Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
bevor er sich ganz aus der Sicherheit des Schlafes hinaus begab. Als er Asch erkannte, zuckte es in seinem Gesicht. Er richtete sich auf.
»Ich hätte es wissen müssen«, sagte er mit altersrauer Stimme. »Nur ein Rō̄schun wagt es, einen schlafenden Sharti zu wecken.«
» Steh auf. Wir haben etwas Geschäftliches zu besprechen. «
»Ach ja? Um welche Geschäfte geht es?«
Eine lederne Geldbörse fiel ihm in den Schoß; das Gewicht reichte aus, um ihn ruckartig wach zu machen. Ein Grinsen legte sich über sein backenbärtiges Gesicht und enthüllte Zähne, die so braun wie Bier waren.
»Interessant«, flötete er und stand flink und mühelos auf. »Bitte folge mir in mein Zimmer.« Er führte Asch in einen angrenzenden Raum und schloss die Tür sorgfältig hinter ihnen.
»Setz dich«, sagte die Frau und geleitete Nico zu einem der Armlehnstühle beim Fenster. »Chee, ja? Etwas Chee?«
Nico lächelte und schüttelte den Kopf. Er dachte an die Ratten, die überall umherhuschten, an den Dreck und Ruß, der hier allgegenwärtig war, und an den Schmutz unter den gelben Fingernägeln der alten Frau.
»Ja?«, beharrte sie, und bevor er erneut ablehnen konnte, war sie bereits in ein anderes Zimmer geschlurft. Durch die plötzlich offen stehende Tür drang eine Dampfwolke, die den feuchten Hauch von Kohl mitbrachte. Er hörte, wie sie etwas aus dem Weg scheuchte; dann klapperten Tassen.
Eine mechanische Uhr tickte irgendwo im Salon, aber Nico entdeckte sie nirgendwo in all dem Durcheinander, das sich vor den Wänden auftürmte. Der Stuhl war unbequem, als ob er auf Kies säße, und so stand er auf und wischte Rattenkot von der Sitzfläche. Dann setzte er sich vorsichtig wieder. Er wollte gerade die Hände auf die Armlehnen legen, besann sich aber eines Besseren und legte sie stattdessen lieber in den Schoß.
Die alte Frau erschien wieder und balancierte ein Tablett mit einer Kanne dampfendem Chee und zwei Tassen aus weißem Porzellan in den Händen. »Lasst mich Euch helfen«, sagte Nico, stand auf, nahm ihr das Tablett ab und trug es zu einem kleinen Beistelltisch.
Sie lächelte und setzte sich vorsichtig auf den Stuhl ihm gegenüber. Auch als sie saß, blieb sie in ihrer gebeugten Haltung und stützte sich mit der Hand auf ihren Stock. Sie beobachtete ihn mit klarem Blick, als er den Chee eingoss.
»Danke«, sagte Nico mit angespanntem Lächeln und lehnte sich mit seiner Tasse zurück, aber er trank nicht. Die alte Frau nickte und betrachtete ihn weiterhin eingehend. Er fragte sich, was sie sah.
»Sag mir«, meinte sie, »träumst du viel?«
Er dachte kurz nach. »In letzter Zeit ein wenig zu viel«, gestand er.
»Weißt du, manche Menschen träumen mehr als andere. Und manche sehen mehr als andere. Ich kann dir sagen, dass du einer von ihnen bist. Du hast Glück. Mein Mann ist auch so einer. «
Nico schaute auf die Tasse in seinen Händen herunter. Der Chee sah sehr angenehm aus, und das Porzellan war sauber. Er schaute wieder auf, lächelte und richtete den Blick zur Seite. Nun endlich sah er die Uhr auf einer Konsole an der gegenüberliegenden Wand neben einem Kleiderständer, an dem ein einzelner Mantel und ein schwarzer Zylinder hingen. Nico war unter dem Blick der alten Frau unbehaglich zumute, und der Geruch des Dampfes, der sich noch immer durch die offene Tür wälzte, verursachte ihm ein Gefühl der Übelkeit.
Nico zwang sich, die Frau anzusehen. Ihre Haut hatte die Farbe von verbranntem Küchenfett. Er sah in ihre trüben Augen und erkannte etwas Verletzliches darin – ein Feingefühl, das von alten Wunden vernarbt war. Er
sah auch Langeweile in der Verkleidung ihrer gegenwärtigen Aufmerksamkeit.
Sie nickte, als wäre er soeben zu ihr zurückgekehrt. »Weißt du, deshalb ist er ein Sharti. Mein Mann ist sehr mächtig und erfahren in den alten Wegen. Viele Menschen kommen zu ihm – die Armen, die Verzweifelten. Viele nehmen seine Dienste in Anspruch.«
»Ihr seid also keine Mhannier?«
»Was? Mhannier? Nein, Junge. Die Mhannier würden uns als Sklaven behandeln, oder noch schlimmer, wenn sie wüssten, was wir sind. Wir beschreiten hier die alten Wege, die ersten Wege. Sie nennen uns Häretiker. Wir und die Armen sind es, die sie am meisten verachten.«
Sie hielt inne, nahm ihre Tasse vom Tisch und führte sie an ihre runzligen Lippen. Sie schlürfte zweimal laut und stellte die Tasse wieder auf den Tisch.
»Du weißt nicht, wovon ich spreche – die alten Wege?«
Nico dachte über diese
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