Fangjagd
einem Punkt hatte er recht behalten: Newman war in Bern aufgekreuzt. Er machte sich nur Gedanken über das Telefongespräch, das er zuvor mit Chefinspektor Tripet geführt hatte. Newman hatte keinerlei Reaktion auf das wie nebenbei erwähnte Wort
Terminal
erkennen lassen. War es möglich, daß der Engländer aus einem ganz anderen Grund nach Bern gekommen war?
Jedenfalls kannte Beck Newman gut genug, um zu wissen, daß der Engländer Bern nicht besuchte, um hier einfach Urlaub zu machen. Newman ging völlig in seiner Arbeit auf, er war immer auf der Suche nach einer neuen Story.
Wirkliche Sorgen machte Beck jedoch nur, daß Foley noch nicht aufgetaucht war. Oder musste es richtig heißen, daß er
verschwunden
war? Beck war sich darüber im klaren, daß, falls die beiden Kriminalbeamten Lee Foley übersehen hatten, in den Straßen seiner Stadt ein reißender Wolf unterwegs war.
Er beschloss, New York anzurufen.
Foley nahm den Hörer nach dem zweiten Klingeln ab. Er hielt ihn ans Ohr, ohne sich zu melden, und wartete. Die Stimme am anderen Ende klang ungeduldig.
„Ist dort Mr. Lee Foley?“
„Am Apparat. Ich bin in Position. Hören Sie, den ersten Schritt müssen Sie tun. Sie müssen die fragliche Einrichtung besuchen. Stellen Sie fest, was dort gespielt wird. Melden Sie sich dann bitte so rasch wie möglich bei mir? Nein, hören Sie bitte zu! Prüfen Sie die Sicherheitsvorkehrungen in der bewussten Einrichtung. Jede Kleinigkeit ist wichtig. Ich kann erst aktiv werden, wenn ich Tatsachen in der Hand habe. Aber dann schlage ich gewaltig Krach. Wie Sie wissen, ist das meine Spezialität…“
Foley legte den Hörer auf und trat ans Fenster, das auf eine schmale Gasse hinaus führte. Wenn jemand den Auftrag gehabt hätte, das Hotel Savoy zu überwachen, hätte er sich dort aufgehalten. Aber die Gasse war menschenleer.
Newman legte den Hörer auf, als Nancy die kleine Diele betrat, die Tür hinter sich schloss und ins Zimmer kam. Ihr Gesichtsausdruck war nachdenklich.
„Mit wem hast du eben gesprochen, Bob?“
„Ich wollte mir beim Zimmerservice eine Flasche Mineralwasser bestellen. Du weißt ja, wie durstig ich nachts oft bin. Leider hat sich niemand gemeldet, aber ich versuch’s gleich nochmal.“ Er machte eine Pause. „Übrigens hast du mir das Parfüm, das du kurz vor unserer Abreise aus Genf noch unbedingt kaufen mußtest, noch gar nicht gezeigt.“
„Voilá!“
Nancy holte den Flakon aus ihrer Handtasche. „Du hättest ruhig merken dürfen, daß ich es schon im Zug getragen habe… Ist unser Zimmer nicht wunderbar?“
Sie hatten Zimmer 428 im Bellevue Palace, ein großer, behaglich möblierter Raum mit bequemen Sesseln und einem Schreibtisch, an dem Newman arbeiten konnte. Zwei breite Einzelbetten waren zusammen geschoben worden, so daß ein Doppelbett entstanden war. Nancy ließ sich auf eines der Betten fallen und hopste lachend darauf herum.
„Einfach herrlich, Bob! Hier könnte ich’s wochenlang aushalten …“
„Vielleicht bleiben wir ein paar Wochen hier. Hast du die Aussicht schon richtig bewundert? Schließlich heißt das Hotel nicht umsonst ‚Bellevue Palace‘.“
Newman öffnete die altmodischen Doppelfenster. Kühle Luft strömte in das leicht überheizte Zimmer. Nancy kuschelte sich an ihn, als er ihr einen Arm um die Taille legte, während er mit der freien Hand aus dem Fenster zeigte.
„Der schneebedeckte Hügel jenseits der Aare ist der Bantiger Hubel“, erklärte Newman ihr. „Er ist die höchste Erhebung des Berner Mittellands und meiner Erinnerung nach rund neunhundertfünfzig Meter hoch. Wenn dieser Dunst nicht wäre, würdest du dort drüben das Berner Oberland mit dem phantastischen Panorama der Berner Alpen sehen.“ Sein Tonfall wurde plötzlich geschäftsmäßig. „Heute Nachmittag miete ich gleich nebenan einen Wagen. Wir fahren zur Klinik Bern am Thunersee…“
„Einfach so?“ Nancy schien als Medizinerin Bedenken zu haben. „Bob, ich hielte es für besser, wenn wir unseren Besuch bei Jesse telefonisch ankündigten.“
„Kommt nicht in Frage! Wir schneien unangemeldet herein.
Du bist nicht nur seine Enkelin, sondern auch als Ärztin an seinem Zustand interessiert. Zu zweit können sie uns nicht ab wimmeln, vielleicht ertappen wir sie bei irgendwelchen krummen Touren…“
„Hältst du das wirklich für eine gute Idee?“
„Die Sache ist einen Versuch wert. Wir beeilen uns mit dem Mittagessen und fahren los, bevor unsere Ankunft weiter gemeldet
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