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Fangonia (German Edition)

Fangonia (German Edition)

Titel: Fangonia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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ihrer Brust schlug ein sich sorgendes Mutterherz.
    Muschelstaub ließ sich auf keine weiteren Fragen ein. Er trabte leise fluchend vor ihnen her.
    „…Armer Brutus …Darf nicht mit …“ Er würde seine Krabbe sehr vermissen. Hoffentlich passte Sandfloh gut auf ihn auf. Doch da hatte er so seine Zweifel.
    Jetzt lief die kleine Gruppe über eine Wiese. Der Morgentau hatte sich schon leise auf die Grashalme gelegt, kleine schillernde Tröpfchen. Klamme Feuchtigkeit zog an Joes und Dinas Hosenbeinen hoch. Eine dunkelgraue Linie am Horizont, wie mit einem feinen Bleistift gezogen, erinnerte an den neuen Tag, der bald anbrechen würde.
    Muschelstaub trieb sie zur Eile an. Warum war der Sandling so ungeduldig? Was klappte nur nachts? Das Gras wurde immer höher, Sträucher warfen dunkle Schatten. Die Morgenfeuchtigkeit hing schwer, fast greifbar, in der Luft.
    „Hier ist es.“

Der schwarze See

    M uschelstaub blieb so abrupt vor ihnen stehen, dass die Kinder beinahe in ihn hineingelaufen wären. Tiefschwarz und voller Geheimnisse lag der See wie ausgelaufene Tinte vor ihnen. Ruhig. Keine noch so kleine Welle brach sich an dem mit wildem, scharfkantigem Schilfgras bewachsenen Ufer. Wie stumme Geister waberten die silbrigen Nebelschwaden über dem wartenden Wasser. Beharrlich verweigerten sie den Blick auf das andere Ufer. Kein Windhauch war zu spüren. Dina hatte das Gefühl, Teil eines Bildes zu sein, so starr und lautlos war alles.
    „Hier ist es!“, flüsterte Muschelstaub noch einmal. Leise. Er wagte nicht lauter zu sprechen. Zu lange hatte dieser Ort keine Stimme mehr gehört – ihn zu wecken, war das letzte, was er wollte. „Wir müssen den See überqueren.“  
    „Wie denn?“ Dina erwachte als erste aus ihrem Staunen. Auch sie brachte nur ein leises Wispern über die Lippen. „Wir müssen doch nicht etwa schwimmen?“
    Der Gedanke in das schwarze, bodenlose Wasser zu steigen, war ihr nicht gerade geheuer.
    „Nein, um Himmels willen. Das nicht! Lass mich überlegen… Wie war das noch…“
    Er ging am Ufer auf und ab, den Blick stets auf die immer breiter werdende graue Linie am Himmel gerichtet.
    „Ja, ich glaube, so geht es!“ Er hauchte sanft ein paar fremde Worte in die feuchte Luft. Die Kinder hielten den Atem an. Nichts regte sich.
    „Mh, doch nicht. Okay., dann vielleicht so…“ Wieder murmelte er ein paar unverständliche Worte. Wieder blieb alles still. Lauschend, lauernd. Muschelstaub versuchte es noch ein paar Mal – vergeblich.
    „Sie haben die Losung geändert!“, verzweifelt betrachtete er den nun schon hellgrauen Streifen im Osten.
    „Sie?“
    „Die Feen.“
    „Die – was ?“  
    „Pst!“
    Dina war zu laut. Sie und Joe hatten sich im Gras niedergelassen, und bislang stumm das Treiben Muschelstaubs verfolgt. Die Feen ließen sie aufschrecken. Dann – eine Idee.
    „Wir müssen alle versuchen, an dasselbe zu denken!“
    „An was denn?“
    „Das dürfen wir nicht laut sagen, sonst klappt der Zauber nicht“, aber sein Finger wies auf das andere Ufer und er machte mit dem Kopf eine andeutende Bewegung. Dina und Joe verstanden. Sie schlossen alle drei die Augen. Dachten angestrengt an…
    Kleine Silbertropfen lösten sich aus den Nebelschwaden, schwirrten durch die Luft, wirbelten umher, verbanden sich, formten sich.
    Als Dina und ihre Freunde die Augen wieder öffneten, lag vor ihren Füßen ein – ja, was war dieses flach geschwungene Gebilde, das so silbrig glänzte eigentlich?
    „Klasse! Aber woran habt ihr denn gedacht?“, fragte Muschelstaub vorsichtig. Insgeheim schien er jedoch mit dem Ergebnis zufrieden zu sein.
    „An ein Boot!“, flüsterten Dina und Joe gleichzeitig. „Und du?“
    „Na, ganz klar, an ein Muschelfloß!“ Als wäre das das Naheliegendste auf der Welt. Dina kicherte leise. Wenn sie vor ihrem geistigen Auge ein Boot und eine Muschel miteinander verschmolz, hatte es durchaus Ähnlichkeit mit dem, was Muschelstaub und Joe da sachte ins schlafende Wasser gleiten ließen.
    „Wenigstens scheint es zu funktionieren.“, freute sich Muschelstaub, während er und Joe Dina zu sich ins Muschelboot zogen. Es schwankte leicht, das Wasser gluckste verträumt.
    „Wir haben keine Ruder“, stellte Joe sachlich fest. Doch schon setzte sich das Muschelboot in Bewegung. Wie von unsichtbarer Hand gezogen glitt es durch das tiefe Wasser.
    „Und was immer ihr gleich hört oder seht: reagiert auf nichts; gebt keinen Mucks von euch, verst…!“ Muschelstaub

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