Fang schon mal ohne mich an - Phillips, C: Fang schon mal ohne mich an
lächerliche Befragung.“
„Warum? Warum ist die Frage, ob ihr Ehemann ebenfalls ihr bester Freund war, lächerlich?“, fragte Hunter und betrachtete sie missbilligend wegen ihrer überzogenen Reaktion.
„Weil sie gerade zugegeben hat, dass er sie misshandelt hat“, zischte Molly.
„Liebesbeziehungen wirken nicht immer logisch auf die Außenwelt.“ Hunter bezog sich mehr auf Sonya und Frank als auf Paul und Sonya. Er hatte keinen Zweifel daran, dass Sonyas Ehe schon seit langer Zeit in Schwierigkeiten gesteckt hatte. Er hatte sie nur gefragt, ob Paul ihr bester Freund war, um den Unterschied zwischen dieser und ihrer Beziehung zu Frank herauszubekommen. Er wandte sich noch einmal an Sonya. „Es kommt mir merkwürdig vor, dass Sie sich in dieser Situation an Frank gewendet haben und nicht an eine Ihrer Freundinnen.“
Molly stöhnte. Ihre Enttäuschung über ihn war offensichtlich.
Zwischen Mollys Frustration und Sonyas Schweigsamkeit spürte Hunter, dass er beiden ein bisschen zu nahe getreten war. Zuerst hatte Hunter nur Fragen gestellt, die möglicherweise auch vor Gericht gestellt würden. Und nun, so spürte er, war er auf eine ernste Sache gestoßen.
„Du beleidigst eine Frau, die gerade ihren Mann verloren hat.“ Molly stand hinter Sonya und verteidigte sie.
„Und du, liebe Anwältin, hast zu wenig Abstand in dieser Situation, um die Dinge klar zu sehen.“ Es war seine Absicht, Molly an ihre Professionalität zu erinnern und daran, dass sie hier nicht als Familienmitglied agierte. Als Juristin wusste sie genau, worum es ging. Sie hatte ihn angeheuert, damit er sein Bestes tat, und das bedeutete, dass er einschätzen musste, wer ihm bei der Verteidigung seines Mandanten im Weg sein könnte.
„Großer Gott, hören Sie auf, sich meinetwegen zu streiten.“ Sonya erhob sich. „Es gibt eine einfache Erklärung. Die gibt es tatsächlich. Ich habe Frank deshalb in dieser Nacht angerufen, weil er der Einzige ist, der wusste, dass Paul mich schon vorher geschlagen hatte.“ Sonya begann, vor ihrem Sessel auf und ab zu gehen.
Molly blieb still und vermied es, Hunters Blick zu erwidern.
Sonya schüttelte den Kopf. „Sehen Sie, deshalb war er der Einzige, den ich anrufen konnte, als es wieder geschah.“
Aber sie hatte auch gesagt, dass Frank ihr bester Freund ist, dachte Hunter, dem diese Worte nicht mehr aus dem Kopf gingen. Nur wenige verheiratete Männer oder Frauen würden diesen Begriff verwenden, um eine Beziehung zu einem Menschen des anderen Geschlechts, der nicht ihr Ehepartner war, zu beschreiben. Und bis zur Ermordung ihres Ehemannes war Sonya verheiratet. Was die Frage aufwarf, ob Sonya und der General mehr als nur Freunde waren.
Bereits bei seinem ersten Treffen mit dem General hatte Hunter bemerkt, dass er Pauls Witwe beschützen wollte. Könnte Frank seinen Partner getötet haben, weil dieser Sonya erneut geschlagen hatte? Und was genau war zwischen diesem Ehepaar vorgefallen?
„Wie hat Frank reagiert, als er herausfand, dass Paul Sie geschlagen hatte?“, fragte Hunter vorsichtig. Er wollte nicht riskieren, Sonya so weit zu reizen, dass sie die Befragung abbrach.
Hunter war auch ganz und gar nicht begeistert von Mollys Verteidigungshaltung. Er fragte sich, ob sie etwas über Franks und Sonyas Verhältnis wusste, das er nicht wusste.
Sonya zuckte mit den Achseln. „Frank war wütend, als er die roten Spuren auf meinem Gesicht sah. Genauso wütend, wie er war, als er erfuhr, dass Paul ihm Geld gestohlen und alles verloren hatte, was sie besaßen. Aber er war nicht wütend genug, um ihn umzubringen. Frank kann keiner Fliege etwas …“ Ihre Stimme versagte erneut.
Hunter wusste, dass sie nicht sagen konnte, dass er keiner Fliege etwas zuleide tun konnte, weil General Frank Addams Soldat war. Vom Scheitel bis zur Sohle.
Er war im Krieg gewesen.
Er hatte schon einmal getötet.
„Die Armee ist etwas anderes“, beeilte sich Sonya zu sagen.
Molly stimmte mit ein. „Das finde ich auch.“
Hunter hatte nicht vor, sich mit ihnen zu streiten. Jedenfalls nicht in diesem Augenblick. In seinem Kopf türmten sich Informationen und Meinungen, die er erst einmal ordnen musste.
In diesem Moment läutete Sonyas Telefon. „Entschuldigen Sie mich bitte.“ Sie hob den Hörer ab. „Hallo?“, fragte sie und lauschte der Stimme am anderen Ende der Leitung. „Ja, hallo.“ Sie lächelte ein volles weibliches Lächeln, bevor sie sich von Hunter und Molly abwandte, damit sie besser
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