Familienkonferenz in der Praxis
wissen aber auch aus Erfahrung, dass sie ihnen auf lange Sicht Zeit spart. Warum? Weil das Problem mit großer Wahrscheinlichkeit für immer vom Tisch ist, wenn es von den beteiligten Personen so gelöst wurde, dass die Bedürfnisse aller befriedigt sind und alle die Lösung akzeptiert haben. Wenn das Problem zur Zufriedenheit aller gelöst ist, sind sie auch alle motiviert, die Lösung zu verwirklichen.
»Mit Kindern geht das wirklich nicht«
Anders als beim aktiven Zuhören und der Ich-Botschaft wird gegen die niederlagelose Methode von manchen Eltern der Vorwurf erhoben, sie funktioniere nicht. Einige Eltern konnten sich anfangs nicht dazu überwinden, sie auszuprobieren. Entweder vertrauten sie ihren Kindern zu wenig, oder die Methode nahm sich zu fremd in ihrem Familienleben aus.
»Als ich mit dem Problemlösen anfing, dachte ich: ›O nein, das ist einfach zu lächerlich – ich kann mich nicht hinsetzen und es wirklich versuchend Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich wirklich mit den Kindern auf diese Weise umgehen würde. Ich war davon überzeugt, dass sie mir nicht zuhören und sich nicht um die Abmachung kümmern würden. Sie würden ihren Kopf durchsetzen wollen und nichts anderes … Ich war sehr mutlos. Ich dachte: Das wird nie gutgehen.«
Oder hören wir diese Mutter, die meinte, ihr fehlten alle Voraussetzungen für die neue Methode:
»Sie soll im Dunkeln nicht mit dem Fahrrad fahren. Manchmal tut sie es aber trotzdem. Sie hat die Gewohnheit, überall Besuche abzustatten, ohne uns mitzuteilen, wo sie ist … Das ist das Problem. Ich weiß, dass wir uns hinsetzen sollten und es ausdiskutieren müssten … Als wir die Methode im Kurs durchgearbeitet haben, erschien alles so einfach und selbstverständlich. Im Alltag funktioniert es aber nicht. Natürlich muss
ich zugeben, dass ich es nicht versucht habe … Deshalb muss ich das Buch noch einmal lesen. Ich weiß einfach nicht weiter. Von dem, was ich gelernt habe, habe ich die Hälfte schon wieder vergessen.«
Ein Vater erzählte, dass er in der Firma eine ganz andere Einstellung zur Problemlösung hat als zu Hause:
»Sie macht viel Arbeit, kostet viel Zeit. In der Firma nehme ich an einer Sitzung teil, praktiziere das aktive Zuhören und teile den Leuten mit, was ich empfinde, zu Hause geht das nicht … Ich habe weder die Geduld noch den Mut, es konsequent durchzuführen.«
Zweifellos erscheint die niederlagelose Methode vielen Eltern zu Hause deshalb so fremd oder undurchführbar, weil sie niemals Gelegenheit hatten, die Methode als Kinder in ihrer Familie zu erleben. Ihr Urteil, dass »Kinder sich nicht darum kümmern« oder »ihren eigenen Kopf durchsetzen wollen«, wird wohl von der Erinnerung an ihre eigene Kindheit bestimmt, von dem Klima der Siege und Niederlagen in ihrer eigenen Familie. Wie lässt sich solchen Menschen, die nun selbst Eltern sind, helfen, den Sprung zu wagen und mit ihrer Gewohnheit zu brechen? Auch ich habe kein todsicheres Rezept – nur einige Vorschläge, die vielleicht nützen.
Erstens: Erproben Sie anfangs die niederlagelose Methode bei weniger wichtigen Konflikten. Wählen Sie Vorfälle, in denen keine starken Emotionen im Spiel sind.
Beispiele: »Wie wollen wir alle zusammen das lange Wochenende verbringen?«
»Was wollen wir in der nächsten Woche, wenn deine Freundin Emely zu Besuch kommt, tun, damit ihr es möglichst schön habt, aber auch wir?«
»Wie könnten wir das Problem lösen, das ich damit habe, dass ich morgens drei- oder viermal aufstehen muss, damit du rechtzeitig zur Schule kommst?«
Wenn Eltern mit solchen »präventiven Problemlösungssituationen« beginnen, wird ihnen die Methode nicht nur weniger schwierig erscheinen, sondern sie werden auch Gelegenheit haben zu erleben, wie bereitwillig Kinder Lösungen akzeptieren, die ihren Eltern helfen (natürlich vorausgesetzt, dass auch ihre Bedürfnisse berücksichtigt sind).
Zweitens: Wählen sie ein Problem aus, das ihr Kind unglücklich macht, weil seine Bedürfnisse bislang nicht berücksichtigt wurden. Bei solchen Problemen kann das Kind tatsächlich durch die Problemlösung etwas gewinnen.
Beispiele: »Du kannst es nicht ausstehen, wenn Mami oder Papi dir jeden Abend sagen, dass du ins Bett gehen sollst. Wir wollen sehen, ob wir irgendeine Lösung entdecken, die du und die wir akzeptieren können.«
»Du magst Eier nicht besonders, und ich hasse es, deswegen jeden Morgen meckern zu müssen. Ich würde mich freuen, wenn du
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