Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
Vom Netzwerk:
Grund dafür nennen, warum sie ein bestimmtes Verhalten nicht akzeptabel finden, haben wir ihnen damit unabsichtlich auch eine Methode geliefert, in vielen Fällen scheinbar nicht akzeptable Verhaltensweisen als akzeptabel zu entlarven.
    Wenn Kinder eine Ich-Botschaft nicht zur Kenntnis nehmen
    Wir haben immer gewusst, dass Ich-Botschaften Kinder nicht in jedem Fall dazu bringen, ihr Verhalten zu verändern. Uns waren jedoch nicht alle Gründe dafür bekannt, warum sie manchmal ohne Wirkung bleiben. Aufgrund unserer Interviews mit den Eltern wissen wir heute mehr.
    »Oh, Ich-Botschaften! Manchmal bleiben sie ohne Wirkung. Die Kinder sperren sich dagegen oder sie wollen nicht zuhören. Dann tun sie, was sie wollen. Sie kümmern sich nicht darum, welche Gefühle man hat oder was man tun muss.«
    »Wenn ich den Kindern Ich-Botschaften sende, kümmern sie sich oft genug nicht darum. Dann passiert gar nichts … Zum Beispiel mag ich es nicht, wenn sie ihr schmutziges Geschirr ins Waschbecken stellen, statt es in den Geschirrspüler zu tun. Ihnen macht das nichts aus … Es interessiert sie einfach nicht.«
    »Karen sagte dann einfach: ›Aber ich möchte meine Spielsachen nicht forträumen.‹«

    Die Vorstellung, Ich-Botschaften müssten immer die erwünschte Wirkung zeigen, beweist, dass man das ›Familienkonferenz‹-Modell missversteht. Eine Ich-Botschaft ist nur die beste mir bekannte Weise, jemanden darüber zu informieren, dass sein Verhalten für den Sprecher ein Problem darstellt. Außerdem führt sie am wenigsten dazu, dem anderen Schuldgefühle einzuflößen, ihn herabzusetzen oder Groll gegen den Sprecher zu erwecken. Keinesfalls kann aber eine Ich-Botschaft die Gewähr dafür bieten, dass der andere sofort und bereitwillig sein Verhalten mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des Sprechers modifizieren wird. Zwischenmenschliche Beziehungen sind nicht so einfach, ebenso wenig wie menschliches Verhalten vorhersagbar ist.
    Immerhin sind uns heute aber jene Faktoren bekannt, die über Erfolg oder Misserfolg von Ich-Botschaften entscheiden. Den ersten habe ich bereits behandelt. Gemeint ist die Struktur der Ich-Botschaft selbst. Insbesondere ist darauf zu achten, ob sie den greifbaren und konkreten Effekt des kindlichen Verhaltens mitteilt. Andere Faktoren sind:
Ob das Kind prinzipiell das Gefühl hat, dass der betreffende Elternteil zuhört, wenn es selbst das Problem besitzt.
Die Stärke (oder Angemessenheit) der Botschaft.

Die Art und Weise, in der der Elternteil reagiert, wenn sich das Kind gegen die Ich-Botschaft wehrt.
Ob die Ich-Botschaft eine Lösung sendet.
In welchem Maße die Eltern zu Machtanwendung und Autorität Zuflucht suchen.
    Hören Sie zu, wenn das Kind die Probleme besitzt?
    Ich-Botschaften bleiben in Familien ohne Wirkung, in denen die Eltern dazu neigen, nicht zuzuhören, wenn ihre Kinder Probleme haben. Es ist ganz einfach: Wenn Sie möchten, dass Ihre Kinder Ihnen zuhören (wenn Sie ein Problem haben), müssen die Kinder das Empfinden haben, dass Sie auch ihnen, den Kindern, zuhören (wenn diese ein Problem haben). Es beruht eben auf Gegenseitigkeit.
    Manche Eltern meinen nach Beendigung des Kurses, sie hätten eine neue Waffe, und eine wirksamere dazu. Sie hoffen jetzt, ihren Kindern all jene Handlungen austreiben zu können, die sie vor Probleme stellen. Kaum sind sie zu Hause, werfen sie wahllos mit Ich-Botschaften um sich und fragen sich dann verwundert, warum sie nicht funktionieren.
    Ich-Botschaften sind als unmittelbare Hilfeappelle zu verstehen: »Der Lärm hindert mich daran, die Fernsehshow zu genießen. Dabei habe ich mich wirklich auf sie gefreut.« Solche Botschaften fragen das Kind, ob es bereit ist zu helfen. Wenn ein Kind bei seinen Problemen an Reaktionen wie Befehle, Moralpredigten, Urteile, Interpretationen und andere Kommunikationssperren gewöhnt ist, wird es kaum Neigung verspüren, Ihnen die Hilfe zu gewähren, die Sie brauchen.
    Das erklärt, warum wir in der ›Familienkonferenz‹ zuerst das aktive Zuhören lehren. Wir möchten, dass die Eltern geübte Zuhörer werden, bevor sie sich ihren Kindern gegenüber behaupten lernen und von ihnen erwarten, auf sie zu hören.
    Wie stark sind Ihre Ich-Botschaften?
    Bei manchen Eltern funktionieren Ich-Botschaften nicht. Sie sind zu schwach, um sich beim Kind Gehör zu verschaffen. Es erinnert an den
Witz von dem Mann, der seinem Freund ein Maultier für einen hohen Preis verkauft. Diesen Preis begründet er damit, dass das

Weitere Kostenlose Bücher