Fangonia (German Edition)
passiert?“, wollte Dina wissen.
Mit wehmütigem Blick schaute Gwendolyn sie aus ihren großen Augen an.
„Das ist eine traurige Geschichte. Dies hier war einmal unser schönstes Feld. Die Blüten brachten den köstlichsten Honig hervor, den wir je hatten. Es war ein Geheimrezept. Er bedurfte einer besonderen Zutat, die wir heute leider nicht mehr haben! Er war ganz Goldfarben, so wie die Blüten auf diesem Feld. Lauter Orchideen….“
„Erzähl mir die Geschichte!“
Doch die Prinzessin winkte nur ab. Nachdenklich betrachtete Dina den Blumenfriedhof. Orchideengold . Eine Erinnerung stahl sich in ihre Gedanken. Marla… Hatte sie nicht…?
Aber ja! Dina schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. Das hier ist er, warum ist es mir nicht sofort aufgefallen? Das hier ist der Ort! Er muss es sein. ‚ Die Feen und die Kobolde, die Zwerge und die Riesen haben sich vor langer, langer Zeit zu einem fernen Ort zurückgezogen… einem Ort irgendwo auf dem Meer.’ Waren das nicht Marlas Worte gewesen?
„Was ist los?“, fragte Joe.
„Nichts, da war nur eine Mücke.“, rief sie schnell. Wie sollte sie auch Joe erklären, was ihr gerade klar geworden war. Sie würde es ihm am Abend in Ruhe erzählen. Dann fiel ihr noch etwas ein. Joe hatte es bereits am ersten Abend erwähnt: Sie wusste den Namen der Insel. Sie hatte ihn bei ihrem Spiel am Pier verwendet. Woher kannte sie den Namen? Marla hatte ihn nicht erwähnt. Da war sie sich ganz sicher. Doch woher wusste sie ihn dann?
Die kleine Gruppe ließ das Flachland hinter sich und lief über sanfte Hügel, bis der Weg stetig bergan führte. Sie schienen am Fuße des Berges angekommen zu sein. Es gab hier weniger Blumen, dafür wuchsen dichte Sträucher und kleine Bäume am Wegrand. Der schroffe Felsenberg, der auf ihrem Weg immer wieder hinter hohen Blumen verschwand, war nun gar nicht mehr zu sehen. Der grüne Berg verhüllte den Blick auf die unheimliche graue Wolke.
Dina kam das gerade recht. Sie fürchtete sich nicht vor diesem kantigen Berg, aber dennoch hatte er etwas Bedrohliches an sich. Etwas, dass sie lieber nicht aus der Nähe sehen wollte.
Seit Stunden waren sie nun unterwegs. Allmählich wurden ihnen die Beine schwer.
„Wir werden dort vorne rasten!“, bestimmte Muschelstaub. Ein lichtdurchfluteter, mit hellgrünem Gras bewachsener Hang bildete eine natürliche Grenze zwischen den Feldern, durch die sie gekommen waren, und dem dichten dunkelgrünen Wald, durch den sie der Weg führen würde. Dina und Joe naschten ein wenig vom Honig und genossen die warmen Sonnenstrahlen auf ihren Gesichtern.
Nach einer Weile brachen sie wieder auf. Der Wald war gar nicht so dunkel wie er aussah. In Lichtkegeln blitzte die Sonne durch das grüne Blätterdach und tauchte alles in geheimnisvolles Licht. Allerdings war es hier zwischen den hohen schattigen Bäumen kühler als auf den freien Wiesen. Sie waren noch nicht weit gekommen, da hörten sie ein leises Knarren in den Ästen.
„Das ist nur der Wind“, beruhigte Muschelstaub seine Freunde. Aber es war doch gar nicht windig. Noch ehe Dina zu Ende überlegen konnte, schlang sich ein Zweig um ihren Körper und hob sie von den Füßen. Sie wollte schreien, doch ein Blatt hielt ihr den Mund zu.
„Dina, wo…“ Joe konnte nicht weiter sprechen. Ein Zweig hob ihn unsanft in die Luft, fesselte und knebelte ihn. Muschelstaub zappelte in einem anderen Ast. Nur Gwendolyn flatterte aufgeregt umher und glitt durch die fordernden Äste, die nach ihr griffen. Immer wieder fassten sie ins Leere. Die Fee war einfach zu klein. Ein großes Blatt beendete das Spektakel und wickelte sich um die zappelnde Gwen. Dina und ihre Freunde versuchten sich von den Ästen zu befreien. Doch je heftiger sie sich wehrten, desto fester schnürten sich die Zweige um ihre Körper, bis sie es schließlich ganz aufgaben und traurig in den Baumkronen hingen.
Die Bäume hatten sie gefangen genommen. Kein Laut war zu hören. Dina konnte nicht sagen, wie lange sie stumm und steif, so ausharrte. Das Licht verriet den frühen Abend. Bald würde es hier ganz dunkel sein. Angst kroch in ihr hoch. Niemand würde sie hier finden, niemand konnte sie retten. Das war das Ende. Dabei hatte der Tag so schön angefangen! Sie schloss die Augen.
Wilbur
D unkel war es in dem kleinen, gemütlichen Wurzelzimmer. Wilbur lag mit offenen Augen auf seinem weichen Moosbett. Wie lange dauerte das denn heute Abend? Es erschien ihm wie eine Ewigkeit.
Endlich, die
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