Family Affairs - Verbotenes Verlangen
hüllen, wenn man Ihnen eine Frage stellt.“
Chloe wünschte sich verzweifelt ein Loch, in das sie sich verkriechen konnte, als sie die beißend formulierten Worte hörte. Sie beschloss, alles auf eine Karte zu setzen und zu lügen.
„Ich habe mich verlaufen und bin zufällig hier gelandet. In diesem Haus gibt es so viele Türen, ich habe schlicht und ergreifend die Orientierung verloren.“
Sie schaffte es irgendwie, zu lachen, obgleich es sich schrecklich gekünstelt anhörte, und versuchte gleichzeitig, den alkoholgeschwängerten Nebel, in dem sich ihr gesunder Menschenverstand verirrt hatte, wieder halbwegs zu klären. Der Mann im Dunkeln lachte heiser. Es klang aufregend. Dieser Ton, dieser gutturale Laut, der tief in seiner Kehle ruhte und sich nun den Weg in die Freiheit bannte, schien eine geheime Verbindung zu ihrem Schoß zu knüpfen, denn das kleine Knöspchen unter ihrem Slip – dieses unartige kleine Luder – fing an, nur noch zorniger zu pulsieren, drängte auf Erlösung und tränkte die Seide ihres Slips mit Feuchtigkeit. Konnte man an unerfüllter sexueller Lust sterben, fragte sie sich leicht hysterisch?
Chloe war vollkommen erschlagen von dieser Situation und rieb sachte die Schenkel aneinander.
„Reiß dich zusammen, Chloe“, mahnte sie sich. „Du kennst ihn gar nicht, weißt nicht mal, wie er aussieht!“
Plötzlich löste er sich aus dem Schatten und ging mit bedächtigen Schritten auf sie zu. Seine Schuhe verursachten ein dumpfes Geräusch bei jedem Auftreten, die Sohlen quietschen leise. Sie hielt den Atem an, erwartungsvoll und panisch zugleich.
Als er endlich vor ihr stand, gaben ihre Knie beinahe nach. Durch seine Körpergröße bedingt stand sein Gesicht direkt im Lichtstrahl der Laterne, sodass sie ihn nun klar und deutlich erkennen konnte. Ihr wurde das zweifelhafte Vergnügen zuteil, in die kältesten blauen Augen zu blicken, die sie jemals gesehen hatte. Kalt im Sinne des Farbtones, nicht des Ausdrucks wegen. Dieses mit silbrigem Eis durchsetzte Ozeanblau erinnerte sie an einen winterlichen Himmel, kurz bevor der erste Schnee fiel. Das halb belustigte, halb verärgerte Glitzern darin sprühte ihr unzählige graue Funken entgegen. Chloe fing sie mühelos auf und antwortete mit grünem Feuer, um die aufflammende Verlegenheit in sich zu löschen. Parallel zu ihrem rasenden Herzschlag beschleunigten sich ihre Atemzüge, sogar ihr dummer Magen überschlug sich, und sie befürchtete schon, dass sie ihm gleich ihr Abendessen vor die Füße kotzen könnte.
Waren das diese viel gerühmten Schmetterlinge im Bauch, die bei ihr gerade die Ausmaße der nationalen Streitkräfte annahmen?
Sein kritischer Blick, mit dem er sie von Kopf bis Fuß bedachte, ging ihr jedenfalls durch und durch, und sie konnte nicht aufhören, ihn anzustarren. Er war wirklich schön, allerdings kein androgyner Typ, wie sie gerade in Mode waren. Dieser Adonis gehörte zu den Männern, die lässig auf einem feurigen Hengst saßen und mit einer Marlboro im Mundwinkel dem Sonnenuntergang entgegenritten. Seine Haare waren blond und im Nacken zusammengebunden, wodurch die scharf geschnittenen Züge seines gut aussehenden Gesichts besonders hervorgehoben wurden. Er besaß enorm virile Konturen, die sie unglaublich ansprachen. Ein eckiges Kinn, eine gerade Nase, einen verwirrend sinnlichen Mund. Die untere Lippe war voller als die obere. Chloe wollte sie am liebsten zwischen die Zähne ziehen, sie beißen, sie lecken, an ihr saugen …
„Hat es Ihnen die Sprache verschlagen, oder haben Sie ihre Zunge verschluckt?“, zog er sie auf.
Sie spürte, wie Hitze ihre Wangen hochkroch und ein zartes Brennen auf der Oberfläche hinterließ. Der Kerl war wirklich gnadenlos und zerstückelte ihr Selbstbewusstsein gerade in hauchdünne Scheibchen. Statt ihn weiter mit Lügen zu provozieren, wollte sie es zur Abwechslung mal mit der Wahrheit probieren.
„Sie haben recht, ich befinde mich unbefugt hier und bin mir dessen auch vollkommen bewusst. Wenn Sie möchten, werde ich das Anwesen umgehend verlassen.“
Dieser so resolut hervorgebrachte Satz ließ Ryan lächeln. Er starrte in zwei faszinierende Jadeaugen, die man in ihrem Fall wirklich als den Spiegel der Seele bezeichnen konnte. Alles konnte er in ihnen lesen. Scham, Verlegenheit. Sie war entzückend und – er gestand es sich ungern ein – ungemein aufreizend.
Die Erinnerung an ihre weichen Hände auf dem harten Marmor pumpte Unmengen Blut in sein schlaffes
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