Familienkonferenz in der Praxis
wortgewandter Arzt, beschrieb die Situation wie folgt:
»Schließlich war ich nicht mehr bereit, es zu akzeptieren. Das Pferd wurde aus dem Stall entfernt. Drei Monate später wollte sie das Pferd zurück. Das Ganze begann von vorne. Sie hielt sich nicht an den Vertrag. Was sollten wir tun? Wie hätten Sie sich an unserer Stelle verhalten? Wenn mich Menschen immer wieder enttäuschen, lasse ich sie schließlich links liegen. Ich habe dann das Gefühl, dass ihnen nichts an mir oder unserer Beziehung liegt. Sonst würden sie sich mir gegenüber anders verhalten. Wissen Sie, entscheidend für unser Dasein ist, dass man sich auf die Menschen verlassen kann, zu denen man in enger Beziehung steht – das müssen junge Menschen nach meiner Überzeugung lernen. Manchmal ist es schwer. Wenn unsere Kinder es jetzt lernen können, werden sie viel weniger Schwierigkeiten als Erwachsene haben und viel glücklicher sein … Schließlich sagte ich: ›Debbie, meine Geduld ist erschöpft. Ich habe dir immer wieder gesagt, dass du dich um dein Pferd kümmern und den Stall sauber halten musst. Du hast dich geweigert, es zu tun. Es tut mir leid, aber dein Pferd kommt fort. Ich möchte, dass das Pferd am Freitag nicht mehr auf dem Grundstück ist.‹ Am Freitag war das Pferd nicht mehr da … Das Mädchen ist jetzt 18 Jahre alt. Ich finde, wenn man in diesem Alter überhaupt kein Verantwortungsbewusstsein hat, ist es eine schlimme Sache. Schlimm für sie, denn wann soll sie es noch lernen? Sicherlich wird sie es mit der Zeit lernen. Es ist eine Frage des Wertesystems, das sie ihrer Beziehung zu anderen zugrunde legt. Das muss sie begreifen.«
Wahrscheinlich würden wenige Eltern diesem Vater widersprechen. So wie er die Sache darstellt, würde ich es wohl auch nicht. Aber die Erfahrung rät mir, mich meines Urteils zu enthalten, da ich nicht weiß,
was Debbie denkt. Vielleicht gibt es ein tiefer liegendes Problem – eine versteckte Absicht. Aus der Niederschrift des Interviews lässt sich das nicht klären. Trotzdem ist mir klar, dass Verhandlungen (sagen wir zwischen zwei Nationen oder zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden) unmöglich sind, wenn eine Seite nicht daran denkt, sich an die getroffenen Vereinbarungen zu halten. Die niederlagelose Methode beruht auf Gegenseitigkeit. Sie setzt voraus, dass die Bedürfnisse beider Seiten befriedigt werden.
Wirklichkeitsfremde Lösungen von Kindern
Eher amüsant als ernst sind Problemlösungssituationen, in denen Kinder sich mit Lösungen einverstanden erklären, die wirklichkeitsfremd oder zu schwierig sind, als dass sie sie einhalten könnten. Im Überschwang der Problemlösungssitzung schlagen sie die unmöglichsten Lösungen vor und verpflichten sich dazu. Natürlich wissen die Eltern aus Erfahrung, dass sie nicht zu verwirklichen sind. Ein Fünfjähriger erklärt sich stolz und in der besten Absicht bereit, jeden Abend den Tisch abzuräumen und das Geschirr abzuwaschen. Das ist eine Aufgabe, die die meisten Erwachsenen als überaus lästig empfinden würden. Oder Ihr zwölfjähriger Junge erklärt sich bereit, jeden Samstag Ihre beiden Autos zu waschen.
Hier ist die Geschichte eines fünfjährigen Mädchens, das sich verpflichtete, jeden Abend um halb acht ins Bett zu gehen, obwohl sie daran gewöhnt war, bis neun Uhr oder länger aufzubleiben.
»Ich sprach mit Jessie darüber, dass sie morgens beim Wecken immer sagte, sie habe keine Lust, zur Vorschule zu gehen, weil sie so müde sei. Ich sagte: ›Es ist mir sehr lästig, ständig bei dir hereinzuschauen und dir beim Anziehen zu helfen. Dadurch fehlt mir die Zeit, mich anzuziehen, und dir, um zu frühstücken.‹ Sie verstand, was ich meinte. So setzten wir uns hin und sprachen darüber. Sie sagte, sie sei morgens wirklich
müde. Es war sehr niedlich. Sie konnte nicht schreiben, aber sagte: ›In Ordnung, ich schreib meine Vorschläge auf.‹ Gleich darauf meinte sie: ›Ich geh unmittelbar nach meiner Fernsehsendung – oder nachdem du mir eine Geschichte vorgelesen hast – schlafen; ich werde dann wirklich schlafen.‹ Das wäre um halb acht gewesen. Dabei pflegte sie um neun oder halb zehn ins Bett zu gehen. Sie konnte sich unmöglich daran halten – es war eine wirklichkeitsfremde Lösung … Aber an diesem Abend ging sie um halb acht ins Bett. Nach fünf Minuten sagte sie, sie wolle noch Musik hören. Das tat sie. Fünf Minuten später kam sie aus ihrem Zimmer und sagte: ›Ich glaube nicht, dass das eine
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