Farben der Sehnsucht
Sloan unbedingt borgen wollte. Aber darin hatte sie sich Gott sei Dank getäuscht. Statt dessen wünschten ihr die beiden viel Vergnügen und stellten sich schließlich in der Einfahrt auf, um sich mit großem Brimborium von Sloan zu verabschieden.
Kimberly sah mit zufriedenem Gesichtsausdruck zu, wie Paul Richardson um den Wagen herumging und Sloan höflich auf den Beifahrersitz half. »Sie wird wundervoll aussehen in dem schwarzen, perlenbesetzten Cocktailkleid«, flüsterte sie Sara glücklich zu. »Sie hat eine nagelneue Garderobe, mit der sie ein wunderschönes neues Leben anfangen kann, ein Leben mit ihrem Vater und Paul Richardson...«
»Und mit meinem roten Leinenkleid«, fügte Sara hinzu.
Als der Wagen nun in die Straße einbog, winkten die beiden Frauen ihm mit fröhlichen Unschuldsmienen hinterher. »Es war sehr nett von Paul, daß er die beiden anderen Koffer vor Sloan versteckt hat«, sagte Kimberly schließlich.
»Ja, da hast du recht«, stimmte Sara mit einem etwas unsicheren Lächeln zu. »Es wäre mir aber doch lieber, wenn diese neue Liebe nicht so plötzlich käme. Ich wünschte, Sloan würde ihn etwas besser kennen.«
»Ich nicht«, eröffnete Kimberly der erstaunten Sara. »Sloan hat das Leben immer zu ernst genommen und war Männern gegenüber viel zu vorsichtig. Um die Wahrheit zu sagen: Ich wünschte mir eigentlich schon seit Jahren, daß sie etwas impulsiver wäre.«
Sara wies in die Richtung, in der das Auto verschwunden war, und schenkte der Frau, die sie mehr als ihre eigene Mutter liebte, ein strahlendes Lächeln. »Ich glaube, dein Wunsch hat sich erfüllt, Mom.«
13
Sie waren bereits seit zwei Stunden unterwegs, als Paul seiner beharrlich schweigenden Beifahrerin einen beunruhigten Blick zuwarf. Sie saß still und kerzengerade da und verzog keine Miene, aber mit jedem Kilometer, den sie zurücklegten, schienen ihre innere Anspannung und Angst größer zu werden. Es tat ihm nun fast leid, daß er sie zum Mitkommen bewegt hatte.
Um zu vermeiden, daß sie es sich schließlich doch noch einmal anders überlegte, hatte er sie in den vergangenen zwei Wochen nur noch einmal getroffen. Sie hatten aber des öfteren miteinander telefoniert, und Sloan hatte dabei mehrmals versucht, ihn über ihren Vater und ihre Schwester auszufragen. Paul hatte jedoch darauf bestanden, daß sie erst später auf der Fahrt nach Palm Beach darüber reden würden. Er war jetzt bereit, ihre Fragen zu beantworten, und hätte sie gerne etwas aufgemuntert, aber sie schien nicht dazu in der Lage, ein Gespräch zu beginnen oder ihn auch nur anzusehen, wenn er etwas sagte.
Er stellte allerlei Überlegungen an, welche Vorteile für ihr eigenes Leben Sloan sich von dem Besuch in Palm Beach erhoffen konnte und ob die Möglichkeit bestand, daß die Begegnung mit ihrer Familie für sie doch noch einen glücklichen Ausgang nehmen würde. Es wäre eine ganz normale Reaktion gewesen, wenn sie sich insgeheim ausgemalt hätte, daß sich zwischen ihr und ihrem Vater oder ihrer Schwester wider Erwarten eine gewisse Nähe und Vertrautheit entwickeln oder sie sich sogar glänzend verstehen würden. Aber Sloan fuhr ja nicht aus sentimentalen Gründen nach Palm Beach, sondern sie hatte ihren Stolz nur hinuntergeschluckt, weil sie ihre Mitarbeit mit dem FBI als ihre Pflicht ansah.
Da er kaum Chancen für ein wie auch immer geartetes Happy-End sah, erfand Paul schließlich eine, um wenigstens sein Gewissen zu beruhigen und ihre Stimmung etwas aufzuheitern. In seinem Kopf entwarf er ein für alle Seiten gleichermaßen zufriedenstellendes Märchenszenario, in dem Carter Reynolds sich nicht nur als unschuldig herausstellte, sondern auch noch starke väterliche Gefühle für Sloan entwickelte.
Wenngleich die Wahrscheinlichkeit, daß die Geschichte wirklich so ausgehen würde, äußerst gering war, räusperte er sich schließlich und ergriff das Wort. »Sloan, vielleicht erscheint dir das jetzt im Moment ganz absurd, aber es wäre doch immerhin möglich, daß die ganze Angelegenheit für deine gesamte Familie gut ausgehen wird.« Statt weiterhin auf die Windschutzscheibe zu starren, drehte sie sich nun abrupt um und sah ihn an, jedoch ohne ein Wort zu sagen. Paul nahm dies als ein ermutigendes Zeichen und fuhr fort: »Dein Vater ist im Moment nur ein Verdächtiger, den wir unter Beobachtung stellen müssen. Du sollst uns dabei helfen, in seine Nähe zu kommen und einige Dinge über ihn herauszufinden. Doch es kann sich am Ende
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