Fang schon mal ohne mich an - Phillips, C: Fang schon mal ohne mich an
Hunter würden so bald wie möglich noch einmal über diese Sache reden müssen.
„Oh, und was das Motel, das Sie erwähnten, angeht …“ Ednas Stimme riss Molly aus den Gedanken. „… das wird nicht nötig sein. Wir haben ein perfektes Gästebett für Sie.“
Molly versuchte vergeblich, einen Blickkontakt mit ihrer Großmutter herzustellen. Doch genau wie Hunter schien diese es absichtlich zu vermeiden, Molly anzusehen. Im Fall des Kommandeurs bedeutete so ein Verhalten, dass sie einen Hintergedanken hatte, als sie Hunter zum Bleiben aufforderte. Molly hatte bis dahin nicht geahnt, dass Kuppelei auch zu den Vorlieben ihrer Großmutter gehörte. Dieser Tag steckte voller Überraschungen.
Sie versuchte die Einmischungen dieser Frau zu unterbinden. „Hunter braucht einen Ort, wo er sich ausbreiten und arbeiten kann. Außerdem wissen wir gar nicht, wie lange er in der Stadt bleiben muss. Es kann leicht Wochen oder Monate dauern, je nachdem, wie lange diese Farce noch andauert. Ich bin sicher, dass es für ihn in einem Motel bequemer ist.“
„Blödsinn.“ Der Kommandeur klopfte energisch mit ihrem Stock auf den Boden. „Genau deswegen soll er ja hierbleiben. Die Ausziehcouch steht im Arbeitszimmer deines Vaters. Hunter hätte dort einen perfekten Platz, wo er arbeiten könnte, ohne hin- und herzuziehen.“
„Das Motel ist nur fünf Minuten von hier entfernt“, sagte Molly mit zusammengebissenen Zähnen.
Sie hasste es, eine Schwäche zugeben zu müssen, dennoch flehte sie Hunter wortlos mit Blicken an, ihr zu helfen. Sie standen nicht gerade in einem freundschaftlichen Verhältnis zueinander. Wenn er in diesem Haus wohnen würde, bedeutete das zu viel Stress für ihre ohnehin angespannte Gefühlslage. Er konnte unmöglich hier wohnen wollen.
Hunter räusperte sich geräuschvoll. „Ich würde den General nicht aus seinem Arbeitszimmer ausschließen wollen.“
„Er ist immer noch im Gefängnis“, warf der Kommandeur ein. „Können Sie sich das vorstellen? Dieser Schwachkopf – ich meine seinen Anwalt. Dieser Schwachkopf war nicht in der Lage, ihn dort herauszuholen.“
Hunter zuckte zusammen. Offensichtlich hatte er noch nicht realisiert, wie düster es tatsächlich aussah, dachte Molly. Gut, dann wusste er es jetzt. Nun würde er gleich zum Motel hinübergehen und an einer Strategie arbeiten wollen.
„Das werden wir morgen gleich als Erstes richtigstellen“, versprach er Mollys Großmutter. „Und weil ich eine Menge Fragen habe, auf die ich dringend eine Antwort benötige, bevor ich ihm eine Anhörung verschaffe, ist es vielleicht wirklich das Beste, wenn ich hierbleibe.“
„Wunderbar“, sagte der Kommandeur. „Molly, ist das nicht wunderbar?“
„Einfach großartig.“ Molly war überrascht, dass ihre Großmutter nicht in die Hände klatschte vor Freude.
4. KAPITEL
D afür, dass Hunter nicht zu Hause war und die Nacht unter einem Dach mit Molly auf einer Liege verbracht hatte, hatte er ziemlich gut geschlafen. Das Erste, was er an diesem Tag zu tun hatte, war, seinen Klienten aus dem Gefängnis zu holen. Er hatte nicht gewusst, dass Mollys Vater immer noch hinter Gittern saß. Das durfte auf keinen Fall akzeptiert werden. Er war früh aufgestanden und hatte eine Liste von Fragen aufgestellt, die er mit dem General besprechen musste, sobald er ihn traf. Er hatte seiner Kanzlei die Nachricht hinterlassen, man möge den zuständigen Staatsanwalt bitten, Kopien sämtlicher Unterlagen so schnell wie möglich zu faxen. Hunters erster Termin sollte an diesem Tag im Landesgefängnis stattfinden.
Das Geräusch aufgeplusterter Federn erregte seine Aufmerksamkeit. Hunter ging zu dem Vogelkäfig, der mit einem Tuch bedeckt war. Edna hatte ihn angewiesen, den Vogel während der Nacht auf keinen Fall zu stören, weil Aras zwölf Stunden Schlaf brauchten. Doch die Sonne war inzwischen aufgegangen und Hunter neugierig auf seinen Zimmernachbarn. Er nahm das Tuch ab. Der Vogel öffnete ein Auge, aber er sprach nicht.
„Bleib dabei. Dann werden wir gut miteinander auskommen“, riet Hunter dem Papagei.
Ohne Vorwarnung breitete der Vogel seine blauen Federn aus und überraschte Hunter mit dem Geräusch und der Spannweite seiner Flügel. „Rock ’n’ Roll“, sagte er.
„Kein schlechter erster Satz.“ Hunter lachte und nahm sein Handy aus der Tasche. Er hatte Ty seine Pläne noch nicht mitgeteilt. Dabei war es höchste Zeit, die Reaktion seines Freundes zu testen.
Er wählte Tys Nummer. Sein
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