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Familienpackung

Familienpackung

Titel: Familienpackung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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›Kelly Bag‹ geht den nun gar nichts an. »Kriege ich eine Tasche zum Geburtstag?«, fragt er erstaunt. Dummerweise hat er die eBayseite wohl schon entdeckt. »Nein, und sei nicht so neugierig«, lüge ich weiter. Obwohl, das war noch nicht mal gelogen. Ich meine, die Tasche ist ja nun wirklich nicht für ihn. Widerwillig räumt er den Schreibtisch. »Ich muss noch was arbeiten, Andrea, es wäre also nett, wenn ich auch nochmal ran könnte.« Ich verspreche es. In genau 36 Minuten ist die Taschenfrage sowieso geklärt und ich kann später immer noch behaupten, ich hätte den Sessel im Internet bestellt. Falls er überhaupt je fragt.
    Mist, ich bin nicht mehr die Höchstbietende. ›Superschick‹ fängt an, mir auf den Nerv zu gehen. Die Tasche liegt mittlerweile bei 470  Euro. »Mehr als fünfhundert Euro wären kompletter Wahnsinn«, setze ich mir eine Grenze und gebe schnell, bevor ein Hauch von Vernunft mein Hirn streifen kann, 498  Euro ein. Uff, jetzt bin ich wieder vorn. Und irgendwo in Deutschland sitzt eine andere Frau und schnaubt. »Ja, Superschick, so schnell hast du mich nicht klein.« Es sieht aus, als wären nur noch wir zwei im Rennen. Die Schlacht um die Tasche geht in die Endrunde. Im Prinzip ist das alles bekloppt. Schlau wäre es, wenn man denn wüsste, wer die andere ist, zu telefonieren und sich
zu verständigen und sich nicht gegenseitig in die Pleite zu treiben. Aber die eigene Gier steigt komischerweise proportional zum Begehren der anderen.
    Ich habe schon mal Sandalen gekauft, nur weil eine andere Frau sie so gerne haben wollte. Es waren aber die letzten und mir eigentlich eine halbe Nummer zu klein. Trotzdem habe ich zugeschlagen. Manchmal bin ich nicht die Spur großmütig. Ich muss an mir arbeiten. 515  Euro. »Superschick, du Schlange. Schnidt, mach den Computer aus, fünfhundert Euro sind deine absolute Obergrenze.« Andererseits, wegen 15  Euro eine Niederlage einheimsen? Das wäre nun auch zu doof. Wir schaukeln uns herrlich hoch. Bei 587  Euro habe ich feuchte Finger und muss darauf achten, die Tastatur nicht zu fluten. Noch vier Minuten. Ich bin an der Pole-Position. Auch noch eine Minute vorher. Gleich kann ich schreien: »drei – zwei – eins, meins.« Ich habe ›Superschick‹ demoralisiert. Fast tut sie mir Leid, aber im Moment brauche ich diese Tasche sicher dringender. Für meine Psyche. Muss mit dem Verkäufer ausmachen, dass ich nicht ›Kelly Bag‹ oder Handtasche auf die Überweisung schreiben muss. Auf die häusliche Diskussion habe ich nämlich keinerlei Lust. Vielleicht Kinderkleidung? Oder Küchengerät? Da hat Christoph sowieso kaum Ahnung. Was ist denn jetzt? Mein Computer meldet sich. ›Coolman‹ ist momentan der Höchstbietende. Wer ist denn dieses hinterfotzige, raffinierte Stück? Vermutlich auch noch ein Kerl. Was will der denn mit meiner ›Kelly Bag‹? 593  Euro und nur noch wenige Sekunden. Christoph ruft: »Andrea, ich brauche jetzt echt mal den Computer, kann ich?« »Gleich«, schreie ich, »kann jetzt nicht.« Ich gebe 601  Euro ein. Als ich bestätige, ist es aus. ›Coolman‹
hat gewonnen. Am liebsten würde ich zu ›Superschick‹ fahren und mit ihr gemeinsam ein winziges Attentat auf ›Coolman‹ verüben. Das ist nun wirklich mehr als unfair. Der lachende Dritte. Wie subtil und abgebrüht. Was gibt es doch für gemeine Menschen.
    Ich räume den Computer und gehe ins Bett. Ohne Abschminken. Hoffentlich ist die Tasche ein hässlicher Fake. Aus Kunstleder. 600  Euro gespart und nicht der kleinste Anflug von Freude. Morgen wird alles anders. Auch ohne ›Kelly Bag‹. Ich habe solche Statussymbole doch gar nicht nötig. »Doch«, ruft es tief in mir und ich schlafe ein.

Tag 4
    »Sie denken an den Elternabend heute, ja, Frau Schnidt«, ermahnt mich am nächsten Morgen Claudias Erzieherin im Kindergarten. »An nichts anderes, seit Wochen«, betone ich eifrig und denke: »Auch das noch.« Elternabende gehören nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Vor allem nicht an Tagen wie heute. Mark hat komische Pickel im Gesicht und Claudia motzt, als wäre sie schon in der Pubertät. Christoph hat freundlicherweise heute Morgen relativ normal mit mir gesprochen. Ohne einmal die Worte S-Bahn oder Doktor Langner zu erwähnen. Immerhin.
    Ich bestelle das Essen für die Party übermorgen. Bei Giovanni. Seit der Hochzeit unser Haus- und Hofitaliener. »Bissche spät, Andrea amore, wie soll isch schaffe so viel Esse?«, stöhnt er, lässt sich

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