Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
Genaues sagen?
Er wusste nun besser als je zuvor, dass er sich schon lange von dieser Arbeit hätte verabschieden und in irgendein fernes Gebirge zurückziehen sollen, um dort den Rest seiner Tage in größter Einfachheit zu verbringen. Es hätte ihm zwar kein Glück geschenkt, denn Glück war schließlich immer noch ein Teil des Spiels. Aber vielleicht hätte er Frieden gefunden, wenn er alles andere beiseitegeschoben hätte.
Asch legte die Wange gegen den kühlen Betonboden und schloss die Augen. Er könnte jetzt aufgeben und vor dem fliehen, was er gleich tun musste.
Der Junge hat gut gekämpft .
Asch benutzte sein in der Scheide steckendes Schwert als Stütze und kämpfte sich zitternd auf die Beine. Er schwankte und blinzelte, damit er einen klaren Blick bekam. Dann betrachtete er den Boden der Arena, der von hier aus so fern und beinahe unwirklich aussah.
Schon stieg Rauch aus dem unteren Teil des Scheiterhaufens auf. Akolyten standen um ihn herum und steckten immer wieder brennende Fackeln hinein, wodurch das Feuer stärker angefacht wurde. Der angebundene junge Mann kämpfte gegen seine Fesseln an.
Asch holte die Armbrust hervor, die er Aléas abgenommen hatte. Sorgfältig legte er zwei Pfeile ein. Es war eine Waffe für geringe Entfernungen, aber die Pfeile waren schwer. Von dieser Höhe aus mochte es reichen.
Asch betrachtete Nico noch einmal, legte die Armbrust an und zielte hoch. Er holte sehr tief Luft und richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf die Strömung der Luft durch seine Lunge. Allmählich entspannte sich sein Körper.
Es kam der Augenblick – der für ihn selbst nach den vielen Jahren noch immer seltsam war –, in dem er nicht mehr den Eindruck hatte, dass er atmete, sondern dass er geatmet wurde . Langsam stieß er die Luft aus und spürte, wie sich sein Finger fester um den Abzug schloss.
Der Pfeil schoss schneller hinaus, als der Blick ihm folgen konnte. Asch bewegte sich nicht und sah dem dunklen Pfeil hinterher, der in einem Bogen auf den Sand der Arena zufiel.
Er schlug in den Pfahl knapp über Nicos Kopf ein. Asch blinzelte den Schweiß fort. Nun floss er an seinem Kopf herunter wie Blut aus einer offenen Wunde und nahm die Tränen mit.
Flammen leckten um die Füße des Jungen. Rauch umwogte ihn. Nico hustete und versuchte noch immer, sich zu befreien.
Asch atmete erneut tief ein. Er senkte die Armbrust um den Bruchteil eines Zolls. Atmete aus.
Schoss.
Je mehr Nico nach Luft rang, desto stärker brannte seine Lunge. Er hustete und versuchte die Ketten zu sprengen, die ihn an den Pfahl banden. Der Rauch machte ihn benommen; seine nackten Sohlen zuckten unter der Berührung der Flammen. Einen Moment lang war er wieder in Bar-Khos auf den heißen Schindeln jenes Daches, zusammen mit Lena, die hinter ihm stand und ihn bedrängte. Es hatte den Anschein, als würde sich sein gesamtes Leben um diesen einen Fehler drehen.
Wenn er die Wahl gehabt hätte, dann hätte er alles ganz anders gemacht.
Nun war er dem Tode nahe. Seltsam, dass das Leben am Ende so außerordentlich real erschien. Die Farben besaßen Schattierungen, die er nie zuvor wahrgenommen hatte; sogar der lohfarbene Sand war eine unendliche Variation aus Licht und Schatten und fesselte seinen Blick. Er nahm Gerüche war, die weit über die Kategorien »angenehm« und »unangenehm« hinausgingen. Er hörte einzelne Stimmen in dem großen Gewoge der Menge; einzelne Worte und Betonungen sogar. Warum hatte es nicht immer so sein können – so reich und lebenssprühend? Er hätte tagelang dasitzen und sich einfach daran erfreuen können. Vielleicht, dachte er, ist es auch so, wenn wir geboren werden.
Was für eine Schande, dieses strahlende Leben zu verlieren, um es erst im Augenblick des Todes wiederzufinden! Es erkannte, dass es das war, worüber die Daoisten so viel redeten. Sein Meister hatte gewiss davon gesprochen: von der Art, wie die Welt still wurde, wenn man
selbst still war, so dass man sie endlich so sehen, spüren und begreifen konnte, wie sie wirklich war. Wirklich und endlos sich entfaltend.
Er hörte, wie etwas das Holz über seinem Kopf traf. Nico achtete nicht darauf. Stattdessen schaute er hinunter auf seine Füße und sah, wie die Flammenpfühle an Kraft gewannen. Eine Hitzewelle quoll wie brühendes Wasser um ihn herum auf. Er würde verbrennen. Er würde von diesen Flammen bei lebendigem Leibe gefressen werden.
Nico hatte einmal eine Geschichte über die Zeit gehört, als die Mhannier das Land
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