Fang schon mal ohne mich an - Phillips, C: Fang schon mal ohne mich an
wünschen, dass du dir überlegst, ob du nicht in mein Immobiliengeschäft mit einsteigen willst. Das ist im Moment zwar nicht gerade ein tolles Angebot, aber etwas Besseres kann ich dir leider erst einmal nicht anbieten. Paul hat uns ganz schön ausgesaugt, und Sonya braucht die Einkünfte, damit sie Seth ordentlich großziehen kann. Aber immerhin existiert dieses Immobiliengeschäft, auch wenn es belastet ist. Und ich brauche dringend einen Anwalt, der das Durcheinander, das Paul angerichtet hat, wieder aufräumt. Du bist doch auf Immobilienrecht spezialisiert. Wir müssten unseren guten Ruf wiederherstellen und neue Objekte kaufen“, erklärte er Molly, was sie ohnehin schon wusste.
Ihr Vater kaufte und verkaufte Grundstücke und Gebäude und behielt diese Objekte so lange, bis die Preise stiegen. Das hatte schon manches Mal für gute Gewinne gesorgt. Doch die Schnelllebigkeit dieses Geschäfts hatte seinen Partner andererseits auch in die Lage versetzt, unauffällig Geld hin und her schieben zu können, um seine Unterschlagungen zu verschleiern. Frank sah offenbar immer noch eine Zukunft für sein Geschäft, und zum ersten Mal stellte sie sich vor, wie es wäre, wenn sie dazugehören würde.
Seit sie hergezogen war, hatte sie ihre Zeit mit ehrenamtlichen Tätigkeiten für ältere Mitbürger ausgefüllt. Das hatte ihr ab und zu kleinere Jobs eingebracht. Sie hatte Häuser verkauft und Immobiliengeschäfte für sie abgewickelt. Sie liebte es, den älteren Herrschaften helfen zu können, und obwohl sie ihr nicht viel zahlen konnten, war ihre Dankbarkeit es wert. Molly brauchte keine Miete zu zahlen, weil sie bei ihrem Vater wohnte, aber sie wusste, dass sie bald ausziehen und einen ordentlichen Job finden musste.
Sie hatte nicht einmal im Traum daran gedacht, dass sie einmal in das Familienunternehmen einsteigen könnte. „Du willst wirklich, dass ich für dich arbeite?“, fragte sie diesen Mann, der sie ständig mit seinen väterlichen Aktionen überraschte.
Er schüttelte den Kopf. „Ich möchte, dass du mit mir arbeitest. Du wärst wenigstens ein Partner, dem ich vertrauen könnte.“
Molly nickte, bevor sie in der Lage war, das alles zu überdenken. „Ja!“ Sie stand auf, weil sie ihn unbedingt umarmen wollte. Doch der Wächter erhob sich ebenfalls.
„Es ist alles in Ordnung.“ Frank gab dem Wächter ein Zeichen, bevor er Molly ansah. „Und ich dachte, du hättest bereits bessere Angebote.“
„Nein“, versicherte sie ihm.
Es war wichtig, dass sie ihm das versicherte, denn trotz des spöttischen Tonfalls war Molly die Unsicherheit in seiner Stimme nicht entgangen, als er sie gefragt hatte, ob sie in sein Geschäft mit einsteigen wollte. Er war sich scheinbar immer noch nicht über ihre Beziehung im Klaren oder wohin sie führen würde. Genauso wie sie immer noch befürchtete, dass er seine Meinung ändern und sie bitten könnte, dass sie wieder aus seinem Leben verschwand, so wie es Mollys Mutter immer getan hatte.
Offensichtlich mussten sie noch eine Menge übereinander lernen und Zeit miteinander verbringen, um den Gefühlen und Versprechungen des anderen zu vertrauen. Zeit, die dank seiner Verhaftung nun möglicherweise bald vorbei war.
Jessie saß in ihrem Zimmer und sortierte ihre Nagellackfläschchen. Schließlich entschied sie sich für Marshmallow, einen hellen Farbton, den sie mochte, weil er zu allem passte. Dennoch wünschte sie sich, sie hätte stattdessen die Lavendelfarbe gekauft, die sie im Drogeriemarkt gesehen hatte. Lila galt als beruhigend. Das hatte sie zumindest in den Modemagazinen gelesen, die sie regelmäßig erstand. Jessie hatte Beruhigung dringend nötig.
Momentan war ihr ganzes Leben ein einziges Durcheinander. Ihr Vater war drauf und dran, für den Rest seines Lebens hinter Gittern zu verschwinden, und ihre Großmutter wurde immer älter und würde möglicherweise bald sterben, wie Jessies Mutter. Ihre Schwester Robin würde vermutlich die Uni beenden müssen, was bedeutete, dass Jessie außer ihrer neuen Halbschwester Molly niemand blieb, der sich um sie kümmern könnte. Und wo würde das überhaupt stattfinden?
Jessies Augen füllten sich mit Tränen, die sie wegwischte, um sich stattdessen mit ihrer Maniküre zu beschäftigen. Wenn sie so schlecht gelaunt war, ging sie normalerweise nach nebenan, um sich bei Seth auszuheulen, aber das war unmöglich, solange er den Tod seines Vaters nicht verarbeitet hatte. Onkel Paul. Er war der beste Freund ihres Vaters
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