenn ich aber so zurückblicke, hätte ich mir die Zeit schon nehmen sollen, weil die Kinder das für ihre Entwicklung brauchen. Ich erinnere mich, dass ich zu meiner Mutter oder zu meinem Vater oder meiner älteren Schwester ging, wenn ich
ein Problem hatte, und dass sie sagten: ›Das musst du tun.‹ So lernte ich erst mit 31 Jahren, wie ich meine eigenen Probleme zu lösen habe. Und noch heute habe ich damit manchmal Schwierigkeiten …«

    Manche Eltern versuchen Probleme dadurch zu lösen, dass sie trösten oder ihr Mitgefühl zum Ausdruck bringen wie zum Beispiel: »Oh, ich glaube nicht, dass es so schlimm ist« oder »Du wirst bald einen neuen Freund finden« oder »Der Donner kann dir nichts tun«. Es hat den Anschein, als könnten sie nicht ertragen, dass ihre Kinder Kummer haben. Sie haben es eilig, dieses Gefühl loszuwerden – es schmerzt sie, dass ihre Kinder Sorgen haben. Selten bessern sich die Gefühle von Kindern dadurch, dass Eltern sofort mit Trost zur Hand sind. Das soll nicht heißen, dass man auf Trost überhaupt verzichten sollte. Trost kann sehr nützlich sein, doch nur zu gewissen Zeiten. Das Kind muss zuerst wissen, dass seine Gefühle verstanden worden sind. Im folgenden Beispiel berichtet ein Elternteil von seiner Tochter, die Angst hat, zum Zahnarzt zu gehen.

    »Sue wurde wütend. Sie wollte keine Klammer haben. Ihr Freund war bei einem Zahnarzt, der irgendetwas anderes gemacht hatte – ein Zwischenstück, glaube ich, sodass er keine Klammer brauchte. Ich sagte: ›Vielleicht möchtest du zu Tims Zahnarzt gehen und mit ihm sprechen. Vielleicht ist er der Meinung, dass deine Zähne sich auch so richtig entwickeln. Möglicherweise macht er irgendetwas anderes, und du brauchst keine Klammer.‹ Das beruhigte sie durchaus nicht. Sie sagte: ›Das will ich nicht.‹ Ich ging in ihr Zimmer zurück und sagte: ›Es macht dich nervös, dass du zum Zahnarzt musst.‹ Und sie sagte: ›Ja, ich habe Angst, dass er mir eine Spritze gibt.‹ Hier sagte ich ihr nun: ›Ich habe zwei Jahre lang eine Klammer getragen und niemals eine Spritze bekommen – Spritzen bekommt man gewöhnlich nur, wenn einem ein Zahn gezogen wird. Mike hat anderthalb Jahre eine Klammer getragen und niemals eine Spritze bekommen.‹ Aktives Zuhören und Rat beruhigten sie so weit, dass ich sie ins Bett bringen konnte.«

    Diese Mutter hat aktives Zuhören lange genug angewendet, um die Bereitschaft, das Kind zu akzeptieren, zu übermitteln. Dadurch fühlte sich ihre Tochter in der Lage, die Angst vor den Spritzen (das eigentliche Problem) zum Ausdruck zu bringen. Da das Kind nicht Bescheid zu wissen schien, nannte ihm die Mutter die Fakten, die sein Problem unmittelbar zu betreffen schienen. Das Prinzip ist wichtig genug, um es noch einmal zu wiederholen. Nur dadurch, dass man dem Kind hilft, das eigentliche Problem zu erkennen, wird man entscheiden können, welche Fakten angemessen sind.
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