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Familienpackung

Familienpackung

Titel: Familienpackung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Ehrentag, irgendwie verschwindet und erst wieder auftaucht, wenn das Essen und die Gäste da sind. Ich habe für Punkt 19 . 00 Uhr geladen. Alle wissen um das Geheimnis und haben geschworen, auf jeden Fall pünktlich zu sein. Nach meiner Planung verstecken sich die Gäste im ersten Stock, und wenn Christoph da ist, gibt’s das große ›Hallo‹ und das von allen gesungene ›Happy birthday‹. Na, der wird Augen machen.
    Der Geburtstagsvorabend verläuft normal. Abendessen im trauten Familienkreis. Ich kann gerade noch verhindern, dass Christoph schon um halb zwölf ins Bett geht. »Du hast gleich Geburtstag«, erinnere ich ihn, »der Schampus steht schon kalt.« Er gähnt. »Andrea, ich bin total müde. Wir können doch morgen was trinken«, versucht er mir selbst diese kleine Freude zu nehmen. Ich gehe in die Küche, werfe einen Blick auf meine Liste und atme tief durch.
    Ich will:
    mehr Spannung
mehr Sex
mehr Anerkennung
schlankere Schenkel
prima Stimmung.
    Und alles bitte schnell. Ganz schnell.
    Heute Abend kann nur noch Punkt fünf der Liste realisiert werden. Mehr ist nicht drin. Es liegt nicht der Hauch von Sex in der Luft. Bitte, dann wenigstens prima Stimmung. Ich biete an, den Schampus am Bett zu servieren. Mein Pragmatiker zögert. »Da muss ich ja dann nochmal raus und Zähne putzen«, hält er dagegen. Ich schlage – ganz gewagt – vor, mal ohne Zähneputzen ins Bett zu gehen. Holla, wie aufregend. »Na gut«, lässt er sich breitschlagen. Wir stoßen an, ich gebe ihm den obligatorischen Geburtstagskuss und Christoph putzt sich doch noch eben schnell die Zähne. Es wäre schön, er wäre mit allem so gründlich. »Und«, will ich noch schnell rauskitzeln, bevor er wegratzt, »was machen wir an deinem großen Tag?« »Einfach nichts«, antwortet er, »Ruhe und Nichtstun, das ist zurzeit für mich das Schönste.« »Ach ja«, fällt ihm dann noch ein, »meine Eltern wollten nachmittags auf einen Kaffee vorbeikommen.«
    Meine Schwiegereltern. Rudi und Inge. Rudi und Inge sind garantiert die besten Schwiegereltern der Welt, und das, obwohl sie »ihne ihrn Bub, de Christoph«, vergöttern. Aber mich haben sie mit in ihr riesiges Herz geschlossen. Von Claudia und Mark gar nicht zu reden. Claudia ist ›unser Prinzessche‹ und Mark ›der klaane Stammhalter‹. Rudi und Inge sind jederzeit einsatzbereit. Sie sind Rentner und können sich nichts Schöneres vorstellen, als ihre Enkelkinder zu sitten. Inge würde alles für uns tun. Kochen oder sogar den kompletten Haushalt schmeißen. Aber ich kann ja schlecht meine Schwiegermutter als Haushälterin beschäftigen. Und die Allerjüngsten sind die beiden auch nicht mehr. Also versuche ich, die Belastungen in Grenzen zu halten. Man soll ja nichts überstrapazieren. Inge und Rudi haben sich auch bereit erklärt, die Kinder am großen Überraschungspartyabend
zu hüten. Deshalb kommen sie nachmittags zum Kaffee. Um dann, ganz spontan – raffiniert! –, die Kinder mit zu sich zu nehmen, damit Christoph und ich mal einen geruhsamen Abend als Paar verbringen können. Claudia und Mark sind absolut vernarrt in ihre Großeltern. Rudi bastelt, schraubt und gärtnert mit den beiden. Inge backt, näht und liest vor. Stundenlang – wenn die beiden jungen Herrschaften danach verlangen.
    Erstaunlicherweise liegen meine Eltern trotzdem in der Gunst fast noch einen Tick vor Christophs Eltern. Obwohl meine wesentlich weniger Aufwand für die Kinder betreiben. Wenn sie denn überhaupt mal Zeit haben. Meine Mutter ist keine dieser Allzeit-bereit-Großmütter. Sie hat einen ziemlich strammen Terminplan und nur, wenn da mal eine Lücke klafft, was selten vorkommt, und sie Muße hat und sich auch absolut fit fühlt, dann dürfen die Kinder auch mal zu ihr und meinem Vater. »Werde du mal alt«, sagt sie, wenn ich Omazuwendungen für meine Kinder einklagen will, »Andrea, ich habe drei Kinder großgezogen. Mein Bedarf an vollen Windeln und Geschrei ist ein für alle Mal gedeckt.« Insgeheim kann ich sie verstehen. Jegliche Aufopferungsgene scheinen meiner Mutter zu fehlen. Sie denkt in erster Linie an sich selbst, sagt aber, dass sie an meinen Vater denkt. Und natürlich an sein schwaches Herz, dass auf dem Golfplatz starken Strapazen ausgesetzt ist, da mein Vater nicht gewillt ist, sich an irgendwelche Regeln von – O-Ton mein Vater – »irgendwelchen Schwachköpfen« zu halten. Am Anfang habe ich mich ob der Unwilligkeit meiner Mutter gegrämt. Mittlerweile denke ich, es ist

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