Fantasien der Nacht
goss ein halbes Glas Brandy ein und brachte es ihr. Einen Arm um ihre Schultern gelegt, führte er sie durch einen langen Korridor mit hoher Decke und ging mit ihr durch eine Tür.
Der Raum dahinter war erfüllt vom bersteinfarbenen Licht der Öllampen und der großen eleganten Kerzen, die an jeder freien Stelle brannten. Eine elfenbeinfarbene Wanne mit Klauenfüßen war bis zum Rand mit schaumigem, heißem Wasser gefüllt. Eric nahm ihr den Brandy widerstandslos aus der Hand und stellte das Glas auf ein Beistelltischchen neben der Wanne.
Er ergriff etwas, das wie eine Fernbedienung aussah, drückte einen Knopf, und leise Musik wehte durch den Raum, ebenso beruhigend wie der vom Wasserstrahl aufsteigende Dampf oder der schimmernde Lichtkranz rings um die unzähligen Kerzenflammen.
Sie beugte sich über die Badewanne, berührte eine schillernde Seifenblase und fühlte das Spritzen auf ihrem Handgelenk, als sie zersprang. Sie fühlte, wie seine Hand auf ihrer Schulter zu liegen kam; sie wandte sich um und schaute verblüfft zu ihm auf. „Ich kann kaum glauben, dass du das alles getan hast.“
„Ich möchte, dass du dich wohlfühlst, Tamara. Ich möchte, dass du das Grauen, das dir heute Nacht widerfahren ist, aus deiner Erinnerung tilgst. Ich möchte dich deine Furcht mit Zärtlichkeiten vergessen machen. Du bedeutest mir viel. Ist dir das nicht klar?“
Sie spürte einen Kloß in ihrem Hals. Seine Worte waren so ergreifend, dass ihre Augen zu brennen begannen.
„Keine Sorge, ich werde an mich halten. Nach dem, was du heute Nacht erdulden musstest, bin ich außerstande, meinem Verlangen freien Lauf zu lassen. Ich möchte dich lediglich verwöhnen, dir zeigen …“ Eric schloss die Augen und hob ihre Hand an seine Lippen. Er küsste ihre Fingerknöchel, einen nach dem anderen, dann öffnete er die Augen wieder und drehte ihre Hand so, dass er seine Lippen auf ihre Handfläche zu pressen vermochte.
Tamara ließ ihn gewähren, ohne dass sie ein Wort sagte. Scheinbar vernahm er ihre stillschweigende Zustimmung trotzdem. Zärtlich zog er ihr die zerrissene Bluse aus und legte sie beiseite. Er griff um sie herum, öffnete ihren Büstenhalter und ließ die Träger von ihren Schultern gleiten. Ihre rechte Brust wies einen Bluterguss auf, und ihr schoss durch den Kopf, dass die Male, die die Finger des anderen Mannes auf ihr hinterlassen hatten, wohl niemals zur Gänze verschwinden würden.
„Die Abdrücke sind bloß oberflächlich; sie werden vergehen.“ Er streifte ihr die immer noch feuchten Jeans über die Beine, hob die Hände und stützte Tamara, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor, als sie aus ihren Hosen stieg. Ihres Slips entledigte sie sich selbst.
Sie wollte nicht, dass er an ihrem Körper herabschaute. Trotz seiner beruhigenden Worte fühlte sie sich nach wie vor schmutzig. Er hielt den Blick auf ihre Augen gerichtet und fasste ihre Hände, als sie erst den einen, dann den anderen Fuß in das Schaumbad gleiten ließ. Langsam sank sie ins Wasser, lehnte sich gegen das kühle Porzellan und schloss die Augen.
Tamara spürte die Berührung des kühlen Glases auf ihrer Handfläche und schloss die Hand darum. „Trink“, wies Eric sie an. „Entspann dich. Lass die Anspannung nachlassen. Lausche Wolfgangs Genie.“
Ohne dabei ihre Augen zu öffnen, kostete sie den Brandy. „Hmm. Der ist wirklich großartig.“
„Cognac“, entgegnete er. Sie vernahm das Tropfen von Wasser, dann fühlte sie, wie sich ein warmer Waschlappen über ihren Hals zu ihrem Nacken hin bewegte.
Sie runzelte mit geschlossenen Augen die Stirn. „Gibt es da nicht eine Legende über Vampire und fließendes Wasser …?“
Sie hörte sein leises Lachen. Der Waschlappen verschwand von ihrer Haut, um ins Wasser einzutauchen. Er wrang den Lappen aus, seifte ihn ein und begann von Neuem mit seiner zärtlichen Reinigung – ihrer Seele, wie ihr schien.
„Vollkommener Unsinn.“ Der Waschlappen bewegte sich gemächlich über ihren Brustkorb und wusch ihre Brüste, mit der Folge, dass sich ihr Herzschlag beschleunigte. Indes, Erics Berührungen wohnte keine Leidenschaft inne, lediglich die Sorge um ihr Wohlbefinden. „Genau wie die Geschichte über Knoblauch oder Eisenhut. Und die über das Kruzifix, doch darüber weißt du ja bereits Bescheid.“
„Aber Sonnenlicht …“
„Ja, das Sonnenlicht ist mein größter Feind. Das ist eins der Dinge, denen ich in meinem Labor auf die Spur zu kommen versuche. Wieso die Sonne uns
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