Familienpackung
verschenken.
Das war unsere denkwürdige Hochzeitsnacht. Teuer und nicht die Spur von Sex. Na ja, wir haben schließlich noch ein Leben lang Zeit.
Apropos Zeit. Noch drei Tage bis zur Geburtstagsfeier und ich habe eigentlich noch nichts. Außer einem Geschenkgutschein und richtig ätzender Laune. Wenn die Kinder nach diesem grausigen Ikea-Ausflug im Bett sind, werde ich mit der Planung beginnen. Leider finden die Kinder die Idee mit dem Bett heute so gar nicht gut. Sie machen einen riesen Zirkus. Mark möchte mit dem neuen, frisch gebadeten Schwert gern nochmal raus zum Angeben und Claudia hat Hunger. Kein Wunder, die Köttbullars hat sie ja im Auto gelassen. Außerdem wollen sie warten, bis Christoph nach Hause kommt. Ich bin kurz davor, einen richtigen Ausraster zu bekommen. Warum taucht niemand auf und erlöst mich? Schnappt diese aufgeputschten Wesen und entfernt sie aus meiner Umgebung. Ich drohe, schimpfe und bekomme
Lust, die Kinder bei eBay zu verkaufen. Sollen doch andere sich mal abplagen.
Ich zücke die Digitalkamera und fotografiere die Kinder. Nur mal so. Ich erwische einen Moment, in dem sie recht freundlich aussehen. Wenn man nicht ganz genau hinschaut jedenfalls. Perfekt. Jetzt ab ins Internet. Mal sehen, was die bei eBay von den Kindern halten. Klar weiß ich, dass man eigentlich keine Kinder versteigern darf, will es ja auch nicht wirklich, da ich sie ja genau genommen doch sehr liebe und schon jede Menge Zeit, Geld und Arbeit in die Aufzucht gesteckt habe, aber so rein als Gedankenspiel hat dieser Versuch etwas äußerst Beruhigendes. Fies sein, wenn auch nur im Kopf, ist etwas Schönes. Weil man seine fiesen Seiten so selten ausleben kann. Und es ja eigentlich auch nicht will.
Ich entwerfe, nur so für mich, einen prima Text, in dem nur sehr geübte Eltern verbale Warnschilder entdecken könnten:
Aufgewecktes Geschwisterpaar
(knapp 6 und knapp 3 Jahre),
neugierig und lebhaft,
wissensdurstig und voller Tatendrang
suchen für mehrere Tage freundliches, gut gelauntes Zuhause.
Nervenstärke von Vorteil
Startpreis: EUR 1 , 00
So könnte es gehen. Allein der Gedanke, dass jemand bereit wäre, meine Kinder zu ersteigern, stimmt mich gleich wesentlich entspannter. Wenn Christoph weiter so macht,
kann er den beiden bald Gesellschaft leisten. Nach dem Motto, ›Take two, get one free‹. Auch da würde mir sofort ein schöner Begleittext einfallen:
Ehemann, gebraucht, aber durchaus vorzeigbar,
in guter Stellung und mit schickem BMW
sucht neues Zuhause. Braucht regelmäßige warme
Mahlzeiten und Platz für Akten.
Mentale Mütterfreuden der Neuzeit.
Beim Surfen erspähe ich eine umwerfende Handtasche. Das hat jetzt Vorrang. Ich verschiebe den Familienschlussverkauf und widme mich der Tasche. Eine ›Kelly Bag‹. Das Statussymbol der Reichen und Schönen. Ich bin zwar weder reich noch schön, aber falls ich es nochmal werde, hätte ich auf jeden Fall schon mal die passende Handtasche. Mein Objekt der Begierde ist blöderweise kein Geheimtipp. Da sind noch einige mehr da draußen, die gerne wenigstens die Insignien der Macht besitzen würden. Die Tasche liegt schon jetzt bei 273 Euro. Nicht das, was man einen tollen Schnapper nennt. Aber, weiß das nicht jedes Kind, Qualität kostet eben. Auch bei eBay. Ich gebe 303 Euro ein und bin damit momentan die Höchstbietende. Super. Das hebt meine Laune doch sehr. Ich erlaube den Kindern aufzubleiben, bis Papa kommt. Jetzt gilt es, an der Handtasche dranzubleiben. Mit eBay-Auktionen ist es wie mit dem Leben. Nie glauben, man wäre die Nummer eins und hätte es geschafft. Kaum dreht man sich um, hat einen schon jemand anderes überholt. Noch drei Stunden bis Auktionsende. Beim letzten Mal hat mich zwei Minuten vor Schluss ›Hasenpuschel 457 ‹ abgehängt. Mit zwei läppischen
Euros überboten. Die Ratte. Von wegen ›Hasenpuschel‹. Klingt so lieb. Ha. Das muss eine absolut gewiefte eBayerin gewesen sein. Hat stillgehalten bis zum Ende und dann, bumms, kommt die aus dem Nichts und schnappt sich das Jil-Sander-Kostüm. In dunkelbraun. Ein Tweedkostüm. Super edles Teil. Bei eBay lernt man hassen. Vor allem, wenn es um ein solches Kostüm geht. Mit dieser Tasche wird mir das nicht passieren. Ich brauche nach dem heutigen Tag dringend ein Erfolgserlebnis. Diese Tasche ist schon so gut wie in meinem Besitz. Wenn ich die Tasche kriege, wird die restliche Woche gut.
Christoph kommt nach Hause. Ich lasse den Computer an und bin relativ
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