Fangjagd
wird. Vergiss nicht, daß diese verdammte Nachricht in der Zeitung einige Leute aufgeschreckt haben dürfte.“
„Augenblick, ich will mich nur noch ein bißchen zurechtmachen.“ Sie ließ Newman am Fenster stehen und setzte sich an den Toilettentisch. „Ist dir der Engländer aufgefallen, der sein Anmeldeformular ausgefüllt hat, als du am Empfang gewartet hast? Von meinem Platz auf dem Sofa aus hab’ ich gesehen, daß er sich umgedreht und dich angestarrt hat.“
„Wahrscheinlich hat er sich an mein Photo in der Zeitung erinnert…“
Newmans Tonfall ließ erkennen, daß er diesem Vorfall keine große Bedeutung beizumessen schien. Aber er kannte den Hotelgast, von dem Nancy sprach. Er wusste sogar, wie dieser Mann hieß, aber er hatte dieser zufälligen Begegnung keine weitere Bedeutung beigemessen – bis Nancy ihn darauf aufmerksam gemacht hatte.
Er hatte geduldig gewartet, während der andere das Anmeldeformular ausfüllte, ohne sich dabei von der freundlichen jungen Dame am Empfang helfen zu lassen.
Der schlanke, sportliche Mann mit dem kurz geschnittenen Schnurrbart hatte einen halblangen Kamelhaarmantel getragen. Newman hatte ihn auf Anfang Dreißig geschätzt.
„Ich lasse Ihren Koffer gleich hinauf bringen, Mr. Mason“, hatte die Empfangsdame ihm erklärt, als sie ihm seinen Reisepaß zurückgab.
„Danke“, hatte Mason geantwortet und seinen Pass sowie die kleine Hotelbroschüre eingesteckt, bevor er sich nach dem Pagen umgedreht hatte.
Newman erinnerte sich jetzt daran, daß Mason ihm einen raschen, prüfenden Blick zugeworfen hatte, bevor er zum Aufzug gegangen war. Er runzelte die Stirn, und Nancy, die ihn im Spiegel beobachtete, während sie sich die Haare bürstete, zog die Augenbrauen hoch.
„Was ist mit diesem Mann? Kennst du ihn?“
„Nein, ich hab’ ihn heute zum ersten mal gesehen. Bist du fertig? Wir müssen uns mit dem Mittagessen beeilen. Ich muss den Wagen erst noch mieten, und die Fahrt nach Thun dauert auch mindestens eine halbe Stunde.“
„Wie hast du so schnell raus gekriegt, wo die nächste Leihwagenfirma ist?“
„Ich habe den Portier gefragt, als du deinen Rundgang durch die Hotelhalle gemacht hast.“ Newman machte eine Pause.
„Heute Nachmittag findet hier im Bellevue übrigens eine Modeschau statt…“
„Und in ein paar Tagen ein Cocktailempfang anlässlich eines Ärztekongresses…“
„Was willst du damit sagen?“ fragte er, weil er sich ihren Unterton nicht erklären konnte.
„Nichts!“ behauptete Nancy. „Komm, laß uns essen gehen.“
Mason saß in seinem Hotelzimmer auf der Bettkante, hielt den Telefonhörer in der Hand und wählte die Nummer von Tweeds Nebenstelle. Er war jedesmal wieder von der Geschwindigkeit beeindruckt, mit dem das europäische Selbstwählsystem funktionierte – jedenfalls in Schweden, Deutschland oder der Schweiz.
„Ja?“ sagte Tweeds Stimme. „Wer ist am Apparat?“
„Mason. Wie ist das Wetter bei Ihnen? Wir haben hier acht Grad…“
„In London sind’s neun …“ Damit waren sie nicht nur eindeutig identifiziert, sondern Mason wußte auch, daß Tweed allein war und offen sprechen konnte, ohne daß Howard hinter ihm stand und mithörte.
„Ich bin jetzt im Bellevue Palace“, berichtete Mason knapp.
„Heute Vormittag war ich in Zürich, um Auskünfte über Grange einzuholen.“
„Bitte weiter!“
„Ich habe einiges über diesen Mann zusammengetragen.
Aber das war nicht einfach, denn die Schweizer Ärzte werden auffällig wortkarg, wenn sein Name fällt. Aber ich habe einen in Zürich praktizierenden amerikanischen Mediziner gefunden, der zu vertraulichen Auskünften bereit gewesen ist. Unser Mann ist hierzulande wirklich eine sehr einflussreiche Persönlichkeit. Soll ich Ihnen rasch durchgeben, was ich erfahren habe?“
„Nein, nicht am Telefon“, wehrte Tweed rasch ab, weil er wusste, daß dieses Gespräch über die Hotelvermittlung lief.
„Ich stoße bald selbst zu Ihnen. Setzen Sie Ihre Ermittlungen diskret fort. Aber denken Sie daran, einen weiten Bogen um die englische Botschaft zu machen …“
„Noch etwas, Sir“, fügte Mason hinzu. „Es hat zwar vermutlich nichts mit unserem Fall zu tun – aber Robert Newman, der bekannte Journalist, wohnt auch hier im Hotel.
Er ist unmittelbar nach mir angekommen. Er und seine sehr hübsche Frau. Ich hab’ gar nicht gewusst, daß er verheiratet ist.“
„Wahrscheinlich ist er das gar nicht. Sie kennen ja das unkonventionelle Leben, das
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