Fang schon mal ohne mich an - Phillips, C: Fang schon mal ohne mich an
gewesen. Seinetwegen hatte man ihren Vater eingesperrt.
Die Kids in der Schule sprachen hinter ihrem Rücken über sie, und sie musste alleine zum Essen gehen, weil Seth mit seinem Lehrer sprach. Dieser Tag war wirklich ein schlechter Tag für Jessie gewesen. Sogar die Mädchen, mit denen sie normalerweise abhing, waren gemeiner als sonst gewesen. Sie hatten sie gemieden, als ob das, was Jessies Vater getan hatte, ansteckend wäre. Also war sie direkt nach Hause gegangen, anstatt sich noch weiteren Quälereien auszusetzen. Doch zu Hause gab es auch nichts, was sie tun konnte. Ihre Großmutter saß unten und brachte sich selbst das Stricken bei, und Robin war bis zum Wochenende in der Universität. Blieb nur noch Molly.
Jessie hasste sie, auch wenn Hass ein sehr starkes Wort war, wie der Kommandeur gerne sagte. Jessie hasste die Art, wie ihr Vater Molly ansah. So als ob er gar nicht genug von ihr bekommen konnte. Und sie hasste es, wie Molly mit allen anderen, außer ihr, klarkam. Sogar der Vogel sprach mit Molly, und dieser blöde Vogel sprach sonst nur mit Personen, die er mochte. Für Jessie gab es überhaupt keinen Grund, Molly zu mögen.
Sie zog ein Papiertuch aus der Schachtel neben ihrem Bett und wischte sich, wohl wissend, dass sie ihre Wimperntusche verschmieren würde, damit über die Augen. Ganz tief in ihrem Inneren wusste Jessie sehr wohl, dass sie gemein zu ihrer Halbschwester war und dass sie ihrer Schwester und der Großmutter damit einen Grund lieferte, sauer auf sie zu sein und mit ihr zu schimpfen. Doch das war ihr egal. Nichts lief so, wie es sollte.
Sie warf sich aufs Bett, da läutete es an der Tür.
„Seth!“ Jessie sprang auf, weil sie sich nicht vorstellen konnte, wer sonst zu Besuch kommen konnte. Erfreut ihn zu sehen, riss sie die Tür ihres Zimmers auf und stürmte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter. Sie brauchte einen Freund, und sie brauchte ihn jetzt.
Sie öffnete schwungvoll die Haustür und sah sich plötzlich einem Fremden gegenüber. „Oh … äh.“
Wenn der Kommandeur herausfinden würde, dass sie die Tür geöffnet hatte, ohne vorher zu fragen, wer da war, würde sie ihr den Stock überziehen. Ohne groß zu überlegen, schlug Jessie die Tür deshalb gleich wieder zu.
Da läutete es noch einmal.
„Wer ist da?“, fragte Jessie.
„Daniel Hunter“, rief der Fremde durch die geschlossene Tür.
Jessie kannte niemanden mit diesem Namen, was bedeutete, dass er immer noch ein Fremder war. Sie blickte sich um und stellte fest, dass weder Molly noch ihre Großmutter herunterkamen, um nachzusehen, wer an der Tür war.
„Ich bin ein Freund von Molly“, sagte er laut.
Gut, das ändert alles, dachte Jessie und öffnete die Tür. „Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?“
„Du hast mir die Tür vor der Nase zugeschlagen, bevor ich die Chance dazu hatte.“ Hunter steckte die Hände in die Hosentaschen seiner Jeans und grinste.
In Jessies Magen kribbelte es, als ob der heißeste Junge der Schule ihr zugewinkt hatte, als sie an ihm vorbeilief. Da sie nicht wusste, was sie sagen sollte, musterte sie ihn erst einmal von oben bis unten. Er trug eine schwarze Lederjacke und dunkle Jeans, und hinter ihm, auf der Straße, parkte ein Motorrad. Cool. Sie kannte niemanden, der ein Motorrad fuhr.
Er betrachtete auch sie genau und so lange, bis sie unruhig von einem Fuß auf den anderen trat. Seine Augen hatten eine goldene Farbe, und er war echt süß für einen älteren Kerl. Nicht nur süß. Scharf!
„Ist Molly da?“, fragte er schließlich, und die Schmetterlinge in Jessies Bauch lösten sich in Luft auf.
Molly. Jessie hatte total vergessen, weshalb er hier war. Am Ende ging es immer um Molly. „Ja“, murmelte sie, nicht besonders begeistert davon, dass dieser süße Typ ihre Halbschwester sehen wollte.
Sie drehte sich um und rief in Richtung Treppe: „Hey Molly, da ist so ein alter Kerl, der dich sehen will.“ Jessie brüllte es laut heraus, weil sie beim Hinuntergehen gesehen hatte, dass die Tür des Gästezimmers geschlossen war. Jessie weigerte sich, dieses Zimmer als Mollys Zimmer zu bezeichnen. Sie konnte schließlich nicht für immer dortbleiben. Jedenfalls hoffte Jessie das.
„Alt?“ Daniel Hunter begann zu lachen.
Jessies Wangen röteten sich. „Älter als ich“, sagte sie verlegen.
Endlich erklangen Mollys Schritte oben im Treppenhaus. „Wer ist es?“, fragte sie.
„Jemand namens Daniel, der eine Lederjacke trägt und eine
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