Farben der Sehnsucht
erwiderte Cagle mit einem selbstzufriedenen Lächeln.
Die Datenbanken des Regionalen Informationszentrums zur Verbrechensbekämpfung waren für das gesamte Personal der Polizeikräfte von Palm Beach kostenlos und von ihren eigenen Computern aus zugänglich. Im Gegensatz dazu kostete es einen Dollar pro Minute, die gigantischen Datenbanken der Data Base Technologies in Pompano Beach zu befragen, und der Zugang war auch nur auf eine Reihe von Benutzern mit Sondergenehmigung - wie Versicherungsgesellschaften und Kreditbüros - beschränkt. Die Polizeikräfte überall im Land benutzten diesen Service, aber sie mußten einen geheimen Code eingeben, wenn sie online gingen, damit niemand kontrollieren konnte, wer gerade wen durchcheckte. »In wenigen Minuten dürften wir von Hank ein paar bescheidene Daten erhalten«, scherzte Cagle und spielte damit auf die enorme Menge an Informationen an, die DBT selbst noch über den uninteressantesten Bürger ansammelte.
»Okay«, erwiderte Flynn. »Trinken wir einen Kaffee und gehen dann die Liste durch.«
Da er der Jüngere war, bestand eine unausgesprochene Abmachung zwischen den beiden Männern, daß Kaffeeholen zu Cagles Aufgaben zählte. Er ging daher los und kehrte wenig später mit zwei Tassen starken schwarzen Kaffees zurück. Dann setzte er sich wieder auf seinen Stuhl und drehte sich zu Flynn, damit sie gemeinsam arbeiten konnten.
»Falls es ein geplanter Mord war, können wir wahrscheinlich den Butler, die Köchin, den Hausmeister und die Haushälterin streichen«, sagte Flynn.
»Wieso denn das? Ich hatte während unserer Befragungen das Gefühl, daß die alte Dame ziemlich streitsüchtig war.«
Flynn grinste. »Wenn sie wirklich so schlimm war, hätten die Köchin oder einer von den anderen Hausangestellten sie sicher schon früher ins Jenseits befördert. Sie haben sich jahrelang mit ihr herumgeschlagen.« Er strich die vier Namen kurzerhand durch. »Haben die Hausmädchen, die du heute früh befragt hast, dir den Eindruck vermittelt, daß sie irgendein Interesse an ihrem Tod hatten?«
Cagle schüttelte den Kopf und nahm dann einen Schluck von seinem heißen Kaffee, während Flynn auch diese beiden Namen durchstrich.
»Was ist mit Dishler?« fragte Flynn.
»Ich halte ihn nicht für verdächtig. Er arbeitet schon seit mehreren Jahren für Reynolds und scheint sehr loyal zu sein. Außerdem hat er im Handumdrehen Maitlands Geschichte bestätigt. Es kommt mir sehr unwahrscheinlich vor, daß er der Mörder sein könnte.«
»Ich stimme dir zu, aber wir sollten ihn trotzdem überprüfen«, sagte Flynn. »Was hältst du von Maitland?«
»Welches wäre sein Motiv?«
Flynn drehte seinen Bleistift zwischen den Fingern. »Ich mag ihn nicht.«
»Wieso vergeuden wir dann noch Zeit? Laß uns einen Haftbefehl ausstellen«, versetzte Cagle mit trockenem Humor. Als Flynn weiterhin stirnrunzelnd seinen Stift betrachtete und schwieg, wurde er aber neugierig. »Wieso magst du ihn nicht?«
»Ich bin vor einem Jahr mit ihm aneinandergeraten, als ich seine kleine Schwester wegen einer Drogengeschichte verhörte, in die ein paar Freunde von ihr verwickelt waren.«
»Und?«
»Er ist ziemlich jähzornig. Außerdem ist er ein arroganter Schnösel, und seine Anwälte sind eine Meute von Dobermännern. Ich weiß das, weil er sie nach dieser kleinen Episode auf uns losgelassen hat.«
»Dann sollten wir seinen Hintern so bald wie möglich ins Gefängnis befördern«, sagte Cagle mit einem ironischen Grinsen.
Flynn ignorierte seine Bemerkung. »Sein Schwesterherz ist eine freche Göre. Sie hat mich die ganze Zeit >Sherlock< genannt.«
»Teufel noch mal, wir sollten sie auch gleich mit einbuchten.« Als Flynn ihm einen mürrischen Blick zuwarf, wurde Cagle wieder ernst. »Sollten wir uns nicht auf einen überzeugenderen Verdächtigen konzentrieren?«
»Es ist ja fast niemand mehr da.« Flynn betrachtete nachdenklich die Liste. »Paris Reynolds?«
Cagle nickte nachdenklich. »Schon möglich.«
»Wieso?« fragte Flynn. »Gib mir ein Motiv.«
»Als ich Carter Reynolds nach dem Testament seiner Großmutter befragte, teilte er mir mit, daß er und Paris die alleinigen Erben seien.«
Flynn stieß ein trockenes Lachen aus. »Willst du mir weismachen, daß einer der beiden dringend Geld brauchte?«
»Vielleicht hat es Paris satt, auf ihr Erbe zu warten. Vielleicht will sie nicht mehr auf Daddys Kosten leben.«
»Aber Edith Reynolds war doch immerhin schon fünfundneunzig. Sie hätte
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