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Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill
Autoren: John Cleland
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Zimmer zurück; Phöbe schlief noch immer ganz fest, ich warf eilig meine wenigen Kleider ab und legte mich zu ihr; Freude und Angst waren in mir, was man sich eher vorstellen als ausdrücken kann.
    Die Angst, dass Frau Brown meinen Plan entdecken möchte, die Angst vor fehlschlagenden Hoffnungen, Elend und Untergang, alles schwand hin vor meiner Liebe: mit dem Ideal meiner Träume, jungfräulichen Herzens zu leben, und wäre es auch nur für eine Nacht, das schien mir ein Glück, das mir mehr war als meine Freiheit und mein Leben. Er kann schlecht mit mir sein — soll er es sein! Er war der Mann! Glücklich, nur zu glücklich, den Tod von einer so geliebten Hand zu erleiden!
    In solchen Gedanken verging mir der Tag, der mir eine Ewigkeit zu sein schien. Wie oft sah ich nach der Uhr, wie gerne hätte ich den langsamen Zeiger vorgerückt, als wenn das die Zeit vorgerückt hätte! Hätten die im Hause nur etwas auf mich Acht gegeben, sie hätten gewiss in meiner Unruhe, die ich nicht verbergen konnte, etwas Ungewöhnliches entdeckt; besonders da bei Tisch der reizende Jüngling erwähnt wurde. »Ach, er war so schön!« »Ich hätte für ihn sterben mögen!« »Sie werden sich um ihn reißen!« so sprach man über ihn, was nur noch mehr Öl in mein Feuer goss.
    Dieser Zustand, den ganzen Tag hindurch, brachte mir das Gute, dass ich vor Ermattung die ganze Nacht fest schlief, bis um fünf Uhr morgens; da stand ich auf, zog mich an und wartete mit doppelter Angst und Ungeduld auf die bestimmte Stunde; und endlich kam sie, die süße, gefährliche Stunde, und ich ging von der Liebe ermutigt auf den Zehen die Treppe hinunter; meine Schachtel ließ ich zurück, aus Angst damit entdeckt zu werden, wenn man mich damit sähe.
    Ich kam an die Straßentür, deren Schlüssel immer auf dem Stuhl neben unserm Bett lag; Phöbe hatte so viel Vertrauen zu mir, dass ich ihr schon nicht durchgehen würde, was mir vorher wohl auch nicht eingefallen war. Ich öffnete die Tür ganz leise — meine Liebe schützte mich auch dabei — und kam auf die Strasse, wo ich meinen guten Engel an der schon geöffneten Kutschentür auf mich warten sah. Wie ich zu ihm kam, weiß ich nicht — ich glaube, ich flog zu ihm. In einer Sekunde war ich im Wagen und der Geliebte neben mir, und schlang die Arme um mich und küsste mich, während der Kutscher davon fuhr.
    Ich weinte Freudentränen. Mich in den Armen dieses schönen Jungen zu fühlen, war ein Entzücken, das über die Kraft meines kleines Herzens ging. Vergangenheit und Zukunft waren vergessen. Das Gegenwärtige zu tragen, das war alles, was meine Kräfte gerade noch aushalten konnten. Von seiner Seite fehlte es nicht an den zärtlichsten Umarmungen und den süßesten Worten, dass ich seiner Liebe sicher sein solle und dass er mir keine Gelegenheit geben werde, den kühnen Schritt zu bereuen, den ich getan hätte, da ich mich ihm ganz auf Ehre und Großmut ergab. Aber das war wahrhaftig nicht mein Verdienst, denn eine Leidenschaft, die ich nicht unterdrücken konnte, trieb mich zu ihm, und was ich tat, tat ich nur, weil ich nicht anders konnte.
    In einem Augenblicke — so schien es mir — kamen wir bei einem Logierhause in Chelsea an, das für Duellpartien der Liebe bequem eingerichtet war; ein Frühstück mit Schokolade stand für uns schon bereit.
    Das Haus gehörte einem alten drolligen Kerl, der sich auf das Leben vortrefflich verstand; er frühstückte mit uns, sah mich lustig an und wünschte uns beiden Glück; wir passten wirklich sehr schön zusammen, sagte er, und dass eine Menge edler Damen und Herren sein Haus besuchten, nie aber hätte er ein so hübsches Paar gesehen, und er wäre überzeugt, ich sei etwas ganz Frisches, ich sähe so ländlich unschuldig aus und derlei sprach er noch mehr und alles in dem leichten scherzenden Ton eines Gastwirts, was mich nicht nur beruhigte und mir gefiel, sondern auch meine Befangenheit vor meinem neuen Geliebten ganz verdrängte. Vor dem Jungen begann ich mich jetzt zu fürchten, da die Minute heranrückte, in der ich mit ihm allein sein sollte — eine Furcht, an der wahre Liebe grössern Anteil hatte, als jungfräuliche Schamhaftigkeit.
    Es zog mich zu ihm, ich liebte ihn, hätte für ihn sterben mögen und doch, fürchtete ich, ich weiß nicht warum, den Augenblick, der mein heißester Wunsch gewesen war. Dieser Widerstreit der Leidenschaften, dieser Kampf zwischen Züchtigkeit und liebekranker Begierde machte, dass ich wieder in Tränen
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