Fang schon mal ohne mich an - Phillips, C: Fang schon mal ohne mich an
Wir müssen arbeiten.“ Er wollte nicht noch mehr Zeit mit einer verlorenen Sache verschwenden.
Ich habe dich gestern Nacht geliebt, hatte sie gesagt. Den Teufel hatte sie, dachte er. Es gab keine Liebe ohne Vertrauen, und er sollte sich bei ihr dafür bedanken, dass sie ihn rechtzeitig aufgeweckt hatte.
Hunter ging zu Pauls Schreibtisch, wo er sich auf den Inhalt der Schubladen konzentrierte. Molly war gezwungen, ohne seine Anleitung weiterzusuchen.
Es gab nichts mehr zu sagen, und sie schien das zu begreifen, weil sie sich nun alleine in dem Raum umsah, dessen Wände mit Bücherregalen und Familienfotos vollgestellt waren.
Offensichtlich hatte Sonya, sobald die Polizei ihre Erlaubnis dazu gegeben hatte, das Büro aufgeräumt und die kaputten Dinge, die Paul zerbrochen hatte, ersetzt.
„Wonach suchen wir eigentlich genau?“, fragte Molly.
„Ich bin nicht sicher.“ Hunter schob eine Schublade zu und öffnete die nächste. „Ich werde es wissen, wenn ich es gefunden habe.“
„Das ist eine hilfreiche Antwort.“ Sie nahm Bücher aus den Regalen, blätterte durch die Seiten und stellte sie wieder zurück. „Ich denke, wir müssen herausfinden, was Paul mit dem Geld gemacht hat. Richtig? Weil die Polizei es nicht weiß und es ihr auch egal zu sein scheint.“
Er wühlte in den Papieren und Rechnungen auf dem Schreibtisch. Sie hatte recht, und ihre Frage war nur rhetorisch gemeint. Deshalb entschied er sich, nicht darauf zu antworten.
„Die Spur des Geldes könnte uns zu dem echten Mörder führen …“ Sie fuhr trotz seines Schweigens fort, zu reden.
Er beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Sie hatte sich in einen Sessel am anderen Ende des Raumes fallen lassen und durchsuchte eine Schüssel mit Streichholzschachteln nach einem Hinweis. Obwohl er es ihr jetzt nicht sagen würde, besaß Molly einen guten Instinkt. Die Streichholzbriefchen könnten Hinweise auf Plätze liefern, die Paul regelmäßig besucht hatte.
„Meine Mutter hat die Streichholzschachteln aller teuren Restaurants, die sie in den letzten Jahren besucht hat, gesammelt“, erklärte sie laut.
Hunter biss die Zähne zusammen und ergab sich ihrem Geplapper. Er wusste, dass sie hoffte, ihn in eine Unterhaltung ziehen zu können, um sich zu vergewissern, dass ihr Streit beigelegt war. Er war aber nicht bereit, ihr zu vergeben.
„Als ich jünger war, habe ich die Streichholzschachteln genommen und mir vorzustellen versucht, ich sei meine Mutter.“ Sie schloss ihre Augen und lehnte sich gedankenverloren im Sessel zurück. „Zuerst stellte ich mir vor, dass meine Mutter mich in all diese feinen Restaurants, Hotels und Wellnessoasen mitnehmen und mich ihren Freunden vorstellen würde. Später träumte ich stattdessen davon, dass mich ein netter, reicher Prinz mitnehmen würde.“
Sie leckte sich mit ihrer Zunge über die Lippen, die er geküsst hatte. Lippen, die ihn gleichzeitig verlockten, erregten und frustrierten.
„Aber als ich alt genug wurde, meine Mutter so zu sehen, wie sie wirklich ist, beschloss ich, entweder selbst wohlhabend genug zu werden, um mir diese luxuriösen Sachen leisten zu können oder erst gar nicht dorthin zu gehen. Jedenfalls wollte ich niemals so von Männern abhängig sein wie meine Mutter.“ Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihren Mund, bevor sie die Augen öffnete und, erschrocken darüber, dass er sie anstarrte, auf der Stelle errötete.
„Entschuldigung. Ich bin wohl vom Thema abgekommen.“ Sie blickte zu Boden und begann erneut die Streichholzbriefchen zu durchwühlen, die ihren Ausflug in die Vergangenheit verursacht hatten.
Noch vor wenigen Sekunden hatte er sich geärgert und verletzt gefühlt. Doch jetzt war er dankbar für diese plötzlichen Einsichten. Er stellte sich Molly als kleines Mädchen vor, das sich nach der Liebe seiner Mutter sehnte und sich wünschte, dass sie der wunderschönen Frau in den schicken Klamotten, die sich mehr um ihren Lifestyle als um ihre Tochter sorgte, etwas bedeutete. Er wollte sie in den Arm nehmen und ihr versprechen, dass niemand sie jemals wieder verletzen würde, aber er spürte auch immer noch einen unterschwelligen Unmut gegen sie.
Hunter räusperte sich geräuschvoll, und Molly blickte ihn an. Ihre Lügen und der Mangel an Vertrauen lösten sich angesichts der Anziehung und des Verlangens, das sie immer noch füreinander empfanden, in Luft auf. Er konnte nicht verbergen, wie sehr er sie immer noch begehrte.
Doch er konnte auch nicht vergessen, wie
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