Fanny Hill
dass er mir noch vor seiner Abreise vorschlug, ihm nach Irland nachzukommen, sobald er da eingerichtet wäre, und ich hatte zugesagt. Da er sich aber bald darauf in Dublin sehr reich verheiratete, so schlug er sich auf die klügere Seite und unterließ es lieber, nach mir zu schicken; aber er sorgte für ein kostbares Geschenk, das meine Betrübnis um ihn doch nicht ganz unterdrücken konnte.
Abreise und Heirat brachte eine kleine Lücke in unsere Gesellschaft, die aber Frau Cole sich auszufüllen nicht beeilte, denn sie war sehr vorsichtig in der Wahl ihrer Kundschaft. Und jetzt ging sie mit umso größerem Eifer zum Besten ihres Gewerbes darauf aus, mich als neu gemachte Jungfrau anzubringen, was gewissermaßen der Trost meiner Witwenschaft sein sollte. Die Cole wartete nur auf die rechte Person für ihren Plan.
Es war mir aber, scheint es, bestimmt, meine Sachen in eigene Hand zu nehmen, wie es ja auch bei meinem ersten Versuch der Fall gewesen war. Ich hatte beinahe einen Monat im Genusse aller Freuden und Vertraulichkeiten mit meinen Gespielinnen verlebt; deren »Spezielle« hatten mich oft genug um meine Gunst »zur Befriedigung ihres Geschmackes in der Abwechslung« gebeten, — der Baronet ausgenommen, der bald nachher Harriet ganz zu sich nahm — aber mit großer Geschicklichkeit und unter den mannigfachsten Vorwänden war ich immer diesen Ansuchen ausgewichen, ohne den Herren dadurch Ursache zu Klagen zu geben.
Diese Zurückhaltung legte ich mir nicht etwa aus Missfallen an ihnen auf oder gar aus Ekel an der Sache selbst, sondern aus Liebe zu meinen Gefährtinnen, die, wenn auch äußerlich frei von jeder Eifersucht, mich doch dadurch lieber gewinnen mussten, dass ich so viel Achtung für sie hatte, ohne mir daraus ein besonderes Verdienst zu machen. So lebte ich ruhig dahin und geliebt von der ganzen Gesellschaft. Da trat ich eines Tages, es war ungefähr fünf Uhr Abends, in einen Früchteladen in Coventgarden, um für die jungen Mädchen und mich einige Früchte zu kaufen, als ich folgendes erlebte.
Während ich um das Obst handelte, das ich kaufen wollte, sah ich mich von einem jungen Herrn beobachtet, dessen reiche Kleidung mir zuerst auffiel; er hatte auch sonst nichts merkwürdiges an sich, außer dass er blass und dünn war und sich sozusagen auf trägen Beinen wiegte. Es war leicht zu merken, dass er es auf mich abgesehen hatte. Er kam näher an mich heran, bis er an dem gleichen Korb stand. Er bezahlte was man nannte und sah mich dabei unausgesetzt an. Ich sah ganz wie ein anständiges Mädchen aus, hatte keine Federn auf dem Hute und auch nicht den Parfüm einer schlechten Stadtjungfer; einen Strohhut, einen weißen Schlender, saubere Wäsche und dazu ein gewisses, natürliches und ungezwungenes Unschuldsgesicht, das mich nie verließ, auch wenn ich noch so sehr dagegen im Werke war. Alles das gab ihm nicht den geringsten Anlass zu Vermutungen über meinen Stand. Da sprach er mich auch schon an, und weil mir wie vor jedem Fremden die Röte ins Gesicht stieg, so entfernte ihn das nur noch weiter von der Wahrheit. Ich antwortete mit einer Ungeschicklichkeit und in einer Verwirrung, die ihn vollständig täuschten, umso mehr, da auch etwas Echtes daran war. Nachdem das Eis einmal gebrochen, sprach er weiter und tat eingehendere Fragen, in deren Beantwortung ich so viel Unschuld, Einfalt und Kindlichkeit legte, dass ich die Überzeugung bekam, er schwöre auf meine Unschuld. Die Männer zeigen, wenn sie einmal durch das Gesicht gepackt sind, einen solchen Vorrat von Dummheit, von der ihre Männerweisheit nichts ahnt, und wodurch auch die scharfsichtigsten unter ihnen leicht von uns hintergangen werden. Unter anderem fragte er mich, ob ich schon verheiratet wäre. Ich antwortete, ich wäre noch viel zu jung, um vor Jahren daran zu denken; ich wäre ja erst siebzehn Jahre alt, wobei ich nur ein Jahr unterschlug. Wie ich lebe? Nun, ich sei bei einem Galanteriehändler in Preston als Lehrmädchen gewesen und einer Bekannten wegen in die Stadt gekommen; die hätte ich aber bei meiner Ankunft tot gefunden und lebe nun als Tagarbeiterin bei einer Galanteriewarenhändlerin in der Stadt. Für eine Arbeiterin konnte ich nicht gut gehalten werden, aber er nahm es für wahr, da er bereits ganz in Flammen für mich war. Nachdem er noch, sehr fein, wie er glaubte, herausgebracht hatte, was zu verheimlichen gar nicht meine Absicht war, meinen Namen, den von Frau Cole und meinen Aufenthaltsort, belud er mich
Weitere Kostenlose Bücher