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Familienpackung

Familienpackung

Titel: Familienpackung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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entspannt, denn in nur zwei Stunden und 44 Minuten werde ich eine ›Kelly Bag‹ besitzen und von allen Frauen rundherum extrem beneidet werden. Christoph sieht nicht sehr gut gelaunt aus. Warum soll es ihm besser als mir gehen? Mark rennt mit dem Schwert auf seinen Vater zu. »Neu«, brüllt er. Christoph würdigt das Schwert und grummelt so etwas wie: »Hallo allerseits.« Sein Gesichtsausdruck wirkt so, als wolle er mimisch das Gegenteil von Ekstase darstellen.
    Ich beschließe, freundlich zu sein. Nicht gleich loszumotzen. Denke an meine Liste und sage: »Na, wie war dein Tag?« Ich ringe mir sogar ein Lächeln ab. »Willst du das wirklich wissen, Andrea?«, fragt er mit drohendem Unterton zurück. Ich mustere ihn gründlich und entscheide mich für »Nein«. Meine Antwort interessiert ihn nicht die Bohne. Er legt los: »Ich habe heute mindestens drei geschlagene Stunden damit verbracht, allen Menschen, die ich kenne, zu erklären, warum meine Frau schwarzfährt.« Ich will nur zu gerne schreien, dass mir das um Klassen lieber gewesen
wäre, als Kinderkotze aus den Ritzen der Autositze zu wischen, halte aber einfach meinen Mund. Ich zucke die Achseln und sage nur: »Ich habe noch zu tun.« »So, Madam hat noch zu tun. Aha. Aber wenn es irgendwie geht, Andrea, wäre es sehr nett, du würdest in nächster Zeit nicht mehr S-Bahn fahren. Und wenn möglich, auch nicht im Fernsehen auftreten. Der Langner aus der Kanzlei war nicht besonders amüsiert. Und ausnahmsweise muss ich ihm sogar Recht geben.« Oha, der Doktor Langner, der große Gott der Kanzlei, hat das Wort an meinen Mann gerichtet. Ein Wunder. Und dann ein Rüffel. Welche Schmach. Der arme Christoph.
    »Brot und Aufschnitt sind in der Küche, die Kinder essen sicher auch gerne noch eine Kleinigkeit, schönen Abend noch«, beende ich das unerquickliche Gespräch. Der kann mich mal. Der kann mich so dermaßen mal. Ich bin so geladen, dass ich am liebsten ab morgen nur noch schwarzfahren würde. Und vorher jedes Mal noch bei RTL Bescheid sagen würde. Meine Güte, pumpt der sich hier auf. Und nicht den Hauch einer Frage, wie mein Tag war. Diesem ignoranten Typen habe ich heute einen Eins-a-Sessel bestellt. Schön blöd, Schnidt, tadle ich mich selbst und verziehe mich an den Computer. Der Computer steht im Keller. Schön weit weg. Soll er da oben doch sehen, wie er seine Nachkommen ins Bett kriegt. Ich bin raus aus dem Spiel. Jedenfalls bis morgen früh.
    Die Handtasche ist in der Zwischenzeit bei 398  Euro. Welche Wahnsinnige war denn das? eBayname ›Superschick‹. Der werde ich es zeigen, der Frau ›Superschick‹. 398  Euro. Das sind ja knapp 800 Mark. Für eine Tasche. Ich zögere. Aber eine ›Kelly Bag‹, eine original ›Kelly Bag‹
kostet sonst um die 4000  Euro. Wenn man denn an eine drankommt. Es gibt sogar Wartelisten. Ich tippe 429 ein, stelle mir das fassungslose Gesicht von ›Superschick‹ vor und drücke auf ›Bieten‹. Yak. Das wird ein sehr fleischarmer Monat.
    Ich brauche Nervennahrung und rufe in die Küche, »Kannst du mir eben auch noch zwei Brote schmieren?« Keine Antwort. Bitte sehr. Keine Antwort ist auch eine Antwort. Dann gehe ich halt selbst. Die Küche ist leer. Nur Butterreste auf der Arbeitsplatte und leergefressene Teller zeigen, dass hier Menschen Nahrung zu sich genommen haben. Ich mache mir drei Brote. Mit Nutella. Dann ein kurzer Blick auf meine Liste:
    Ich will:
    mehr Spannung
mehr Sex
mehr Anerkennung
schlankere Schenkel
prima Stimmung.
    Und alles bitte schnell. Ganz schnell.
    Kein Sex, keine Anerkennung, von prima Stimmung nicht die Spur und wenn ich die Nutellabrote noch esse, kann ich mich auch von der Vision schlankerer Schenkel verabschieden. Jedenfalls für heute Abend. Gilt Kinderkotze und Bällebadkacka als spannend? Ich habe gewisse Zweifel.
    Aber mein Körper und vor allem mein Gemüt brauchen jetzt diese Brote. Schenkel hin, Schenkel her. Immer noch knapp zwei Stunden bis zum Handtaschenbesitz. Zur Ablenkung gucke ich ein wenig in die Röhre. Selbst das Fernsehprogramm
ist trostlos. Christoph trampelt die Treppe runter. Demonstrativ. Er geht in den Keller. Der wird doch wohl nicht an den Computer müssen? Ich laufe panisch hinterher. Er sitzt schon am Schreibtisch. »Das geht jetzt nicht«, sage ich nur, »da bin ich dran.« »Wie bitte«, antwortet er, »eben sitzt du noch vorm Fernseher, aber gleichzeitig bist du am Computer?« »Es ist, also, wegen deines Geburtstags«, lüge ich, denn die

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