Fantasie in Rot: Erotischer Roman (German Edition)
Sohn?«
Nick blickte zum Beifahrersitz, auf dem sein Vater plötzlich wach, wenngleich triefäugig saß. So ging das ziemlich oft – sein Vater konnte stundenlang wie bewusstlos daliegen, dann ohne Vorwarnung die Augen öffnen und so tun, als hätte er soeben ein langes Gespräch mit einem geführt.
Er richtete den Blick wieder auf die Straße. »Gut, Dad. Der Firma geht’s gut.«
»Ich bin stolz auf dich, Nicky«, nuschelte der Vater. »Das weißt du doch, oder?«
Irgendetwas in Nicks Bauch zwickte. »Ja, sicher.« Sie taten das immer mal wieder, führten dieses irrwitzige, immer gleiche Gespräch. Vermutlich wollte sein Vater mit seinem Lob alles wieder einrenken, aber nichts konnte wiedergutmachen, was damals geschehen war.
Kurze Zeit später sah er zu, wie sein Vater vom Jeep zu der Bruchbude torkelte, die er sein Zuhause nannte. Um 1960 waren die Sea Shanties – eine Ansammlung von vier Apartmenthäusern – vermutlich strahlend neu gewesen, aber jetzt war die Farbe abgeblättert, und sie beherbergten nur noch Trunkenbolde und allein erziehende Mütter, die von Sozialhilfe lebten. Er fuhr los. Ob sein Vater sicher ins Haus kam, interessierte ihn nicht; er war einfach nur froh, wieder allein zu sein.
Einige Minuten später steuerte er den Wagen in die Auffahrt seiner Eigentumswohnung am Meer, trat ein, kickte seine Schuhe von den Füßen und ließ sich aufs Bett fallen, immer noch in Jeans und T-Shirt. Das Zifferblatt des Weckers zeigte erst halb elf, aber es kam ihm so vor, als hätte er einen höllisch langen Tag hinter sich.
Er setzte sich so weit auf, dass er das T-Shirt über den Kopf ziehen konnte, ließ sich zurück aufs Kissen fallen und schloss die Augen. Er wollte weder an seinen Vater noch an Davy oder Henry denken; während der Schlaf sich rasch über ihn senkte, drängte sich ein viel einladenderes Bild unaufgefordert in seine Fantasie: Lauren Ash.
Er malte sich aus, dass er im Bett lag, so wie jetzt, nur dass Lauren über ihm war, mit ihrem Körper über ihn hinwegstrich und ihre blonden Haare auf seine Haut fallen ließ. Sie küsste ihn mit ihren vollen, sinnlichen Lippen auf den Mund, dann streifte ein Kuss seine Kinnpartie, dann seinen Hals. Sie küsste sich seine Brust hinunter, bis sie ihm schließlich die Jeans aufknöpfte und ihn in ihren weichen Mund nahm. Ja.
Nick konnte noch immer nicht fassen, zu welcher Schönheit sie sich entwickelt hatte, und auch nicht, dass er sich ausgerechnet Lauren Ash beim Einschlafen vorstellte – schließlich war er nicht mit sexuellen Gedanken zu ihr gegangen. Aber jetzt war es zu spät, die Zeit zurückzudrehen, und die Bilder in seinem Kopf führten zu höchst erotischen Träumen.
3
Als Lauren am folgenden Morgen unter dem warmen Duschstrahl stand, konnte sie es immer noch nicht fassen, dass sie zu dem Anstreicher gesagt hatte: Wenn Sie mich brauchen - ich bin im Bad . Sie verdrehte die Augen über ihre eigene Dummheit. War es ein Freudscher Versprecher gewesen? Hoffentlich nicht. Aber warum war der Typ ihr noch immer nicht aus dem Kopf gegangen?
Na ja, redete sie sich ein, weil er eben da war. Und zwar anders als der Pool-Mann und der Gärtner und der Landschaftsarchitekt – Leute, die meistens nach ein, zwei Stunden wieder gingen. Sie war es einfach nicht gewohnt, jemanden in der Nähe zu haben. Noch bevor sie unter die Dusche gegangen war, hatten sich die Geräusche seiner Arbeit in ihr Bewusstsein gedrängt – so war es gestern den ganzen Tag über auch gewesen: Mal wurde eine Leiter ans Haus gelehnt, mal hörte sie, wie schwere Farbeimer auf dem gepflasterten Weg abgestellt wurden. Immer wenn sie ihn gerade vergessen hatte, erklang wieder etwas, was sie an ihn erinnerte.
Während sie sich mit einem weichen Schwamm voll mit nach Himbeeren duftender Duschlotion die Arme einseifte, dachte sie an ihre Meeres-Fantasie und beschloss, einen neuen Eintrag ins Tagebuch zu machen. Und zwar, um ihre sexuelle Frustration abzubauen – denn offenkundig war sie sexuell frustriert, wenn sie bedachte, wie sie auf den Typ reagiert hatte. Das Aufschreiben der Fantasien half erstaunlicherweise tatsächlich, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Etwas niederzuschreiben war zwar nicht dasselbe, wie es wirklich zu tun – aber es war zumindest etwas , eine unbestimmte Art, die eigenen Wünsche auszuleben.
Wenn Sie mich brauchen – ich bin im Bad.
Und wenn er ihr nun gestern Morgen gefolgt wäre? Sie hatte die Tür zwar hinter sich abgeschlossen,
Weitere Kostenlose Bücher