Fanny Hill
kümmerte sich jetzt wenig mehr um mich, da ja kein Gewinn mehr für sie zu holen war.
Bald waren wir an meinem neuen Wohnort angelangt; das Haus gehörte einem einfachen Kaufmann, der den ersten Stock sehr vorteilhaft an Herrn H***, für zwei Guineen die Woche, überließ. Die Räume waren sehr hübsch möbliert und ich war meine eigene Herrin mit meinem eigenen Mädchen zur Bedienung.
H*** blieb den Abend hindurch bei mir; wir ließen das Essen aus einem benachbarten Speisehaus holen, und nachdem wir gespeist hatten, brachte mich das Mädchen zu Bett. H*** gönnte mir trotz der Strapazen der vorigen Nacht keine Ruhe, sondern bestand darauf, die Honneurs der neuen Wohnung zu machen.
Sehr spät am andern Morgen standen wir zum Frühstück auf. Nun war die Zeit nicht mehr so mit der Liebe ausgefüllt und ich begann ruhiger zu werden und mich an den Kleinigkeiten freuen, mit denen mich Herr H*** beschenkt hatte — seidene Stoffe, Ohrringe, Perlen, Halsschnüre, eine goldene Uhr, kurz, alle diese Kleinigkeiten des Putzes und der Eitelkeit kamen in mein Haus und wurden mit einer Empfindung dankbarer Zärtlichkeit angenommen, einem der Liebe ähnlichen Gefühl, wenn auch nicht die Liebe selber — eine Unterscheidung, die das Vergnügen gar vieler Herren, die sich Maitressen halten, beträchtlich stören würde, wenn sie diese Unterscheidung machten, was sie aber, wie ich glaube, nicht tun.
Jetzt war ich eine in aller Form erklärte Maitresse, war gut logiert, gut mit Geld und allem Glanz und Putz versehen, der dazu gehört.
Herr H*** war immer zärtlich und gut gegen mich, und doch war ich gar nicht glücklich; nicht nur weil ich mich immer nach meinem teuren Geliebten sehnte, aber ich fühlte mich einsam und hatte das Bedürfnis nach mehr Gesellschaft und Zerstreuung.
H*** war mir geistig sehr überlegen, was ich in meiner Dankbarkeit für ihn sehr nachteilig für mich empfand, denn es gab nur Achtung für ihn, aber nicht meine Liebe. Ich konnte keine andere Unterhaltung mit ihm führen als die des Liebesvergnügens, und die lässt doch viele Augenblicke übrig, in denen man nichts miteinander zu reden hat.
H*** war in Frauenahngelegenheiten viel zu erfahren, als dass er das nicht bald hätte bemerken müssen; aber er besaß den Takt der Nachsicht und liebte mich darum nicht weniger.
Er gab kleine Abendmahlzeiten bei mir, zu denen er Freunde mit ihren Maitressen mitbrachte, und ich hatte auf diese Weise bald einen Kreis von Bekanntschaften, in dem ich bald alle jene Reste von Blödigkeit und Schamhaftigkeit verlor, die mir noch von der Landerziehung her zurückgeblieben waren. Aber vielleicht waren gerade sie meine größten Reize.
Ich besuchte meine neuen Damen — Bekannten wieder und kopierte wie sie alle Torheiten und Unverschämtheiten der Damen vom Stande so gut ich es konnte; keiner von uns fiel je ein, wie abgeschmackt und unwürdig das war.
Unter all den mir bekannten Maitressen — und es war, von ein paar ehrbaren Frauen, die verheiratet mit ihren Männern lebten, eine große Zahl — hatte ich nicht eine kennen gelernt, die ihren Liebhaber im Grunde nicht verabscheut und ihn betrogen hätte, sowie sich immer eine Gelegenheit dazu bot. Aber das hatte ich von ihnen noch nicht gelernt: ich blieb dem meinen treu. Auch verlockte mich nicht die kleinste Eifersucht zur Untreue, und seine beständige Freigebigkeit und Höflichkeit zwangen mich, ihn zu achten, wenn auch nicht zu lieben.
Dann hatte sich auch noch kein Gegenstand gefunden, der mir danach aussah, als ob er das Vergnügen, das ich an H*** gefunden hatte, überbieten könnte. Ich hatte die Aussicht, von seiner Großmut eine hübsche Versorgung für mein Leben zu erhalten, sich etwas ereignete, das all dem auf einmal ein Ende machte, was zu meinem Vorteil gewesen wäre.
Ich lebte bereits sieben Monate mit Herrn H***, als ich eines Abends früher als gewöhnlich von einem nachbarlichen Besuche nach Hause zurückkam. Ich fand die Haustüre offen, das Mädchen vom Hause stand mit einer Bekannten schwatzend davor, so dass ich, ohne klopfen zu müssen, hereinkam; während ich eintrat, sagte das Mädchen zu mir, dass Herr H*** oben wäre. Ich ging zuerst in mein Schlafzimmer, aus keinem anderen Grunde, als um meinen Hut abzulegen, bevor ich H*** im Speisezimmer begrüßte, in das aus meinem Schlafzimmer eine Türe führte. Während ich damit beschäftigt war, die Hutbänder zu lösen, glaubte ich die Stimme meines Stubenmädchens Hanna zu hören und
Weitere Kostenlose Bücher