Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
Ladung Dung entgegen, die dieser aber größtenteils mit seiner Forke abfing.
Und plötzlich befanden sie sich mitten in einem Zweikampf.
Es war keine ernste Sache, sondern kaum mehr als
ein Spiel, denn sie hatten ihre Waffen umgedreht, so dass jeweils der Stiel auf den anderen zeigte. Sie grinsten, aber als sie aufeinander einstachen und vorrückten oder zurückwichen, wurde die Sache allmählich ernster.
Selbst mit einer einfachen Mistgabel war Aléas ein mindestens zehnfach besserer Fechter als Nico. Aber Nico improvisierte, wie er es bei seinem rauen Leben auf den Straßen von Bar-Khos gelernt hatte. Er warf Aléas einen nassen Dungfetzen zu, und der junge Mhannier versuchte ihm auszuweichen. Da Nico diese Reaktion vorhergesehen hatte, vermochte er ihr mit einem Schlag zu folgen, der auf den Kopf seines Gegners zielte. Doch in seinem zu großen Eifer und wegen seines zu geringen Geschicks schwang er seine Waffe zu wild und zu hart. Er erwischte Aléas am Mund und schlug ihm die Oberlippe auf. Blut schoss aus dem Riss.
»Tut mir leid!« Nico hielt ihm die freie Hand entgegen.
»Leid?« Aléas wirbelte herum, duckte sich, sprang verwirrend schnell auf Nico zu und traf ihn an der Seite seines Schädels.
Nico taumelte zurück. In seinem Kopf brummte es.
Nun war es Aléas, der die Hand ausstreckte. Er schleuderte seine Forke auf den strohbedeckten Boden und warf sich mit einem Plumps daneben. »Nicht zu hart, wie ich hoffe?«, wollte er wissen und tippte sich zweimal gegen die Schläfe.
Auch Nico brach auf dem Boden zusammen; ihm war der Atem ausgegangen. Stäubchen tanzten im Sonnenlicht zwischen ihnen und legten sich langsam, während
die beiden Lehrjungen allmählich wieder zu Atem kamen.
»Sind sie schon immer so gewesen?«, fragte Nico.
»Wer?«
»Meister Asch und Baracha natürlich.«
Aléas saugte eine Weile an seiner Unterlippe. »Die Älteren würden dem zustimmen. Aber ich glaube, dass es nach Mascheen schlimmer geworden ist. Das ist hauptsächlich die Schuld meines Meisters. Er kann es nicht ertragen, dass er sich jemandem geschlagen geben muss.«
»Asch hat ihn einmal besiegt?« Die Überraschung war deutlich in Nicos Stimme zu hören. Er dachte an den dünnen, alt werdenden Asch mit seinen andauernden Kopfschmerzen, dann dachte er an Baracha, wie er mit seinem Schwert übte – an den massigen und so ungeheuer schnellen Mann.
»Nicht ganz.« Aléas zuckte die Schultern, stützte sich auf die eine Seite und spuckte Blut. »Asch hat die Frechheit besessen, meinen Meister einmal zu retten, als dieser sich nicht mehr aus eigener Kraft retten konnte.«
»Was? Das musst du mir genau erzählen.«
»Mach es dir bequem. Es ist eine lange Geschichte.«
Vor sechs Jahren, kurz bevor Aléas hier eingetroffen war und seine Ausbildung begonnen hatte, war Baracha das zugestoßen, was jeder Rō̄schun, der im Feld arbeitete, am meisten fürchtete. Er war gefangen genommen worden.
Baracha hatte eine Vendetta in Mascheen durchgeführt, genauer gesagt in dem Bergland, das als Groß-Mascheen bekannt war und jene riesige östliche Stadt am Delta des Aralflusses umgab, wo sich die Eisschmelzen von den Gipfeln des Hohen Pasch träge und breit in das Meer von Midèrēs ergossen.
Baracha war dort gewesen, um den »Sonnenkönig« zu töten, einen Mann, der behauptete, die lebende Reinkarnation der Sonnengottheit Ras zu sein, und unglaublicher Weise hatte er viele Anhänger unter der Bergbevölkerung gefunden, die mindestens genauso so abergläubisch war wie alle anderen östlichen Völker.
In dieser Gegend gab es eine Prophezeiung: Wenn der Berg fiel und die Weltenschlange zerschmetterte, die in ihrem Nest im felsigen Herzen des Berges zusammengerollt lag, würde ein Gott in menschlicher Gestalt aus den Ländern der aufgehenden Sonne erscheinen und unter ihnen einhergehen, um ein neues Zeitalter der Erleuchtung zu verkünden. Trotz der Unterdrückung ihrer eigenen Religion durch das Reich von Mhann – das vor einigen Jahrzehnten Mascheen als fernste Provinz seiner östlichen Eroberungen annektiert hatte – herrschte der Glaube an diese Prophezeiung noch immer unter der örtlichen Bevölkerung.
Sie wussten nicht einmal, von welchem Berg die Legende sprach. Für sie bargen alle Berge Übel in ihrem Herzen und mussten mit Vorsicht beschritten werden. Doch als ein Erdbeben so lange anhielt, dass ein bestimmter Berg vollkommen in sich zusammenstürzte und nur noch eine einzige Säule aus einem
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