Farben der Liebe
streichelte, während sein Blick über die Auswahl der Gäste schweifte, auf den Barhockern und wippten im Takt der Musik. Als sie mich entdeckten, hellten sich ihre Gesichter auf. Ich begrüßte Tim mit einem kleinen Küsschen auf die Wange und Siggi mit einem Handschlag und ließ mich von ihm kurz an die Schulter ziehen.
Schließlich zog ich die Jacke aus und hängte sie über die Rückenlehne des hochbeinigen Stuhles, die gerade mal so hoch war, dass man nicht nach hinten abrutschte. Daran anlehnen war eine schlechte Idee.
Tim zog sofort die Augenbrauen nach oben, als er mich sah. Die von Siggi wanderten nach unten. Er verlor auch sogleich das Interesse an mir und widmete sich wieder den anderen Gästen. Siggis Interesse an Männern hielt sich arg in Grenzen. Er sagte zwar nicht unbedingt Nein, wenn ihn jemand ansprach, der seinem persönlichen Geschmack zusagte, zog es jedoch vor, sich für das nächtliche Vergnügen eine Frau zu angeln.
„Schick!“, kreischte mir Tim ins Ohr, um den Lärmpegel zu übertönen. „Neu?“
Ich zog nur die Schultern hoch und winkte nach dem Kellner.
Tim zupfte ein wenig an meiner mit Gel und Haarspray gestylten Igelfrisur herum, bis ich seinen Fingern auswich, und schätzte mich anerkennend ab. „Sieht geil aus. Steht dir. Solltest du öfter tragen.“
„Mein Bruder meint, damit sehe ich aus wie ein Homo“, lachte ich. Jetzt, eine halbe Stunde nach dem Streit, kam mir das Ganze nur noch lächerlich vor.
„Bist du doch auch“, erwiderte Tim und lachte mit. Seine Augen glänzten, während er mich musterte. Eine Zungenspitze kam zum Vorschein und leckte über die trockenen Lippen. Tim war an mir interessiert, ich jedoch nicht an ihm. Er war ein liebenswürdiger Kerl, man konnte stundenlange Debatten über alles Mögliche mit ihm führen. Doch ein Mann, der nur halb so breit war wie ich, dafür aber einen ganzen Kopf größer, war einfach nichts für mich. Ich mit meinen knapp eins achtzig war nun wirklich nicht klein. Aber gegen Tims zwei Meter kam ich mir immer wie ein Zwerg vor.
Freche Finger zwickten in meinen Hintern. Ich gab einen erschrockenen Laut von mir, fuhr herum und blickte geradewegs einem frech grinsenden Max ins Gesicht.
„He, hallo!“, begrüßte er mich. „Du bist aber heute aufgetakelt. Gibt es einen Grund dafür?“
„Hey, Max.“ Ich ließ mir von ihm ein Küsschen auf jede Wange drücken, ehe er seinen Hintern auf den Barhocker neben mir platzierte und nach dem Kellner Ausschau hielt, der ein paar Tische weiter eine Bestellung aufnahm.
„Keinen Besonderen“, antwortete ich. Dabei musste ich schreien. Nur zwei Meter von uns entfernt stand eine der Lautsprecherboxen, die ihre wummernden Bässe direkt in unsere Richtung schickte.
„Warum hast du mir nichts mitgebracht?“, beschwerte sich Max, boxte mich strafend auf den Oberarm und zog eine Schnute.
Ich beugte mich näher an ihn heran. „Wie bitte?“
„Warum hast du mir nichts von der Bar mitgebracht? Du weißt doch, was ich gern mag. Bis der Kellner zu uns kommt, kann der ganze Abend schon gelaufen sein.“
„Ich war noch nicht an der Bar“, gab ich verwirrt zurück.
Max sah mich fragend an. „Nicht?“
Ich schüttelte den Kopf. Ich war erst ein paar Minuten hier und wollte erst einmal die Lage sondieren, ehe ich die Geduld mit dem hoffnungslos überlasteten Personal verlor und mich zur Bar durchkämpfte, um mir etwas zu trinken zu besorgen. Obwohl hier sechs Kellner angestellt waren, gelang es ihnen nicht, die Masse an Gästen zügig zu bedienen. Es war auch oft so voll, dass sie kaum mit ihren voll beladenen Tabletts durchkamen. An der Bar sorgten vier Barkeeper für die Drinks. Manchmal kam man da schneller dran, als wenn man auf die Bedienung wartete.
„Soll ich was holen?“, schlug ich schließlich vor.
Max nickte sogleich. Siggi hielt sein leeres Bierglas hoch und Tim lächelte mich breit an. Mit einem Nicken schob ich mich vom Hocker und machte mich auf die Odyssee zur Bar.
Freitags war hier oft die Hölle los. Ich musste mit den Leuten auf Tuchfühlung gehen, mich direkt an ihrem Leib vorbeischieben und sie auf andere Gäste drücken, um mich näher an die Bar heranzukämpfen. Als ich es endlich geschafft hatte, musste ich nur ein paar Minuten warten, bis ich an der Reihe war und meine Bestellung aufgeben konnte. Während der Mann mit flinken Fingern die Drinks mixte, sah ich mich flüchtig um.
Viele bekannte Gesichter, die jeden Freitag hier aufschlugen, aber auch
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