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Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaugth
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widersprüchlichen Eindrücken, die sie bisher über Paris gewonnen hatte, war in Sloan der feste Wunsch entstanden, die höfliche Förmlichkeit ihrer Schwester zu überwinden und sie wirklich kennenzulernen. Sie ergriff daher die Gelegenheit, die Paris ihr mit ihrer Frage geboten hatte. »Ich habe nur gerade gedacht, daß du toll aussiehst.«
    Paris verlor vor Überraschung beinahe die Kontrolle über das Lenkrad. »Danke. Ich weiß gar nicht, was ich darauf sagen soll.«
    »Du könntest doch einfach sagen, was du denkst.«
    »Nun, ich glaube, ich hätte niemals erwartet, daß du so etwas zu mir sagen würdest.«
    Als Sloan nichts erwiderte, platzte Paris heraus: »Und ich finde es sehr liebenswert von dir, das zu sagen.« Ihre Worte enthielten ehrliche Freude und Herzenswärme, und Sloan war über diese Entdeckung sehr erleichtert.
    Paris mußte sich auf den Verkehr konzentrieren, als sie nun in einen breiten Boulevard einbog. Doch nach einer Weile wandte sie sich wieder an Sloan und fragte sie zögernd: »Kommt es dir nicht komisch vor, hier zu sitzen und zu wissen, daß wir... daß wir Schwestern sind?«
    Sloan nickte. »Ich dachte gerade dasselbe.«
    »Du bist ganz anders, als ich erwartet hatte.«
    »Ich weiß.«
    »Du weißt das?«
    »Ja. Deine Urgroßmutter hat mir gesagt, was man dir über mich erzählt hat.«
    Paris warf ihr einen scheuen Blick zu. »Sie ist auch deine Urgroßmutter.«
    Mit einem süffisanten Unterton in der Stimme sagte Sloan: »Irgendwie finde ich es viel leichter zu akzeptieren, daß du meine Schwester bist, als daß sie meine Urgroßmutter ist.«
    »Es ist nicht leicht, an sie heranzukommen. Die meisten Menschen fühlen sich von ihr eingeschüchtert.«
    Du eingeschlossen, dachte Sloan.
    »Schüchtert sie dich auch ein?« fragte Paris.
    »Nicht wirklich. Nun, vielleicht ein bißchen«, gab Sloan zögernd zu.
    »Viele Leute haben regelrecht Angst vor ihr.«
    »Sie ist nicht gerade eine typische Urgroßmutter, oder jedenfalls entspricht sie nicht meiner Vorstellung von einer.«
    »Wie ist denn deine Großmutter?«
    »Du meinst, die Mutter unserer Mutter?« fragte Sloan sanft.
    »Ja.«
    »Sie starb, als ich sieben war, aber ich erinnere mich noch, daß sie sehr... verschmust war. Sie hat immer nach Plätzchen gerochen.«
    »Nach Plätzchen?«
    Sloan nickte. »Sie war eine leidenschaftliche Plätzchenbäckerin. Außerdem war sie ziemlich mollig und hat mich immer an ihren weichen Körper gedrückt, daher habe ich sie wahrscheinlich >verschmust< genannt. Ich glaube, es kam fast nie vor, daß sie uns besuchte und Sara und mir keine Plätzchen mitbrachte.«
    »Sara?«
    »Wir sind zusammen aufgewachsen, und sie ist immer noch meine beste Freundin.«
    Es folgte ein seltsames Schweigen - das Schweigen von zwei Menschen, die aufeinander zugehen möchten, doch die auch so erleichtert über das bisher Erreichte sind, daß sie Angst vor dem nächsten Schritt haben. Sloan atmete tief durch und hoffte, daß sie das Richtige sagen würde. »Möchtest du wissen, wie deine Mutter wirklich ist?«
    »Wenn du darüber sprechen willst. Ich überlasse es dir.«
    Sloan legte den Kopf zurück und hielt ihr Gesicht in den Wind, während sie über Paris’ ausweichende Antwort nachdachte. »Wenn wir nicht offen und ehrlich zueinander sind«, sagte sie schließlich ruhig, »dann haben wir keine Chance, uns wirklich kennenzulernen. Ich möchte dich aber kennenlernen, Paris. Meinst du, wir könnten einen Pakt schließen, daß wir einander nach Möglichkeit immer die Wahrheit sagen und mit unseren wirklichen Gefühlen nicht zurückhalten? Dafür brauchen wir viel gegenseitiges Vertrauen, aber ich wäre bereit, es zu versuchen. Wie steht’s mit dir?«
    Paris’ Hände legten sich fester um das Lenkrad, während sie sich Sloans Vorschlag durch den Kopf gehen ließ. »Ja«, flüsterte sie endlich. »Ja, ich bin einverstanden«, bestätigte sie dann lauter und nickte bestimmt, wobei sie Sloan ein schüchternes Lächeln schenkte.
    Sloan beschloß, ihren Pakt unverzüglich auf die Probe zu stellen. »Nun gut. Möchtest du also wissen, wie deine Mutter wirklich ist?«
    »Ja, ich möchte es gerne wissen.«
    »Es ist ganz einfach«, sagte Sloan glücklich. »Sie ist dir sehr ähnlich, soweit ich das bisher beurteilen kann. Sie ist freundlich. Sie haßt es, jemanden zu verletzen. Sie liebt modische Kleider und arbeitet im elegantesten Bekleidungsgeschäft von Bell Harbor. Jeder, der sie kennt, liebt sie, außer Lydia, der

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