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Fangonia (German Edition)

Fangonia (German Edition)

Titel: Fangonia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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dies hier musste ein großes sein, sonst hätte Wilbur sie nicht alle geweckt. Aufgeregt tuschelten die Kobolde miteinander. „Ruhe!“ Wilbur spielte seinen Trumpf aus. Er blickte zu Dina und ihren Freunden hinüber, die noch immer im schützenden Schatten des Waldes ausharrten, und winkte sie herbei.
    Dina spürte die neugierigen Blicke der Kobolde, als sie sich neben Wilbur stellte. Sie fühlte sich unwohl. Die Kobolde sahen zwar alle aus wie unschuldige, kleine Jungen, aber in ihrem grünen Blick lag etwas Unberechenbares. Still war es geworden.
    „Sie hingen in den Bäumen unten an der Grenze.“, erklärte Wilbur. „Ihr wisst ja wie die Bäume zur Neumondnacht so sind – nichts als Unfug haben sie im Kopf.“
    Die Baumkronen lachten raschelnd.
    Es dauerte eine Weile, bis Wilbur König Knox und den anderen erzählt hatte, was er in Erfahrung gebracht hatte. Wenn das alles wirklich stimmte, wenn die Grenzen wirklich offen waren, dann hatte Fangonia ein ernsthaftes Problem.
    Doch bevor sie die Neuigkeit beunruhigen konnte, erfüllte sie die Kobolde mit tiefster Zufriedenheit: Es war tatsächlich ein großes Geheimnis, und ein gutes noch dazu, weil es Gefahr beinhaltete, wenn es bekannt werden würde.
    „Wer weiß noch davon?“, fragte Knox nach einer Weile. „Nur wir Sandlinge, die beiden Menschenkinder hier und die Feen.“, erwiderte Muschelstaub.
    „Die Feen wissen davon??? Die Feen!“, missmutig verzogen die Kobolde die Gesichter.
    „Warum denn auch die ? Keiner traut den Feen, keiner mag sie! Wir wollen kein Geheimnis mit ihnen teilen.“
    Die Menge wurde unruhig. Dina schaute sich um. Warum reagierte Gwendolyn nicht auf die Beleidigungen? Wo war sie überhaupt? Dina konnte sie nirgendwo sehen. Sie schaute zurück zwischen die Bäume, wo sie gewartet hatten. Schwach leuchtete dort ein zartes Lichtchen.
    Gwendolyn war nicht mit ihnen gekommen. Offensichtlich wusste sie, dass Feen bei den Kobolden nicht willkommen waren. Aber woher kannte sie Wilbur? Als sie zu dem Kobold hinsah, bemerkte sie, wie auch seine Augen unruhig zu Gwendolyns Versteck blickten.
    „Das Feuer weiß aber nichts davon, richtig?“, vergewisserte sich Knox.
    „Zumindest nehmen wir das an.“, knirschte Muschelstaub. Knox nickte nachdenklich. Dann trat er zu Wilbur.
    „Was hattest du eigentlich um diese Uhrzeit an der Grenze verloren?“, fragte er ihn leise. Seine Augen flackerten. Wilbur wurde rot.
    Doch ihm blieb eine Antwort erspart. Wieder ertönte der helle Flötenton durch die Nacht, ihm folgte ein weiterer. Immer mehr Flöten fielen in den Klang mit ein. Das Fest hatte begonnen.

    ~ ~ ~

    Auf einem dicken Ast hoch oben in einer alten Buche saß ein junger Uhu und beobachtete aus verwunderten, gelben Nachtaugen, was auf dem großen Platz unten vor sich ging. Er war es noch nicht gewöhnt, sich die Nacht mit den rothaarigen Waldwesen zu teilen.
    Ein großes Feuer wurde mitten auf der Lichtung entzündet, um das die Kobolde einen dichten Kreis gebildet hatten. Als die Flammen hoch in die Nacht schlugen, fing eine Trommel an, rhythmisch einen 4/4-tel Takt zu klopfen. Die Kobolde wiegten sich hin und her. Dann fassten sie sich an den Händen und streckten sie dem Himmel entgegen. Gemeinsam fingen sie an, den Mond zu beschwören.

    Mondsichel, schmal und bleich dein Gesicht,
    erschein’, werd’ kreisrund, hör’ auf unser Gedicht!
    Ohne dein Licht, Mond, sind wir nachts doch verloren,
    drum zögere nicht, werde wiedergeboren!

    Dreimal riefen sie den Mond auf diese Weise. Erst flüsternd, dann lauter. Zuletzt schrien sie die Verse hinaus in den verlassenen Nachthimmel.
    Als die Wörter verklungen waren, bat jeder Kobold den Mond persönlich in der nächsten Nacht zu erscheinen. Dabei musste jeder ihn bei einem seiner vielen Namen nennen. „Lass uns nicht warten, Herrscher der Nacht!“, rief Koboldkönig Knox.
    „Eile herbei, Sternenvater!“, bat Wilbur.
    „Scheine wieder, Nachtsonne!“ …

    Dina und Joe saßen auf niedrigen Baumstümpfen und verfolgten staunend die Zeremonie. Nachdem der letzte Name gerufen worden war, zerstreuten sich die Kobolde lachend auf der Lichtung. Überall loderten jetzt kleine Lagerfeuer, an denen die Kobolde saßen, sangen, aßen, tanzten. Es war ein herrliches Fest. Die Ereignisse vor Mitternacht schienen nicht den geringsten Einfluss auf das fröhliche nächtliche Treiben zu haben.
    Die Luft roch gut nach frischen Kräutern und gebratenem Fleisch. Das Essen der Kobolde schmeckte den

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