Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
Nathal überfallen hatten. In der Stadt Maroot hatte ein Mönch vor dem Haus des Hohepriesters gesessen, sich mit Öl übergossen und dann angezündet. Er war ohne das geringste Zucken verbrannt, in Protest über die Verbrechen, die die Mhannier noch immer an seinem Volk verübten.
Nun fragte sich Nico, wie der Mann das geschafft hatte. Wie hatte er eine solche Ruhe finden können?
Die Hitze hüllte ihn ein. Er blinzelte und versuchte etwas zu erkennen. All das war nur zu wirklich. Ein Teil von ihm weigerte sich zu glauben, dass es tatsächlich geschah. Doch das war nicht der Teil von ihm, auf den es jetzt ankam. Nicht auf den Teil, der vor den Flammen zurückzuckte, unter dem Rauch und dem Gestank bratenden Fleisches würgte und in tierischer Panik schrie und sich wand.
Nico rollte mit den Augen und suchte verzweifelt nach etwas, womit er seine Gedanken ablenken konnte. Die Akolyten umstanden ihn mit ihren brennenden
Fackeln; sie hatten die Augen hinter ihren Masken unter dem treibenden Rauch zusammengekniffen.
Die Schmerzen an seinen Füßen wurden schnell zur ungeheuren Qual – zu einer Qual, von der er genau wusste, dass er sie nicht ertragen konnte. Der Rauch verdeckte nun alles.
Nico legte den Kopf zurück und versuchte Luft zu holen. Blauer Himmel, die Wolken zogen nach Osten und wurden vom Sonnenlicht eingerahmt. Zwischen ihnen, in offenen, rauchfreien Flecken, eine plötzliche dunkle Bewegung. Etwas fiel auf ihn zu.
Er starrte es an, war gebannt von dem wirbelnden Flug.
Der plötzliche Aufprall war ein Schock für ihn. Er würgte wieder und spürte den scharfen Geschmack von Blut auf der Zunge. Sein Blick verschwamm, richtete sich auf die Sonne oder auf etwas, das gleichermaßen hell brannte. Dann verblasste auch das zu nichts.
KAPITEL DREISSIG
Rituale des Übergangs
Sein Schnarchen weckte sie früh am Morgen. Licht fiel durch den Spalt zwischen den Vorhängen, die vor dem kleinen Fenster des Schlafzimmers hingen. Die Luft im Raum war schal und roch nach Sex. Reese lag im Zwielicht und sah Loos beim Schlafen zu: die schmalen Furchen auf den Wangen vor dem Hintergrund des Federkissens, der kindlich offen stehende Mund, die blonden Wimpern. Sie überlegte, ob sie ihm die Hand in den Schoß legen und ihn ganz langsam wecken sollte – für ein Liebesspiel, das die Spannung in ihrer Brust und die Angst vertrieb, die durch ihre Adern floss. Doch sie bewegte sich nicht.
Stattdessen betrachtete Reese die Balken der Decke und versuchte einen Sinn in den Träumen zu sehen, die sie von ihrem Sohn gehabt hatte, bis sich der Raum mit den ersten warmen Färbungen des Sonnenlichts füllte. Dann stand sie still auf.
Sie öffnete die Hintertür und ließ die Katzen in die Küche, damit sich die kleine Hütte mit Leben füllte. Sie
tat so, als wäre sie verärgert, als die Tiere um ihre Fußknöchel streiften, während sie sich wusch und auf den Tag vorbereitete. Nun, da sie aufgestanden war, hatte Loos aufgehört zu schnarchen. Sie hob seine verstreute Kleidung auf, die nach Wein, Parfüm und Rauch roch, ging damit in den Hof hinaus und warf sie in den Holzzuber neben dem großen Steintrog voller Regenwasser, in dem Reese sie später waschen wollte.
Vögel sangen ihre klangvollen Melodien durch das dumpfe Gackern der Hühner hindurch. Aus dem Osten breitete sich der Fächer des Tageslichts am Himmel über den Bäumen und dem Schilfgras aus, das noch unbewegt im atemlosen Morgen stand. Reese hatte eine Hand in die Hüfte gestemmt und betrachtete das Bild vor ihr. Sie versuchte an gar nichts zu denken. Sie wollte nur in der sanften Klarheit der Welt atmen, während diese aus der Erinnerung der Nacht auftauchte, und mit dieser Klarheit die namenlosen Sorgen vertreiben, die in Gestalt der Träume zu ihr gekommen waren. Sie fühlte sich angespannt und hätte geweint, wenn sie es sich erlaubt hätte.
Reese begab sich zurück ins Innere der Hütte und beschäftigte sich mit ihren alltäglichen Aufgaben, bis sie zu Nicos Zimmer kam. Sie öffnete die klapprige Tür mit den verblassten Kratzern in Hüfthöhe und hielt auf dem Boden des leeren Raumes Ausschau nach etwas, das sie aufheben, wegstellen oder geraderichten konnte. Schließlich hörte sie damit auf, stemmte wieder die Hand in die Hüfte und fragte sich, was sie hier tat.
Ich bin wie Coles Mutter geworden , dachte sie verärgert. Wie sie, die die ganze Nacht hindurch mit dem Stock gegen die stillen Wände schlägt, weil sie Mäuse vertreiben will, die niemand
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