Fanal des Blutes
aufsteigenden Dunkelheit. Ein Spiegel gibt mein Ebenbild wieder, das mir seit seinem ersten Besuch seltsam fremd erscheint.
So übel siehst du gar nicht aus, denke ich und drehe mich vor den Spiegelglas. Die blasse Haut läßt meine grünen Augen unwirklich erscheinen, und die roten Haare - Hexenhaar! - ergießen sich über meinen Rücken. Er mag dieses Haar.
Noch ganz in der Betrachtung versunken, bemerke ich seine Ankunft nicht.
»Eitles Biest!« Die Stimme klingt rauh und dunkel. Ertappt wende ich mich um, und eine dunkle Röte überzieht mein Gesicht. Schnell steigt er vom Fenstersims herab, sieht mich lachend an und zieht mich an sich. Ohne ein weiteres Wort wirft er mich auf das Bett, und einen Moment später fehlt an meinem Körper jegliches Kleidungsstück.
Keine Zeit zum Reden. Glut der Begierde, nicht zu zügelndes Verlangen umschließt meinen Körper wie Morgennebel. Schweiß wie Tau auf meiner Haut. Schon ist er über mir, und ich spüre, wie er langsam und genüßlich in mich eindringt. Ich bin bereit für ihn! Die Arme umschließen mich immer fester, als würden sie mich hindern wollen, wegzulaufen. Ein leises Stöhnen kommt über meine Lippen, als seine Zähne sanft meinen Hals entlangstreichen und seine Zunge über die Halsschlagader gleitet.
Von da ist es nur ein kurzer Weg. Langsam dringen seine Zähne in meinen Hals; ich explodiere in kleinen Feuerwerken.
Nach einer kleinen Ewigkeit komme ich wieder zur Erde zurück. Er läßt mich los, und ich drehe mich auf den Bauch. Meine Haare gleiten durch seine Finger. Sanft streiche ich über seine Brust und beobachte ihn dabei.
»Unersättlich?« fragt er.
Mein Lachen ist ihm Antwort genug. Das Mondlicht strahlt sein diffuses Licht ins Zimmer und läßt unsere Körper fast unwirklich leuchten. Heile Welt für einen Augenblick.
Man müßte diese Momente in Flaschen abfüllen und bei Gelegenheit wie Parfüm auf der Haut verteilen können, denke ich etwas abwesend und wende meine Aufmerksamkeit ihm wieder zu. Meine Augen und Hände wandern über seinen Körper, und er läßt mich gewähren.
Er ist ein phantastischer Liebhaber - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Kind der Nacht, das seine sterbliche Geliebte beehrt. Seine Augen strahlen in der Dunkelheit, als sein Blick mich trifft.
Ich will mehr. Die Nächte mit ihm sind viel zu kurz; die Zeit rennt uns davon. Meine Gedanken sind wie ein offenes Buch für ihn. Auf der Seite liegend, beobachtet er mein Mienenspiel. Und überläßt sich meinen Händen, die jetzt kühner werden.
Seine Haut hat die Farbe weißen Marmors, und sein Muskelspiel ist das eines griechischen Gottes. Schönheit ist ihm eigen und unvergänglich. Ich wollte, ich wäre Maler oder Bildhauer .
Ich weiß, daß er das Liebesspiel nur mir zuliebe arrangiert, trotz seiner Behauptung, daß ich dann besser schmecke. Können diese Geschöpfe überhaupt lieben?
Ja: Sie lieben das Leben und heiligen es auf ihre Weise.
Ich spüre, daß er auf mich wartet. Kühn beuge ich mich über ihn und beiße ihn in seinen Hals. Der überraschte Gesichtsausdruck war es wert.
Keine Spielchen mehr. Sacht küßt er mich auf den Mund, und ich kann es schmecken. Ich werde gieriger und lasse ihn, noch auf dem Bauch liegend, gewähren, warte auf den einen Augenblick.
Seine Hände bemerken meine Bereitschaft; er schiebt sich ungestüm über mich, und mit einem Stoß füllt er mich aus. Ich spüre den Ruck in meinen Haaren. Mein Kopf wird nach hinten gezogen. Sein Rhythmus wird schneller, und ich merke, wie sich die Hitze an einem Punkt meines Bauches sammelt.
Langsam und genüßlich senken sich wieder seine Zähne in meinen Hals. Ich überlasse mich meinem süßen Schmerz, der wie eine Woge über mir zusammenschlägt. Immer und immer wieder .
Fast übergangslos schlafe ich ein. Nicht gewollt, sondern kraft seines Willens. Spüre nur noch einmal seinen Kuß und den kühlenden Luftzug.
Am nächsten Morgen ist es wie ein Traum. Wären da nicht die Male am Hals und das Warten auf seinen nächsten Besuch .
ENDE
Dunkle Romanze
von Timothy Stahl
Als Shondra Trevilane stirbt, ist ihr Dasein nicht vorüber! Eine geheimnisvolle Fremde holt sie aus dem Grab und schickt sie in die Welt der Lebenden zurück.
Zu Lebzeiten war Shondra ein scheues, genügsames Mädchen. Das ändert sich grundlegend mit ihrem Tod. Er bringt die bislang verborgenen, dunklen Seiten ihres Wesens zum Vorschein - und weckt den Durst nach Blut! Shondra wird zum Fluch für die
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