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Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Cleland
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jedes Mangels an Zurückhaltung, gute Manieren und Höflichkeit unverletzt beobachtet wurden.
    Die Männer wissen es nicht, wie sehr sie ihr eigenes Vergnügen zerstören, wenn sie die Achtung, die unserem Geschlechte gebührt, verletzen, und besonders gegen jene von uns verletzen, die nur und zu nichts als zu ihrem Vergnügen da sind. Das war einer der Grundsätze dieses feinen, raffinierten, wollüstigen und erfahrenen Adepten in der Kunst der Sinne, dass sie ihren Genossinnen der Freude nie größere Achtung erwiesen, als da sie ihnen mit ihrem Leibe dienten, da sie die Schätze verborgener Schönheit ihnen erschlossen und ihnen den Stolz ihrer natürlichen Reize zeigten, die schöner sind als irgend ein Schmuck der Kunst und Mode.
    Jetzt war die Reihe des Festes an mir, dem Willen und dem Vergnügen meines Auserwählten, wie auch dem der Gesellschaft zu gehorchen. Mein Partner kam auf mich zu und erinnerte mich mit schmeichelhaften Komplimenten an das, was meine Gegenwart hier zu hoffen berechtigt war.
    Ich antwortete natürlich und ohne jede kleinstädtische Ziererei, dass, wenn auch die Regeln des Hauses mich nicht zwängen, mich ohne Zurückhaltung hinzugeben, mich schon das Beispiel so angenehmer Gespielinnen allein bestimmt, und dass ich nur das eine Bedenken hätte, dass ich nach all den außerordentlichen Schönheiten schlecht bestehen könnte. Und ich dachte wirklich das, was ich sprach. Meine offene Antwort gefiel allen; man machte meinem Freund zu seinem Glück Komplimente und beneidete ihn um mich.
    Frau Cole hätte mir ihre Wertschätzung nicht besser zeigen können als durch die Wahl gerade dieses Herrn zu meinem Zeremonienmeister. Er war der Erbe eines großen Vermögens, außerordentlich angenehm im Verkehr und kräftig und schlank. In seinem Gesicht zeigten sich Spuren von Blatternnarben, aber nicht mehr, als dass sie ihm etwas Mannhaftes gaben, denn er neigte eher zum Sanften und Zärtlichen. Seine Augen waren von hellem, glänzendem Schwarz. Jede Frau hätte ihn einen hübschen, artigen Mann genannt.
    Er führte mich auf unseren Kampfplatz. Ich hatte nichts als einen weißen Morgenanzug an, und mein Partner machte meine Kammerjungfer und ersparte mir dadurch die Verwirrung, die mir das Michselberauskleiden gemacht haben würde. Mein Kleid war in einem Augenblick geöffnet und abgestreift, und nur mein Schnürleib machte einige Schwierigkeit, die Louisa damit behob, dass sie meinem Galan eine Schere gab, die Bänder aufzuschneiden. Weg war auch diese Hülle, und es blieben nur noch Unterrock und Hemd; der offene Busen gestattete der Hand und dem Auge volle Freiheit. Hier glaubte ich dem Mutwillen wehren zu müssen, aber ich kam damit zu spät; mein Geliebter bat so zärtlich und von allen andern unterstützt, ich möchte ihnen doch durch diese dumme Hülle des Hemdes den Anblick meiner ganzen Person nicht neidisch entziehen, so dass ich gehorsam war; auch weil ich glaubte, dass das wenige Gebliebene zu unwesentlich wäre, als dass ich meine Einwilligung, es abzutun, nicht hätte geben können. Sofort war auch mein Unterrock abgeworfen, und das Hemd mir über den Kopf gezogen, so dass auch mein Kopfputz, der nur locker angesteckt war, mitging und all meine Haare herunterfielen — die, wie ich wohl ohne Eitelkeit sagen kann, sehr schön sind — und in losen, unordentlichen Locken zu Nacken und Schultern einen höchst vorteilhaften Kontrast boten.
    Jetzt stand ich in der ganzen Nacktheit der Natur vor meinen Richtern, denen ich als keine üble Figur erscheinen konnte. Ich habe Ihnen früher schon ein Porträt von mir gegeben, doch raubt uns ja die Zeit in gewissen Perioden des Alters jeden Augenblick etwas von unsern Reizen; aber damals war ich in der vollen Blüte meiner Schönheit, denn mir fehlten nur wenige Monate an achtzehn Jahren. Meine Brüste, die auch jetzt noch vorzüglich sind, hatten eine angenehme Fülle und Festigkeit, und brauchten keinen haltenden Schnürleib. Dabei war ich schlank und hatte eine Taille, wie sie dem Gesicht und dem Gefühl am angenehmsten ist: ein Vorzug meiner Gesundheit und Jugend. Auch hatte ich noch nicht alle angeborene Schamhaftigkeit verloren, so dass ich jetzt in großer Verwirrung dastand. Aber die ganze Gesellschaft der Männer und Frauen machte mir wieder durch die Zeichen ihres Beifalles Mut und gab mir das Gefühl des Stolzes über meine eigene Schönheit, von der mein Freund galant versicherte, dass sie alles verdunkle, so dass ich, hätte ich alle

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