Fangjagd
amüsant.“ Sie machte eine Pause. „Um welche Zeit sind wir morgen mit Dr. Novak verabredet?“
„
Wir
sind überhaupt nicht mit ihm verabredet. Ich fahre allein hin. Er packt bestimmt nicht aus, wenn du daneben sitzt.
Außerdem scheint Thun ein gefährliches Pflaster zu werden.
Oder hast du schon vergessen, was auf der Autobahn passiert ist?“
„Nein, natürlich nicht!“ brach es aus Nancy hervor. „Gerade darum hättest du versuchen können, heute abend etwas früher zurückzukommen, um mit mir zu essen. Ich habe Gesellschaft gebraucht. Und ich habe sie gehabt!“ fügte sie aufgebracht hinzu. „Du bist schließlich nicht der einzige Mann…“
Das Telefon läutete. Newman sah zu Nancy hinüber, die mit den Schultern zuckte. Dabei fiel ihm plötzlich auf, daß sie ein Kleid trug, das er noch nie an ihr gesehen hatte. Das Telefon klingelte nochmals. Newman griff nach dem Hörer und meldete sich mißmutig.
„Ein Herr Seidler möchte Sie sprechen“, teilte ihm die Telefonistin mit.
„Newman, wir müssen uns unbedingt morgen abend treffen.
Ich rufe Sie am Spätnachmittag an und nenne Ihnen den Treffpunkt und die Zeit…“
Trotzig. Anmaßend. Hochmütig. Aber sprach aus Seidlers Stimme nicht auch Verzweiflung? Newman klemmte den Hörer zwischen Schulter und Wange, um sich eine Zigarette anzuzünden.
„Newman? Sind Sie noch da?“
„Ja, ich bin noch da“, antwortete der Engländer gelassen.
„Morgen können wir uns unmöglich treffen.“
„Dann treffen wir uns eben gar nicht! Haben Sie das verstanden? Andere Leute zahlen mir ein Vermögen für die Informationen, die ich besitze…“
„Dann verkaufen Sie sie am besten an diese anderen Leute.“
„Newman, es hat bereits
Tote
gegeben! Das habe ich Ihnen schon einmal erzählt. Ist Ihnen das etwa egal?“
„Hören Sie mir gut zu, Seidler. Wir können uns frühestens in drei Tagen treffen. Das ist mein letztes Angebot. Und ich muss den Treffpunkt im voraus erfahren.“
„Haben Sie ein Auto?“
„Ich könnte mir eines leihen“. Newman hielt sich an die Regel, einem völlig Unbekannten keinerlei Informationen zu geben – und erst recht nicht am Telefon. „Und wenn Sie jetzt nicht bald zur Sache kommen, lege ich auf…“
„Nein, das dürfen Sie nicht. Bitte! Newman, ich rufe Sie morgen um siebzehn Uhr an. Nein, nicht morgen. Um siebzehn Uhr an dem Tag, an dem wir uns treffen. Sie müssen ein Auto haben. Einzelheiten unseres Treffens kann ich nicht am Telefon mit Ihnen besprechen. Das wäre zu gefährlich – für Sie wie für mich.“
„Um siebzehn Uhr an dem Tag, an dem wir uns treffen werden.
Gute Nacht!“
Newman legte auf, bevor der Anrufer etwas hinzufügen konnte. Er streifte die Asche von seiner Zigarette, ließ sich in den nächsten Sessel fallen und lächelte Nancy zu, die ihn aufmerksam beobachtete.
„Du hast ihn ziemlich unfreundlich behandelt“, stellte sie fest.
„In einer derartigen Situation setzt sich immer einer der Beteiligten durch und kann den anderen unter Druck setzen.
Bei unserem Treffen bekomme ich erheblich mehr aus ihm heraus, wenn er seine Lage für ausweglos hält. Ich glaube, daß Seidler schon fast so weit ist. Aus irgendeinem Grund bin ich seine letzte Hoffnung – und dabei soll’s möglichst auch bleiben!“
„Und morgen hast du in Thun eine Verabredung mit Dr. Novak?“
„Ja. Von diesem Treffen verspreche ich mir sehr viel. Ich habe die Vermutung, daß Novak und Seidler sich in ähnlicher Lage befinden. Beide Männer sind mit den Nerven am Ende und haben vor irgend etwas große Angst. Ich frage mich nur, ob diese Angst die gleiche Ursache hat…“
„Bob, ich muß dir noch etwas erzählen“, sagte Nancy. „Aber zuerst mußt du eine Kleinigkeit essen! Ein Omelett? Das liegt nicht so schwer im Magen. Und danach etwas Obst?“
Er nickte zustimmend und rauchte seine Zigarette, während sie den Zimmerservice anrief. Die Stimmung, die anfangs so gereizt gewesen war, hatte sich plötzlich entspannt. Die Unterbrechung durch den Anruf hatte dazu beigetragen, die Spannung, die zwischen ihnen geherrscht hatte, zu lösen.
Seidler hatte ihnen also auch noch einen Gefallen getan.
Newman wartete geduldig, bis Nancy die Bestellung, zu der auch ein trockener Weißwein und eine Flasche Mineralwasser gehörten, aufgegeben hatte. Dann setzte sie sich ihm gegenüber auf die Bettkante.
„Was tun wir als nächstes, Bob? Ich weiß nicht mehr weiter.“
Für Nancy Kennedy war das ein bemerkenswertes
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