Fanal des Blutes
Verdammt, da mußte irgend etwas schiefgegangen sein!
Ein russischer Fluch kam über ihre Lippen.
Der junge Kerl neben ihr ächzte auf. Irina bedachte ihn mit einem unwilligen Blick.
Doch dann sah sie genauer hin. Denn die Augen des Stewards waren nicht etwa auf sie gerichtet, sondern himmelwärts.
Irina folgte seinem Blick - und erstarrte.
Die Gewitterfront war nähergekommen und hatte sich in etwas verwandelt, das einer gewaltigen Windhose glich! Schwarze Schlieren aus Regen und brodelnden Wolken liefen aus allen Richtungen zusammen und vereinten sich kochend im Zentrum miteinander. Das ganze Gebilde war in ständiger wirbelnder Bewegung. Der Nachthimmel hatte sich in einen gewaltigen Mahlstrom verwandelt, in dessen Ausläufer in diesem Moment .
... ein kleines Flugzeug eindrang!
»Um Himmels willen!« ächzte der Steward neben Irina. »Sehen die denn nicht .« Der Rest des Satzes wurde von einem urgewaltigen Donnern verschluckt. Peitschende Böen fegten über das Rollfeld und rissen Irina das Faxpapier aus den Händen.
Das Gebilde am Himmel zog sich immer mehr zusammen und formte eine Art Schlauch, der bis in Bodennähe reichte, sich in Spiralen drehte und immer wieder Auswüchse bildete.
Irina war wie betäubt. Als einziger Mensch hier konnte sie die Vorgänge am Himmel richtig deuten.
Sie wußte: Es war Conens Maschine. Sie mußte es sein. Denn das Zeichen erfüllte sich! Die Störungen in der Atmosphäre waren ein Teil davon, und sie nahmen jedesmal noch an Kraft zu!
Die Positionslichter des Flugzeugs waren kurz in den wirbelnden Wolken verschwunden gewesen; nun tauchten sie wieder am Himmel auf.
Und sie stürzten fast senkrecht zur Erde herab!
»Nein!« Irinas Schrei ließ die Luft zittern.
Sie wußte nicht, was dort oben vorging, aber wenn es nicht gelang, das Blut zu versprühen, wie die Weissagung es verlangte, wäre das Zeichen nicht erfüllt!
Plötzlich schlugen Flammen aus dem Cockpit der Propellermaschine! Ihre Umrisse waren jetzt erschreckend gut zu erkennen, erleuchtet von dem Feuer, das immer weiter um sich griff.
Der Sturzflug ging in ein unkontrolliertes Trudeln über. Mit rasender Geschwindigkeit zog die Maschine eine diagonale Feuerspur, näherte sich unaufhaltsam dem Boden.
Da blitzte eine Explosion auf! Das Feuer am Himmel spritzte auseinander, Flammen stoben nach allen Seiten. Brennende Flugzeugteile sanken torkelnd herab wie verglühende Sternschnuppen.
»Mein Gott!« stieß der junge Mann hervor.
Ein Donnerschlag von unglaublicher Macht zerriß die folgende Stille. Dann zuckten plötzlich ein halbes Dutzend Blitze gleichzeitig vom Himmel, so daß für einen Moment alles wie in helles Tageslicht getaucht war.
Im nächsten Moment war es vorbei. Der Wirbel am Firmament lös-te sich so schnell auf, wie er gekommen war. Der Wind flaute ab.
Irina stand wie erstarrt. War alles vergeblich gewesen?
Hatte sich das Zeichen nun erfüllt?
Da spürte sie einen Tropfen auf dem Gesicht. Es begann zu regnen.
Sie hob fahrig eine Hand und wischte die Feuchtigkeit weg.
Es fühlte sich nicht wie Wasser an, sondern zähflüssig, schmierig, wie Öl. Oder wie ...
Irina sah hinab auf ihre Hände. An zwei Fingern klebten verwischte, dunkle Schlieren, und im nächsten Moment trafen weitere Tropfen die offenen Handflächen und färbten sie rot.
Unwillkürlich führte Irina die Linke zum Mund und leckte darüber.
Sie kannte den Geschmack nur zu gut. Es war Menschenblut!
Und während der Steward geschockt herumfuhr und vor den blutigen Fluten floh, die vom Himmel niederregneten, stand Irina da und lachte befreit auf. Die Explosion hatte die Tanks in der Maschine zerfetzt und das Blut im weiten Umkreis verteilt.
Kein Zweifel, Conen und seine Gruppe waren tot, und mit ihnen auch die geheimnisvolle Vampirin. Aber das war ein vergleichsweise geringer Verlust. Viel wichtiger war es, daß das fünfte Zeichen eingetreten war.
Zufrieden hob Irina den Kopf, genoß das Blut, das ihr übers Gesicht in den offenen Mund rann.
Wieder war sie ihrem Ziel einen Schritt näher gekommen.
Nur noch zwei Zeichen, und die Weissagung würde sich erfüllen. Bald .
ENDE
Süße Träume
Leserstory von JaeMa
Langsam verschwindet die Sonne hinter dem Horizont, und die Dämmerung überfällt die Stadt. Eine fast unwirkliche Stille beherrscht den Hof unter meiner Wohnung.
Alles ist für seine Ankunft vorbereitet. Es ist eine warme Nacht, und mein Fenster ist weit geöffnet. Die Kerze vertreibt ein wenig von der
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