Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
Vom Netzwerk:
die Stereoanlage, die riesigen Schwarzweißfotografien von Jazzmusikern an den Wänden. Löwner selbst hockt barfuß in Trainingshose und T-Shirt auf einem roten Ledersofa und sieht aus, als habe ihn die Polizei direkt aus dem Bett gezerrt. Sein blond gesträhntes Haar ist zerzaust und die Falten in der gebräunten Haut verraten, dass er die dreißig und wahrscheinlich auch die vierzig schon eine Weile hinter sich gelassen hat. Manni lässt sich dem Mann gegenüber in einen Sessel sinken und betrachtet ihn. Er war es nicht, denkt er und merkt wieder diesen unguten Druck in der Magengegend. Er war es nicht. Er hat es nicht nötig, ein pummeliges Gruftigirl zu vergewaltigen, weil ihm unter Garantie jede Menge ambitionierte Möchtegern-Popsternchen zu Füßen liegen.
    Löwner räuspert sich, offenbar irritiert von Mannis Schweigen. Der schöne Schein kann natürlich täuschen, gesteht Manni sich ein. Vielleicht ist Löwner eins dieser Arschlöcher, die durchdrehen, wenn sie einen Korb kriegen, egal von wem. Doch welches Motiv hätte er, auch noch einen Priester und einen Chirurg umzubringen?
    »Ich mach mal 'n Kaffee.« Löwner steht auf. »Für Sie auch?«
    »Setzen Sie sich wieder hin.« Die Krieger ist zurück, ihre Stimme schneidet.
    »Ich hab niemanden vergewaltigt, verdammt«, mault Löwner, gehorcht aber trotzdem. »Ich war die ganze Nacht mit Zoe zusammen.«
    »Zoe?«, fragt Manni.
    »17 Jahr, blondes Haar, nebenan im Schlafzimmer.« Die Krieger lächelt ihr Wildkatzenlächeln, wendet sich sofort wieder Löwner zu.
    »Jana Schumacher. 16. Sagt Ihnen das was?«
    »Jana, ja.« Löwner nickt. »Nach der hat dieses Punkmädel neulich auch gefragt.«
    »Und?«
    »Das mit Jana ist schon 'ne Weile her. Das war 'ne Hübsche, mit einer super Stimme. Ich wollt ein Demo machen mit ihr.«
    »Und?«
    »Dann ist sie einfach nicht mehr gekommen.«
    »Weil sie von einem Zug überrollt worden ist«, erklärt die Krieger mit Katzenblick.
    »Shit!« Löwner fährt sich mit der Hand über das Gesicht. »Deshalb also.«
    »Deshalb was?«
    »Diese Punkgöre hat mich Mörder genannt, sie hat's mir sogar in die Autotür geritzt.«
    »Das haben Sie gesehen?«
    »Sie hat mir 'ne riesen Szene gemacht. Wer sonst also sollte das gewesen sein?«
    »Und deshalb haben Sie sie vergewaltigt. Genauso wie ihre Freundin Jana.«
    »Nein, verdammt. Das habe ich nicht.«
    Einen Moment sieht die Krieger verloren aus, durchscheinend beinahe, als kippe sie um. Dann fängt sie sich wieder und feuert die nächste Frage ab.
    »Haben Sie sich damals nicht gewundert, als Jana nicht kam? Eine Aufnahme im Tonstudio ist doch das, wovon viele Mädchen träumen?«
    Löwner zuckt mit den Schultern. »Manche Mädels sind halt unberechenbar. Oder die Eltern hängen sich rein. Außerdem war ich ja damals schon auf dem Absprung.«
    »Wohin?«
    »L.A.« Er grinst. »Ein cooles Label. Sonne. War ein geiles Angebot.«
    »Aber?«
    »Zu viel Sonne, zu viel Plastik und schlechte Musik. Seit Januar bin ich wieder hier.«
    »Januar.« Die Krieger guckt aus dem Fenster. »Sind Sie katholisch?«
    Löwner starrt sie an. »Ist das wichtig?«
    »Ich frage«, faucht sie.
    »Nein. Nie gewesen.« Löwner steht auf. »Hören Sie, ich hab niemanden vergewaltigt und ich hab niemanden umgebracht. Ich kann nichts dafür, wenn ein Punkgör mich anschwärzt.«
    »Georg Röttgen, sagt Ihnen der Name was?«, fragt Manni.
    Löwner guckt verständnislos. »Nein, wer soll das sein?«
    »Und Jens Weiß?«
    »Keine Ahnung, wirklich. Gehen Sie jetzt bitte. Sie haben meine Speichelprobe. Ich habe ein Alibi, das Zoe bereits bestätigt hat. Ich habe die ganze letzte Nacht gearbeitet und möchte jetzt gern wieder schlafen.«
    Die Krieger nickt, hat aber offenbar Schwierigkeiten, sich von dem Sessel zu lösen.
    Manni fasst sie am Arm, fühlt ihre Anspannung, doch immerhin erwacht sie nun aus ihrer Starre und sie können endlich gehen.
    »Was ist?«, fragt Manni, als sie sich unten ohne ein Wort auf den Beifahrersitz hockt.
    Sie dreht sich zu ihm herum, ganz langsam, ist auf einmal sehr nah, beunruhigend nah. So nah, wie ihm sonst allerhöchstens Sonja kommt.
    »Ich denke an Träume«, sagt sie. »Wie viel man bereit ist, für sie zu riskieren. Wie wichtig sie sind. Wie groß die Gefahr ist, an ihnen zu scheitern.«
    Sein Handy fiedelt los, er meldet sich hastig, ohne aufs Display zu gucken.
    »In der Telefonseelsorge wurde mehrmals aus derselben Telefonzelle am Hauptbahnhof angerufen, mit der auch

Weitere Kostenlose Bücher