Farben der Sehnsucht
glaube nicht... oder ja, natürlich. Wir haben später beim Lunch darüber gesprochen.«
Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich, und er sah wieder zu Paris hinüber. In seinem Blick lag Mißtrauen und sogar Abscheu, als er nun einen leisen Fluch ausstieß. » Verdammt !«
»Du glaubst doch wohl nicht...« Sloan beschloß, den Gedanken lieber nicht zu Ende zu denken, und brach entsetzt ab.
Paul schien sie gar nicht zu hören, sondern sich ganz auf die Szene zu konzentrieren, die er gerade beobachtete. »Verdammt!« wiederholte er dann lauter.
»Aber das ist doch lächerlich, Paul!« Sloan packte seinen Arm und zwang ihn, den Blick von Paris abzuwenden und statt dessen sie anzusehen.
»Findest du?« fragte er mit beißendem Spott. »Du solltest damit aufhören, deiner Schwester gegenüber eine törichte Närrin zu sein, Sloan! Offne die Augen und stelle dich der Wirklichkeit, wie sie nun mal ist: Paris wollte von Anfang nicht, daß du hierherkommst. Ich hatte nie den Mut, dir das zu sagen, aber ich wußte es von unserem Informanten.«
Sloan ließ sich durch diese Nachricht nicht aus der Ruhe bringen. »Das weiß ich doch schon lange. Edith hat es mir gesagt und mir auch den Grund dafür erklärt: Man hat Paris ihr ganzes Leben lang weisgemacht, daß meine Mutter und ich eine Art Abschaum der Gesellschaft sind. Natürlich wollte sie nicht, daß ich komme; aber sie änderte ihre Meinung schnell, nachdem sie mich kennengelernt hatte.«
»Ach ja?« höhnte er. »Paris hat nicht einmal einen Tag dafür gebraucht, um die Gefühle, die sie jahrelang gegen dich gehegt hatte, vollständig zu revidieren und sich innerhalb von vierundzwanzig Stunden in deine liebende große Schwester zu verwandeln. Kommt dir das nicht ein bißchen übertrieben vor?«
»Nein, durchaus nicht!«
»Dann überleg dir einmal folgendes: Dreißig Jahre lang war Paris die treue Sklavin deines Vaters und deiner Urgroßmutter, ohne jemals aufzumucken. Dann kommst du hier hereinmarschiert, und plötzlich entdeckt deine Uroma ihr Herz für dich und will dir einen Teil von Paris’ Erbe vermachen. Doch du hast Paris nicht nur die Liebe und das Geld ihrer Urgroßmutter gestohlen, sondern auch ihren zukünftigen Ehemann. Nach all dem bist du immer noch davon überzeugt, daß Paris dich nicht haßt? Und da wir schon beim Thema sind: Findest du es nicht etwas seltsam, daß die süße, liebe, schüchterne Paris gleichzeitig eine begeisterte Hobbypilotin ist?«
»Du verstehst sie nicht.«
»Du auch nicht«, gab er zurück. »Ein ganze Horde von Seelenklempnern hätte Schwierigkeiten herauszufinden, was wirklich in ihr vorgeht; und ich möchte gar nicht wissen, was sie in ihren Gutachten über sie schreiben würden.«
Sloan starrte ihn tief getroffen an. »Du haßt sie, nicht wahr?«
»Ob ich sie hasse?« Er lachte bitter. »Ich würde eher sagen, ich habe eine Heidenangst vor ihr.«
»Mein Gott, du scheinst sie für eine Hexe zu halten, und dabei dachte ich, ihr seid verliebt ineinander.«
»Sie ist entweder eine Hexe oder eine Heilige. Da ich nicht an Heilige glaube, scheint mir die Hexe wahrscheinlicher.«
Sloan schüttelte traurig den Kopf. »Ich hatte wirklich gedacht, du magst sie.« Sie sah ihn lange und prüfend an und suchte in seinem Gesicht nach Anhaltspunkten dafür, was er wirklich dachte. »Ich weiß, daß du nicht zu deinem Vergnügen hier bist, aber ich hatte oft das Gefühl, daß du in Paris’ Gegenwart fröhlicher bist und sie mit einem fast zärtlichen Blick ansiehst.«
»Nun, es ist ja nicht gerade eine Qual, sie anzuschauen«, sagte Paul gereizt. »Sieh sie dir doch an!« Er wies mit dem Kopf auf Paris, die immer noch mit einem der Männer plauderte. »Sie ist schön, sie ist anmutig, sie hat Charme. Sie ist etwas scheu, bis man sie näher kennenlernt und sie vor deinen Augen aufblüht... Ich war ein Narr, zu denken, daß ich der Grund dafür sein könnte.«
Sloan wußte nun gar nicht mehr, was sie glauben sollte. Sie hatte sich bezüglich der Anziehungskraft zwischen Paul und Paris nicht getäuscht, und sie hätte sich darüber gefreut, wenn die Situation nicht so verfahren gewesen wäre. Doch aus irgendwelchen Gründen schien Paul seine Gefühle für Paris nicht wahrhaben zu wollen.
»Beantworte mir eine Frage, Paul«, bat sie ihn. »Was würdest du sagen, wenn sich herausstellte, daß du unrecht hast und Paris doch nicht so schlecht ist, wie du denkst?«
Pauls Augen streiften Paris, die gerade wieder ins Haus ging, mit
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