Farben der Liebe
was ihnen gefällt“, fuhr ich ihm wütend ins Wort. „Behalte deine Modetipps für dich und lass mich endlich gehen.“
„So wie du dich aufgetakelt hast, mit diesem Fetzen und der Schminke, ist es doch mehr als eindeutig, was du vorhast.“
„Da sind wir uns endlich mal einig.“ Ich schlug seine Hand erneut weg, als er mich aufhalten wollte. „Ich habe vor, jeden Kerl zu ficken, der nicht bei drei auf den Bäumen ist.“
Jan lachte. „So wie du aussiehst, solltest du schnell zählen lernen.“
„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du manchmal ein echter Arsch sein kannst?“ Ich legte die Hand auf die Türklinke und wollte sie öffnen.
„Jetzt hör mal, Fabian“, versuchte Jan es erneut und blockierte die Tür mit seiner Hand, sodass ich sie nicht öffnen konnte.
Ich schnaufte tief. „Ich weiß, dass du dich für mich schämst, das ist mir jedoch absolut egal. Ich mach mein Ding und du deines. Und wenn du nicht sofort die Hand von der Tür nimmst, wirst du meine Faust schmecken.“
„Seit wann hast du es nötig zu drohen?“
„Seit du mal wieder das fürsorgliche Brüderchen-Syndrom raushängen lässt. Ich bin alt genug, fünfundzwanzig, kann gut auf mich selbst aufpassen, und wenn ich gefickt werde, anstatt zu ficken, kann dir das auch total egal sein. Gib die Tür endlich frei.“ Ich war mehr als sauer. Ich stand wirklich kurz davor, mich mit meinem Bruder prügelnd auf dem Boden zu wälzen. Kräftemäßig stand ich ihm in Nichts nach. Wir hatten uns schon oft so in die Haare gekriegt und genauso oft die Lösung unseres Problems nur noch mittels unserer Fäuste finden können. Meist reichten aber ein oder zwei harte Schläge, um uns zur Vernunft zu bringen. An diesem Abend war ich sogar bereit, ihm eine blutige Nase zu schlagen, wenn er es wagen sollte, sich mir noch länger in den Weg zu stellen.
Tatsächlich nahm Jan die Hand von dem Türblatt und wich ein Stück zurück.
„Fabian“, versuchte er es erneut. „Ich will nicht, dass du mit diesem Ding unter die Leute gehst.“
„Weißt du, was mich das kann?“ Ich riss die Tür auf und wollte endlich verschwinden. Ein weiteres Mal legte Jan die Hand auf meine Schulter und drückte sie fest, sodass ich innehielt und mit einem Zischen herumfuhr. „Lass mich los!“
„Du bist viel zu nett für dieses Teil“, sagte er und sah mich mit einem Ausdruck an, der die Wut in mir wie durch ein defektes Ventil entweichen ließ. Ich kam mir vor wie ein Luftballon, der sich an einem Kaktus gestochen hatte und nicht gleich platzte, sondern ganz allmählich die Luft verlor, je länger ich in das Gesicht meines Bruders schaute.
„Das ist ein ganz verruchtes Teil“, fuhr Jan fort, als er merkte, dass ich geduldig warten und zuhören würde, bis er seine Erklärung abgegeben hatte, „das lauthals herumschreit, wie leicht du zu haben bist. Aber das hast du nicht verdient. Du bist ein anständiger Kerl, der auch einen Kerl verdient, der das zu schätzen weiß.“
Ich schnaufte tief. „Wenn du deine lächerlichen Leoparden-Slips anziehst, bevor du zu einem Date gehst, das ist nicht verrucht?“
Jan lachte kurz auf und senkte etwas verlegen den Blick. „Okay, eins zu null für dich. Die sind wirklich verrucht.“ Er hob den Kopf und sah mich wieder an. „Die Frauen stehen auf so was.“
„Die Männer auf so was auch“, erklärte ich und deutete mit dem Daumen auf meine Brust, wo sich unter der dicken Winterjacke das lila Hemd befand. „Was soll diese ganze Aufregung? Wenn ich so einen Aufstand wegen deiner hässlichen Safaris machen würde, hättest du mir schon längst in den Hintern getreten.“
„Das kann ich immer noch“, erwiderte Jan grinsend. „Mal ehrlich. Willst du das wirklich tun?“
„Sieht das aus, als würde ich es mir anders überlegen wollen?“ Ich knurrte ärgerlich und umklammerte die Klinke fester. „Gibt es noch was?“ Ich klang nicht nur äußerst genervt, ich war es auch. Meine Laune war im Keller.
„Damit schleppst du hundertprozentig jemanden ab. Ist nur eine Frage wen. Du siehst so umwerfend aus, dass ich neidisch werden könnte.“
Ich biss mir kurz auf die Zunge, um meinen Kommentar zu verhindern. Es drängte jedoch so stark nach draußen, dass ich nicht anders konnte. „Spieglein, Spieglein, an der Wand“, rezitierte ich. „Jetzt erst kapiere ich. Du kannst es nicht ertragen, dass ich besser aussehe als du. Hättest du doch nur etwas gesagt, ich hätte dir das Hemd gerne mal ausgeliehen.“
Jan
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