Familienpackung
Badeschaum über den Körper und es fühlt sich an, als würde man mit seidenweichen Federn gestreichelt. Es könnte extrem angenehm sein – könnte wohlgemerkt. Ich habe Probleme, mich zu entspannen. Das Ganze hat
doch etwas sehr Intimes. Und mit welchem Eifer der kleine Mann mir den Badeschaum über die Brüste wedelt, ist mir auch suspekt. Es liegt Erotik in der Luft. In anderer Konstellation könnte das durchaus sehr spannend sein, so bin ich nur angespannt. Ich habe teuflische Angst, falsche Signale auszusenden und den kleinen Kerl damit auf eine dumme Idee zu bringen. Zwischendrin dämmert es mir: Wahrscheinlich haben wir beide im Quiz gewonnen. Er hat die Waschung einer drallen Blondine gewonnen und ich eben die Waschung. So schaffen die es hier im Club, gleich zwei glücklich zu machen. Zum Schluss der Waschung setzt mich der kleine Kerl auf, stellt sich vor mich und legt meinen Kopf an seinen Bauch. Er gießt mir Wasser über die Haare und wäscht sie mir anschließend. Seltsam, vor allem weil ich den Kopf verdammt ruhig halten muss, um nicht in heikle Gebiete abzurutschen. Ich bin froh, als es vorbei ist. Der kleine Kerl bietet mir noch einen Tee an. Ich lehne höflich ab. »Die Kinder«, mache ich ein Zeichen und weg bin ich. Wow, was für eine explosive Gratwanderung, und das, obwohl der Typ wirklich jenseits meines Beuteschemas liegt. Aber so eine Waschung hat einfach was.
Im Anschluss habe ich mittags noch ein T-Shirt und einmal Banana-Boot-Fahren gewonnen. Ich bin die Quizkönigin im Club. Am vierten Tag nimmt mich Carlo allerdings zur Seite und bittet mich, beim Nachmittagsquiz auszusetzen. »Die anderen haben sich beschwert, weil du immer gewinnst. Es macht ihnen so keinen Spaß.« Na guck mal einer an. Und wie ist das bei der Formel eins? Stört es sie da auch, wenn immerzu ihr Michael gewinnt? Oder wenn sie beim Tennis jedes Mal selbst als Sieger vom Platz gehen? Müssen sie da auch aussetzen? Dürfen nicht mehr mitspielen? Nein.
Aber es hat ja auch nie einer behauptet, im Leben würde es gerecht zugehen.
Nach einer Woche fühlen auch wir uns wie Clubprofis. Das Geregelte und Berechenbare am Clubleben ist eigentlich ziemlich langweilig, aber gleichzeitig auch äußerst verführerisch. Man kann sich einfach treiben lassen. Muss sich um gar nichts kümmern und urlaubt einfach vor sich hin. In welchem Land man ist, spielt fast überhaupt keine Rolle. Man sonnt, badet, isst und schläft in einer perfekten Parallelwelt.
Da es hinterher nicht heißen soll, wir hätten unser Gastland so gar nicht gesehen, machen wir immerhin einen klitzekleinen Ausflug. Ich liebäugle zunächst mit dem Amphitheater in Aspendos, aber das wird umgebaut und ist deswegen zurzeit für Touristen nicht zugänglich. Jetzt kann keiner mehr meckern. Ich hätte ja gewollt. Mir sind die Kulturstätten bestimmt nicht egal. Aber große Bustouren über zwei, drei Tage stehen mit den Kindern einfach nicht zur Debatte. Da müsste man ja wahnsinnig sein, in der Gluthitze mit dem Reisebus und zwei Kindern durch die Gegend zu fahren. Alle Club- und Türkeiprofis raten uns auch absolut davon ab. Im Hochsommer könne man so was nicht machen, so eine Tour wäre nur was für den Herbst oder Winter. Fast alle haben allerdings im Winter andere Ziele – zum Beispiel Lech oder St. Moritz –, tauschen munter Tipps für Winter-Clubs aus und haben deshalb das Gelände auch noch überhaupt nie verlassen. »Warum auch?«, sagen sie. »Hier gibt’s doch alles, was der Mensch im Urlaub braucht.« Ich glaube, einige würden, wenn sie die Wahl hätten, ihr ganzes restliches Leben am liebsten im Club verbringen. Ich bin nun nicht unbedingt eine Intellektuelle,
aber ob mir das für immer inputmäßig ausreichen würde? Ich habe meine Zweifel. Und mehr als vierzehn Tage Clubtanz – ich glaube, ich wollte für nichts mehr garantieren. Das könnte durchaus Opfer in den Reihen der Animateure geben.
So bleibt uns, was das Verlassen des Geländes angeht, nur schnödes Shopping im Nachbarort. Wir leisten uns ein Taxi am frühen Abend und bummeln die Straße zum Hafen hinunter. Ich bin schon leicht gebräunt, ziemlich entspannt und bereit, die Kreditkarte mal wieder an ihre Funktion zu erinnern. Auf den ersten Blick ist Side, so heißt der Ort, ein Shoppingparadies. Auf den zweiten reichlich eintönig. Es gibt drei Arten von Geschäften. Juweliere, Taschenläden und gemischte Souvenirkitschläden. Nachdem ich die Läden, vor allem die Juweliere, gesehen habe,
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