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Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander

Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander

Titel: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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Vorbild Mhanns. Du kannst es dir nicht leisten, so gesehen zu werden.«
    Sascheen schüttelte die verwelkte Hand ab, die sich auf ihre Schulter gelegt hatte.
    »Er war mein Sohn. Mein einziges Kind.«
    »Er war schwach.«
    Die Worte trafen sie wie eine Ohrfeige.
    »Meine Tochter«, sagte die alte Frau sanft. Ihr Tonfall hätte als Entschuldigung missverstanden werden können, aber so war es nicht. »Komm, setz dich einen Augenblick zu mir. «
    Sascheen schaute sich in dem Raum um. Niemand war zu sehen außer den Akolyten-Wächtern, die neben dem fernen Eingang standen. Sie hatten ihr den Rücken zugekehrt.
    Sascheen setzte sich vor ihre Mutter.
    »Ich habe ihn auch gerngehabt«, sagte die alte Frau.
»Er war mein Enkel, mein eigenes Fleisch und Blut. Aber du trauerst nicht um Kirkus, Sascheen. Er ist schnell gestorben und muss nicht mehr leiden. Du trauerst nur um dich selbst.«
    Sascheen schaute hinunter auf ihre geballten Fäuste. Sie konnte die Finger einfach nicht ausstrecken.
    Die alte Frau warf ihr einen finsteren Blick zu. »Du musst dich an diesen Verlust gewöhnen, mein Kind. Sogar ein wildes Tier trauert um den Tod seiner Jungen. Aber wie jedes Tier musst auch du dich auf die neue Lage einstellen und weitermachen. Du kannst noch ein Kind bekommen. Glaube mir, diese Trauer ist eine vorübergehende Schwäche. Du darfst nicht vergessen, wer du bist.«
    »Mein Sohn war nicht schwach.«
    »Doch, Sascheen, das war er. Wie sonst hätte er sterben können, ohne gekämpft zu haben? Du und ich, wir haben ihn verzogen. All die Jahre haben wir geglaubt, wir bringen ihm Stärke bei, doch in Wirklichkeit hat er dabei nur gelernt, seine Fehler vor uns zu verbergen. Wenn wir von unserer Liebe zu ihm nicht so verblendet gewesen wären, hätten wir das gesehen – und möglicherweise ändern können.« Sie hob die Hand, bevor Sascheen etwas dagegen einwenden konnte. »Wir müssen aus dieser Lektion lernen. Wir alle sind auf unsere Weise zu sehr verhätschelt, meine Tochter. Schließlich sind wir die Herrscher der Welt. Zu unserem eigenen Besten müssen wir das, was geschehen ist, als Warnung ansehen. In jedem Augenblick und bei jedem Atemzug, den wir tun, sind wir von Feinden umgeben, und wir
werden ihnen unterliegen – ihren Messern, ihren Giften – , wenn wir es nicht schaffen, ihnen unsere Stärke zu zeigen. Willst du etwa wie dein Sohn sterben?«
    Schweigen. Sascheens Augen starrten den Boden an.
    »Nein, das glaube ich nicht. Deshalb will ich dir einen Vorschlag machen. Wir werden Cinimon über eine neue Reinigung informieren – für uns und den gesamten Orden. Wir werden unsere Fehler ausmerzen und gleichzeitig den Orden von allen Personen befreien, die es nicht verdient haben, dem Ruf von Mhann zu folgen. Vielleicht wird dir das in gewisser Weise über deinen Verlust hinweghelfen. «
    Sascheen blinzelte; sie konnte kaum etwas sehen. »Vielleicht«, sagte sie leise. Es war eine Erleichterung, ihren Willen dem ihrer Mutter unterzuordnen, wenn auch nur für den Augenblick. »Vielleicht«, hauchte sie erneut, als sie sich auf den kalten Steinboden setzte und weinte.
    Die alte Frau stand auf. Sie trug einen schweren Mantel über ihrer Robe, den sie nun auszog. Mit steifen Gliedern kniete sie sich neben ihre Tochter, als wollte sie ihr Trost spenden. Doch stattdessen legte sie den Mantel über Kopf und Körper ihrer Tochter, so dass sie wie ein zitternder Erdhügel aussah.
    Die alte Frau runzelte die Stirn.

    Die Glocke im mhannischen Tempel am Südende des großen Platzes schlug die vierte Morgenstunde. Wie auf
ein Stichwort marschierte eine Patrouille der Stadtwache auf den Platz. Die Männer trugen Laternen mit Blendschirmen und lange, nietenbeschlagene Knüppel. Ihr Hauptmann suchte die Gegend nach Anzeichen von Unruhe ab, aber zu dieser Stunde war auf dem Strafplatz niemand zu sehen. Alles war still, abgesehen vom fernen Bellen eines Hundes.
    Ein Schatten zog sich tiefer in eine der Seitengassen zurück. Er wartete, bis die Patrouille vorbeimarschiert war. Eine Bewegung folgte: Eine Hand winkte jemanden herbei. Gemeinsam lösten sich die beiden Gestalten aus der Dunkelheit und huschten leise auf den Platz.
    Sie eilten barfuß über die Bodenplatten aus Marmor und verursachten kaum einen Laut. Genau in der Mitte des Platzes blieben sie stehen, schauten auf und betrachteten das Grauen, das dort hing – den verbrannten Leichnam eines jungen Mannes, der an ein Gerüst genagelt war. Ein Holzbrett hing an seinem Hals.

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