Fangjagd
konnte. Möchtest du die Aufnahmen sehen?“
„Wunderbar, was du in der kurzen Zeit geschafft hast, Blanche! Ich bin dir sehr dankbar!“
„Wer einen Suchdienst betreibt, muss ein bisschen flink sein.
Die Auftraggeber wollen rasch Ergebnisse sehen. Dann empfehlen sie einen an andere Klienten weiter – und so wächst der Kundenkreis von selbst. Hier sind die Aufnahmen…“
Newman betrachtete das erste Hochglanzphoto. Es zeigte das Heck eines Mercedes mit deutlich sichtbarem Kennzeichen, der Wagen, der sie auf der Autobahn beinahe unter das Räumfahrzeug gedrängt hätte. Vielleicht konnte der arme kleine Nagy sich auf diese Weise noch aus dem Grab an seinen Mördern rächen! Newman verzog keine Miene, während er sich die zweite Aufnahme ansah. Bruno Kobler. Daran war kein Zweifel möglich.
„Toll, daß du die Bilder so schnell bekommen hast“, sagte er anerkennend.
„Stets gern zu Diensten – in jeder Beziehung“, versicherte Blanche ihm lächelnd. „Taugt die dritte Aufnahme auch was?“
Newman hatte das Gefühl, einen Schlag in die Magengrube zu bekommen, als er das dritte Photo in die Hand nahm. Er erkannte das Gebäude im Hintergrund. Bruno Kobler erwies sich erneut als sehr photogen. Aber der Anblick des Mannes, mit dem er sprach, versetzte Newman einen Schock, ließ ihn fast schwindlig werden und bewog ihn, alles aus einem neuen, äußerst beunruhigenden Blickwinkel zu sehen. Der Mann war Arthur Beck.
16
Newman begegnete „Tommy“ Mason – stieß buchstäblich mit ihm zusammen, als er, aus der Junkerngasse kommend, die Hotelbar im Bellevue Palace betrat. Es war Punkt 23 Uhr.
Mason wandte sich mit einem Glas Whisky in der Hand von der Theke ab, stolperte und kippte Newman seinen Drink über die Jacke. Newman beherrschte sich erstaunlich gut: Er grinste achselzuckend.
„Oh, das tut mir aber leid! Ober, geben Sie mir ein feuchtes Tuch! Schnell!“
„Schon gut, schon gut, bemühen Sie sich nicht …“
„Verdammt unvorsichtig von mir! Hören Sie, dafür lade ich Sie wenigstens zu einem Drink ein. Wie wär’s mit einem doppelten Scotch?“
„Danke, gern.“
Newman nahm sein Glas und ging zu dem Ecktisch voraus, an dem er am frühen Abend mit Blanche gesessen hatte. Selbst um diese Zeit herrschte an der Theke noch ziemliches Gedränge. Er nahm mit dem Rücken zur Wand Platz, hob sein Glas und trank seinem Landsmann zu, der ihm gegenübersaß.
„Captain Tommy Mason“, stellte der andere sich vor. „Den Spitznamen ‚Tommy‘ haben sie mir in der Army angehängt, und ich bin ihn nie mehr losgeworden.“
„Bob Newman – ohne Spitznamen …“
„Hören Sie, sind Sie etwa
der
Robert Newman? Der den Fall Krüger gelöst hat? Sie kamen mir gleich irgendwie bekannt vor. Ich bin in der Marktforschung tätig. Mein gegenwärtiger Auftrag ist so gut wie erledigt“ Mason lächelte. „Ich hab’s allerdings nicht sonderlich eilig – mir gefällt dieses Hotel.
Prachtvoll, nicht wahr?“
Newman nickte zustimmend, während er Mason studierte.
Militärisches Auftreten. Anfang Dreißig. Schmaler Schnurrbart. Gute Körperhaltung. Wache, intelligente Augen, die nicht recht zum Bild des Mannes paßten, der es nicht weiter als bis zum Captain gebracht haben wollte. Mason plauderte weiter.
„Hier reden alle von dem armen Teufel, der heute Abend von dem Platz am Dom … nein, am Münster gesprungen ist. Soviel ich gehört habe, soll er platt wie eine Flunder auf einem Autodach liegengeblieben sein …“
„Wer sagt, daß er von der Plattform gesprungen ist?“
Mason senkte die Stimme. „Glauben Sie, daß jemand nachgeholfen haben könnte?“
„Das ist nie auszuschließen …“
„Na, ich muß schon sagen! Ich bin heute selbst dort oben gewesen. Bei einem Blick über die Mauer sind mir die Knie weich geworden, kann ich Ihnen sagen! Der reinste Abgrund! Und das ausgerechnet in Bern …“
„Bern wird allmählich fast so gefährlich wie Beirut“, behauptete Newman und trank seinen Whisky aus. „Danke. Er schmeckt doch besser, wenn man ihn trinkt.“
„Sie glauben also, daß Bern ein gefährliches Pflaster wird? Daß man sich nachts vorsehen muß, wenn man durch dunkle Gassen geht? Hier gibt’s schließlich überall dunkle Gäßchen.“
„So ähnlich könnte man’s ausdrücken. Sie sind wegen eines Projekts hier?“ sondierte Newman.
„Ja, wir führen eine Untersuchung über die Betriebsformen und Methoden Schweizer Kliniken durch. Die Schweizer haben auf diesem Gebiet einen
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