Farben der Sehnsucht
verbringen, während du hier bist. Angefangen bei dem heutigen Abend.«
»Das geht nicht«, erwiderte Sloan, wobei ihre Stimme einen panischen Tonfall annahm.
»Wieso denn nicht?«
»Aus drei sehr wichtigen Gründen«, erwiderte sie und versuchte, die Kontrolle über ihre Stimme wiederzuerlangen. »Und die heißen: Paris, Paul und Carter.«
»Paris hat mir gestern abend gesagt, daß du nicht mit Paul zusammen bist. Ich hingegen bin nicht mit Paris zusammen, und da keiner von uns beiden mit Carter zusammen ist, sehe ich auch ihn nicht als Hinderungsgrund.«
»Ich meinte damit nur, daß ich viel Zeit mit ihnen verbringen will.«
»Wir können einen Weg finden, das miteinander zu vereinbaren. Gibt es noch etwas, das unserem Kennenlernen im Weg stehen könnte?«
»Ich weiß nicht...«, sagte Sloan ausweichend, doch er durchschaute sie sofort.
»Lassen wir die Spielchen. Ich kenne sie alle, und auch wenn du ihre Regeln kennen würdest, würdest du sie nicht genießen.«
Um Zeit zu gewinnen, hob Sloan eine kleine Muschel auf und tat so, als würde sie sie aufmerksam studieren. Noah wartete schweigend, bis sie keine andere Wahl mehr hatte, als ihm in die Augen zu sehen; dann sagte er: »Ich mag deine erfrischende Offenheit und Ehrlichkeit. Aber da ist etwas, das dich stört, wenn du mit mir allein bist. Was ist es?«
Sloan fragte sich, ob er sie immer noch für erfrischend offen und ehrlich halten würde, wenn er erfuhr, wer sie wirklich war. Mich stört zum Beispiel, wenn ich mit dir allein bin, daß ich keine Innenarchitektin bin, sondern eine Polizistin mit einem Geheimauftrag. Ich bin nicht etwa hier, um mich mit meinem Vater zu versöhnen, sondern um herauszufinden, ob er ein Verbrecher ist. Paul ist nicht mein Freund, sondern ein FBI-Agent, der aus demselben Grund wie ich hier ist. Oh, und übrigens: Er möchte gerne, daß ich auch einiges über dich herausfinde. Sie war alles andere als offen und ehrlich; tatsächlich war sie wahrscheinlich die größte Betrügerin, die ihm je über den Weg gelaufen war. Und trotz allem fühlte sie sich so sehr zu ihm hingezogen, daß ihr Magen sich unwillkürlich verkrampfte, wenn sie nur daran dachte, daß er eines Tages die Wahrheit erfahren würde.
»Fühlst du dich zu mir hingezogen?« überrumpelte er sie.
Sloan hatte das untrügliche Gefühl, daß er die Antwort bereits kannte. »Weißt du was«, sagte sie zaghaft, »laß uns lieber nicht allzu ehrlich sein.«
Er lachte laut auf und lächelte immer noch, als er sich zu ihr hinunterbeugte und sie leicht auf den Mund küßte. »So, das hätten wir geschafft. Der erste Kuß ist immer der schwierigste. In Zukunft werden wir es leichter haben.«
Sloan starrte ihn fassungslos an; ihr Kopf begann sich wie wild zu drehen, und sie empfand eine seltsame Mischung aus Ungläubigkeit, Angst und Verlangen.
Sloan hatte eigentlich erwartet, daß Noah sich an der Hintertür von ihr verabschieden würde, aber er folgte ihr wie selbstverständlich ins Haus. Drinnen angekommen, hörte sie erst Pauls Stimme und dann ein allgemeines schallendes Gelächter, was in diesem dunklen Haus mit seiner lähmenden Kälte und Vornehmheit irgendwie deplaziert wirkte. »Sie scheinen alle im Speisezimmer zu sein«, sagte sie zu Noah, während sie den Gang durchquerte und dem Geräusch der Stimmen folgte.
Die Familie hatte soeben ihr Frühstück beendet, und Paris saß vor einem aufgeschlagenen Fotoalbum, während Paul ihr von hinten über die Schulter sah. »Der Tennisschläger auf dem Bild ist ja fast so groß wie du«, bemerkte er gerade heiter.
»Sie war damals gerade mal drei Jahre alt«, schaltete sich Edith ein. »Ich war im gleichen Alter, als ich mit dem Unterricht anfing.«
Als Noah und Sloan eintraten, sahen alle auf, und Carters Lächeln gefror, als er die beiden zusammen sah. »Habt ihr etwa den ganzen Morgen miteinander verbracht?«
»Mein Vater und Courtney haben Sloan am Strand abgefangen und sie gezwungen, mit uns zu frühstücken«, erklärte Noah ruhig.
Carter entspannte sich bei seinen Worten sofort. »Nimm dich vor Douglas in acht, Sloan. Er ist ein ziemlicher Casanova.«
Edith schien sich wie üblich nicht von der allgemeinen Heiterkeit anstecken zu lassen. Ihr Blick war alles andere als freundlich, als sie nun zu Noah sagte: »Du solltest dem Kind einen Maulkorb verpassen, Noah. Courtneys Manieren lassen sehr zu wünschen übrig.«
»Sie ist nur einsam und gelangweilt«, widersprach ihr Sloan sanft. »Sie ist
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